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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746.

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ob B, A würcke, ob ein C so wol A als B
würcke, oder ob A oder B, B und C oder
A und C würcke. Der eine Weg ist so ge-
wiß, als der andre. Und man mag verwer-
fen, welchen man will, so muß man zugeben,
daß man in der Welt gar nichts gewiß wisse.
Wer läugnet, daß man aus der innern Be-
schaffenheit der Dinge schliessen könne, ob sie
dieses oder ienes würcken, oder nicht würcken
können; der muß nothwendig daran zweifeln,
daß die Sonne die Ursache des Lichtes sey §.
21. Wer aber nicht zugeben will, daß man
durch die gegebenen Regeln §. 22, im Fall ei-
nem das Wesen der Dinge unbekandt ist, die
Ursachen und Würckungen beurtheilen könne,
der muß zugestehen, daß es ihm unbekandt,
oder wol gar, daß ihm wahrscheinlich sey, es
würcke der Tag oder die Nacht an dem Orte
seines Aufenthalts, den Tag oder die Nacht
des in dem nächsten Dorfe. §. cit. Beyde Gegner
sind von solcher Beschaffenheit, daß man es dem
für eine grosse Schwachheit rechnen müste,
der sich mit ihnen deshalb in einen Streit ein-
lassen wolte. Wenn das eine Kunst ist, an
allen Sachen zu zweifeln, und wenn ein Ge-
lehrter diese Eigenschaft führen soll, so getraue
ich mir zu behaupten, daß es auf dem Lande
noch mehr Gelehrte gebe, als auf Academien.
Jch habe demnach das Vertrauen, man wer-
de mir die ietzt vorgetragenen Sätze einräumen,
weil ich mich dabey so sehr eingeschränckt habe,

als
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ob B, A wuͤrcke, ob ein C ſo wol A als B
wuͤrcke, oder ob A oder B, B und C oder
A und C wuͤrcke. Der eine Weg iſt ſo ge-
wiß, als der andre. Und man mag verwer-
fen, welchen man will, ſo muß man zugeben,
daß man in der Welt gar nichts gewiß wiſſe.
Wer laͤugnet, daß man aus der innern Be-
ſchaffenheit der Dinge ſchlieſſen koͤnne, ob ſie
dieſes oder ienes wuͤrcken, oder nicht wuͤrcken
koͤnnen; der muß nothwendig daran zweifeln,
daß die Sonne die Urſache des Lichtes ſey §.
21. Wer aber nicht zugeben will, daß man
durch die gegebenen Regeln §. 22, im Fall ei-
nem das Weſen der Dinge unbekandt iſt, die
Urſachen und Wuͤrckungen beurtheilen koͤnne,
der muß zugeſtehen, daß es ihm unbekandt,
oder wol gar, daß ihm wahrſcheinlich ſey, es
wuͤrcke der Tag oder die Nacht an dem Orte
ſeines Aufenthalts, den Tag oder die Nacht
des in dem naͤchſten Dorfe. §. cit. Beyde Gegner
ſind von ſolcher Beſchaffenheit, daß man es dem
fuͤr eine groſſe Schwachheit rechnen muͤſte,
der ſich mit ihnen deshalb in einen Streit ein-
laſſen wolte. Wenn das eine Kunſt iſt, an
allen Sachen zu zweifeln, und wenn ein Ge-
lehrter dieſe Eigenſchaft fuͤhren ſoll, ſo getraue
ich mir zu behaupten, daß es auf dem Lande
noch mehr Gelehrte gebe, als auf Academien.
Jch habe demnach das Vertrauen, man wer-
de mir die ietzt vorgetragenen Saͤtze einraͤumen,
weil ich mich dabey ſo ſehr eingeſchraͤnckt habe,

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[59/0089] ob B, A wuͤrcke, ob ein C ſo wol A als B wuͤrcke, oder ob A oder B, B und C oder A und C wuͤrcke. Der eine Weg iſt ſo ge- wiß, als der andre. Und man mag verwer- fen, welchen man will, ſo muß man zugeben, daß man in der Welt gar nichts gewiß wiſſe. Wer laͤugnet, daß man aus der innern Be- ſchaffenheit der Dinge ſchlieſſen koͤnne, ob ſie dieſes oder ienes wuͤrcken, oder nicht wuͤrcken koͤnnen; der muß nothwendig daran zweifeln, daß die Sonne die Urſache des Lichtes ſey §. 21. Wer aber nicht zugeben will, daß man durch die gegebenen Regeln §. 22, im Fall ei- nem das Weſen der Dinge unbekandt iſt, die Urſachen und Wuͤrckungen beurtheilen koͤnne, der muß zugeſtehen, daß es ihm unbekandt, oder wol gar, daß ihm wahrſcheinlich ſey, es wuͤrcke der Tag oder die Nacht an dem Orte ſeines Aufenthalts, den Tag oder die Nacht des in dem naͤchſten Dorfe. §. cit. Beyde Gegner ſind von ſolcher Beſchaffenheit, daß man es dem fuͤr eine groſſe Schwachheit rechnen muͤſte, der ſich mit ihnen deshalb in einen Streit ein- laſſen wolte. Wenn das eine Kunſt iſt, an allen Sachen zu zweifeln, und wenn ein Ge- lehrter dieſe Eigenſchaft fuͤhren ſoll, ſo getraue ich mir zu behaupten, daß es auf dem Lande noch mehr Gelehrte gebe, als auf Academien. Jch habe demnach das Vertrauen, man wer- de mir die ietzt vorgetragenen Saͤtze einraͤumen, weil ich mich dabey ſo ſehr eingeſchraͤnckt habe, als F 3

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/89>, abgerufen am 28.04.2024.