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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746.

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gehenden Absatze zweifelhaft seyn, ob ich alles
das zum Ruhme derer Harmonisten angefüh-
ret, oder ob ich sie damit wiederlegen wollen.
Allein es ist keines von beyden mein Vorsatz
gewesen. Jch habe das vorige blos darum
angeführet, damit ich erweisen möchte, daß
einer, der seine Einbildungskraft zu schonen ge-
denckt, so leicht dieser Meinung nicht beytreten
möchte. Ueberdem bin ich so offenhertzig, daß
ich frey gestehe, es sey alles dieses, was ich
ietzo erzählet, meiner Vernunft zu hoch, und
ich begreife es auf keine Weise. Dieses Bekennt-
niß wird mir in der That, bey vielen, wenig
Zutrauen erwecken. Ein Anfänger in der Me-
taphysick wird sich weit über alle dieienigen
erheben können, welche das Gegentheil behau-
pten. Jch kan aber versichern, daß ich an
meinem Theil deshalb gar nicht neidisch
bin. Die vorherbestimmte Harmonie verstehe
ich den Worten nach so ziemlich. Allein,
wenn ich sie in Gesellschaft wieder anbringen
will, und einige Erklärung von dieser und iener
Veränderung des Menschen zu geben geden-
cke; so glauben die Leute allemal eher, daß ich
sie zum Lachen bewegen wolle, als daß dieses
mein Ernst sey. Wenn ich endlich selbst über-
lege, wie man sich nach der Harmonie Bewe-
gungen und Vorstellungen concipiren müsse;
so weiß ich nicht ob es von meiner Einfalt her-
rührt, oder ob es andern Leuten auch so gehe,
daß sie sehr leicht auf den Jdealismum ver-

fallen,
D

gehenden Abſatze zweifelhaft ſeyn, ob ich alles
das zum Ruhme derer Harmoniſten angefuͤh-
ret, oder ob ich ſie damit wiederlegen wollen.
Allein es iſt keines von beyden mein Vorſatz
geweſen. Jch habe das vorige blos darum
angefuͤhret, damit ich erweiſen moͤchte, daß
einer, der ſeine Einbildungskraft zu ſchonen ge-
denckt, ſo leicht dieſer Meinung nicht beytreten
moͤchte. Ueberdem bin ich ſo offenhertzig, daß
ich frey geſtehe, es ſey alles dieſes, was ich
ietzo erzaͤhlet, meiner Vernunft zu hoch, und
ich begreife es auf keine Weiſe. Dieſes Bekennt-
niß wird mir in der That, bey vielen, wenig
Zutrauen erwecken. Ein Anfaͤnger in der Me-
taphyſick wird ſich weit uͤber alle dieienigen
erheben koͤnnen, welche das Gegentheil behau-
pten. Jch kan aber verſichern, daß ich an
meinem Theil deshalb gar nicht neidiſch
bin. Die vorherbeſtimmte Harmonie verſtehe
ich den Worten nach ſo ziemlich. Allein,
wenn ich ſie in Geſellſchaft wieder anbringen
will, und einige Erklaͤrung von dieſer und iener
Veraͤnderung des Menſchen zu geben geden-
cke; ſo glauben die Leute allemal eher, daß ich
ſie zum Lachen bewegen wolle, als daß dieſes
mein Ernſt ſey. Wenn ich endlich ſelbſt uͤber-
lege, wie man ſich nach der Harmonie Bewe-
gungen und Vorſtellungen concipiren muͤſſe;
ſo weiß ich nicht ob es von meiner Einfalt her-
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daß ſie ſehr leicht auf den Jdealismum ver-

fallen,
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[23/0053] gehenden Abſatze zweifelhaft ſeyn, ob ich alles das zum Ruhme derer Harmoniſten angefuͤh- ret, oder ob ich ſie damit wiederlegen wollen. Allein es iſt keines von beyden mein Vorſatz geweſen. Jch habe das vorige blos darum angefuͤhret, damit ich erweiſen moͤchte, daß einer, der ſeine Einbildungskraft zu ſchonen ge- denckt, ſo leicht dieſer Meinung nicht beytreten moͤchte. Ueberdem bin ich ſo offenhertzig, daß ich frey geſtehe, es ſey alles dieſes, was ich ietzo erzaͤhlet, meiner Vernunft zu hoch, und ich begreife es auf keine Weiſe. Dieſes Bekennt- niß wird mir in der That, bey vielen, wenig Zutrauen erwecken. Ein Anfaͤnger in der Me- taphyſick wird ſich weit uͤber alle dieienigen erheben koͤnnen, welche das Gegentheil behau- pten. Jch kan aber verſichern, daß ich an meinem Theil deshalb gar nicht neidiſch bin. Die vorherbeſtimmte Harmonie verſtehe ich den Worten nach ſo ziemlich. Allein, wenn ich ſie in Geſellſchaft wieder anbringen will, und einige Erklaͤrung von dieſer und iener Veraͤnderung des Menſchen zu geben geden- cke; ſo glauben die Leute allemal eher, daß ich ſie zum Lachen bewegen wolle, als daß dieſes mein Ernſt ſey. Wenn ich endlich ſelbſt uͤber- lege, wie man ſich nach der Harmonie Bewe- gungen und Vorſtellungen concipiren muͤſſe; ſo weiß ich nicht ob es von meiner Einfalt her- ruͤhrt, oder ob es andern Leuten auch ſo gehe, daß ſie ſehr leicht auf den Jdealismum ver- fallen, D

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/53>, abgerufen am 30.04.2024.