Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

endlich einmal nimmt mich doch jenes Leben
in Empfang, dem ich jetzt so scheu aus dem
Wege trete. Wie wird mir seyn, wenn
meine schönen Träume hinter mir liegen?

Er kam in Vansens Haus zurück. Die
Tochter war allein und spielte auf der Zit¬
ter. Er nahte ihr mit großer Verlegenheit;
das Mädchen bemerkte seine Angst und
fragte ihn, ob er krank sei. Franz war im
Begriff, alles zu erzählen, was ihm der
Vater vertraut hatte, als Sara von der
Magd heimlich eine Bothschaft erhielt,
über die sie sehr zu erschrecken schien.
Die Magd entfernte sich wieder und Sara
ging weinend auf Sternbald zu und sagte:
Nein, mein liebster Freund, ich habe mich
nicht mehr in meiner Gewalt, ich muß Euch
mein Leiden klagen, Euch vertraue ich al¬
lein, und Ihr werdet mein Vertrauen nicht
mißbrauchen. O Sternbald, seit acht Wo¬

endlich einmal nimmt mich doch jenes Leben
in Empfang, dem ich jetzt ſo ſcheu aus dem
Wege trete. Wie wird mir ſeyn, wenn
meine ſchönen Träume hinter mir liegen?

Er kam in Vanſens Haus zurück. Die
Tochter war allein und ſpielte auf der Zit¬
ter. Er nahte ihr mit großer Verlegenheit;
das Mädchen bemerkte ſeine Angſt und
fragte ihn, ob er krank ſei. Franz war im
Begriff, alles zu erzählen, was ihm der
Vater vertraut hatte, als Sara von der
Magd heimlich eine Bothſchaft erhielt,
über die ſie ſehr zu erſchrecken ſchien.
Die Magd entfernte ſich wieder und Sara
ging weinend auf Sternbald zu und ſagte:
Nein, mein liebſter Freund, ich habe mich
nicht mehr in meiner Gewalt, ich muß Euch
mein Leiden klagen, Euch vertraue ich al¬
lein, und Ihr werdet mein Vertrauen nicht
mißbrauchen. O Sternbald, ſeit acht Wo¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0370" n="359"/>
endlich einmal nimmt mich doch jenes Leben<lb/>
in Empfang, dem ich jetzt &#x017F;o &#x017F;cheu aus dem<lb/>
Wege trete. Wie wird mir &#x017F;eyn, wenn<lb/>
meine &#x017F;chönen Träume hinter mir liegen?</p><lb/>
            <p>Er kam in Van&#x017F;ens Haus zurück. Die<lb/>
Tochter war allein und &#x017F;pielte auf der Zit¬<lb/>
ter. Er nahte ihr mit großer Verlegenheit;<lb/>
das Mädchen bemerkte &#x017F;eine Ang&#x017F;t und<lb/>
fragte ihn, ob er krank &#x017F;ei. Franz war im<lb/>
Begriff, alles zu erzählen, was ihm der<lb/>
Vater vertraut hatte, als Sara von der<lb/>
Magd heimlich eine Both&#x017F;chaft erhielt,<lb/>
über die &#x017F;ie &#x017F;ehr zu er&#x017F;chrecken &#x017F;chien.<lb/>
Die Magd entfernte &#x017F;ich wieder und Sara<lb/>
ging weinend auf Sternbald zu und &#x017F;agte:<lb/>
Nein, mein lieb&#x017F;ter Freund, ich habe mich<lb/>
nicht mehr in meiner Gewalt, ich muß Euch<lb/>
mein Leiden klagen, Euch vertraue ich al¬<lb/>
lein, und Ihr werdet mein Vertrauen nicht<lb/>
mißbrauchen. O Sternbald, &#x017F;eit acht Wo¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[359/0370] endlich einmal nimmt mich doch jenes Leben in Empfang, dem ich jetzt ſo ſcheu aus dem Wege trete. Wie wird mir ſeyn, wenn meine ſchönen Träume hinter mir liegen? Er kam in Vanſens Haus zurück. Die Tochter war allein und ſpielte auf der Zit¬ ter. Er nahte ihr mit großer Verlegenheit; das Mädchen bemerkte ſeine Angſt und fragte ihn, ob er krank ſei. Franz war im Begriff, alles zu erzählen, was ihm der Vater vertraut hatte, als Sara von der Magd heimlich eine Bothſchaft erhielt, über die ſie ſehr zu erſchrecken ſchien. Die Magd entfernte ſich wieder und Sara ging weinend auf Sternbald zu und ſagte: Nein, mein liebſter Freund, ich habe mich nicht mehr in meiner Gewalt, ich muß Euch mein Leiden klagen, Euch vertraue ich al¬ lein, und Ihr werdet mein Vertrauen nicht mißbrauchen. O Sternbald, ſeit acht Wo¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/370
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/370>, abgerufen am 13.05.2024.