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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802.

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die Stelle des Bluts vertritt, äussert ähnliche Er-
scheinungen, wie der letztere Saft nach seiner Ab-
sonderung vom lebenden thierischen Körper. Jene
absorbirt, gleich dem letztern, den Sauerstoff der
athmosphärischen Luft, und verändert dabey ihre
Farbe. Auf ihrer Oberfläche erzeugt sich eine Mem-
bran, und auf dem Boden des Gefässes, worin sie
aufbewahrt wird, eine Menge flockenartiger Con-
cremente, die unter dem Vergrösserungsglase als
Aggregate von Kügelchen erscheinen. Nach einiger
Zeit zeigt der Geschmack, Geruch, und das Auf-
brausen mit Alcalien, dass sich eine Säure gebildet
hat. Zuletzt tritt eine entgegengesetzte Verände-
rung ein; blaue Pflanzensäfte werden von der Flüs-
sigkeit geröthet; der Geschmack und Geruch wer-
den faulicht; kurz, es bildet sich Ammoniak. Al-
les ist hier also, wie beym Blute.

Verschieden aber ist die Pflanze von dem Thiere
in Ansehung der Behälter dieses Nahrungssaftes.
Wir haben gesehen, dass alle Thiere wenigstens
Einen Canal haben, worin dieser Saft zubereitet,
oder aufbewahrt wird. Bey den Gewächsen hinge-
gen sind es blos häutige Zellen, welche diese Flüs-
sigkeit enthalten. Es giebt hier keine lymphatische,
keine zuführende, keine rückführende Gefässe. Al-
les, was man bey den Pflanzen für Gefässe aus-
giebt, nur die Luftröhren ausgenommen, sind blosse
Fasern. Wir behaupten hier einen Satz, der wich-

tige

die Stelle des Bluts vertritt, äussert ähnliche Er-
scheinungen, wie der letztere Saft nach seiner Ab-
sonderung vom lebenden thierischen Körper. Jene
absorbirt, gleich dem letztern, den Sauerstoff der
athmosphärischen Luft, und verändert dabey ihre
Farbe. Auf ihrer Oberfläche erzeugt sich eine Mem-
bran, und auf dem Boden des Gefäſses, worin sie
aufbewahrt wird, eine Menge flockenartiger Con-
cremente, die unter dem Vergröſserungsglase als
Aggregate von Kügelchen erscheinen. Nach einiger
Zeit zeigt der Geschmack, Geruch, und das Auf-
brausen mit Alcalien, daſs sich eine Säure gebildet
hat. Zuletzt tritt eine entgegengesetzte Verände-
rung ein; blaue Pflanzensäfte werden von der Flüs-
sigkeit geröthet; der Geschmack und Geruch wer-
den faulicht; kurz, es bildet sich Ammoniak. Al-
les ist hier also, wie beym Blute.

Verschieden aber ist die Pflanze von dem Thiere
in Ansehung der Behälter dieses Nahrungssaftes.
Wir haben gesehen, daſs alle Thiere wenigstens
Einen Canal haben, worin dieser Saft zubereitet,
oder aufbewahrt wird. Bey den Gewächsen hinge-
gen sind es blos häutige Zellen, welche diese Flüs-
sigkeit enthalten. Es giebt hier keine lymphatische,
keine zuführende, keine rückführende Gefäſse. Al-
les, was man bey den Pflanzen für Gefäſse aus-
giebt, nur die Luftröhren ausgenommen, sind bloſse
Fasern. Wir behaupten hier einen Satz, der wich-

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[427/0447] die Stelle des Bluts vertritt, äussert ähnliche Er- scheinungen, wie der letztere Saft nach seiner Ab- sonderung vom lebenden thierischen Körper. Jene absorbirt, gleich dem letztern, den Sauerstoff der athmosphärischen Luft, und verändert dabey ihre Farbe. Auf ihrer Oberfläche erzeugt sich eine Mem- bran, und auf dem Boden des Gefäſses, worin sie aufbewahrt wird, eine Menge flockenartiger Con- cremente, die unter dem Vergröſserungsglase als Aggregate von Kügelchen erscheinen. Nach einiger Zeit zeigt der Geschmack, Geruch, und das Auf- brausen mit Alcalien, daſs sich eine Säure gebildet hat. Zuletzt tritt eine entgegengesetzte Verände- rung ein; blaue Pflanzensäfte werden von der Flüs- sigkeit geröthet; der Geschmack und Geruch wer- den faulicht; kurz, es bildet sich Ammoniak. Al- les ist hier also, wie beym Blute. Verschieden aber ist die Pflanze von dem Thiere in Ansehung der Behälter dieses Nahrungssaftes. Wir haben gesehen, daſs alle Thiere wenigstens Einen Canal haben, worin dieser Saft zubereitet, oder aufbewahrt wird. Bey den Gewächsen hinge- gen sind es blos häutige Zellen, welche diese Flüs- sigkeit enthalten. Es giebt hier keine lymphatische, keine zuführende, keine rückführende Gefäſse. Al- les, was man bey den Pflanzen für Gefäſse aus- giebt, nur die Luftröhren ausgenommen, sind bloſse Fasern. Wir behaupten hier einen Satz, der wich- tige

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/447>, abgerufen am 26.04.2024.