Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Ein Gedicht.
Mehr Sylphen dienten ihm, als zwanzig Hexenmeistern,
Als einem Gabalis; es spückte recht von Geistern.
Jch lacht und eilte fort; und kaum verfloß ein Jahr,
Als alles nett gedruckt und schnell verkaufet war.
Zu lange säum ich mich, da Lorbeern meiner warten:
O Göttinn, lebe wohl! ich eile nach dem Garten.

So sprach er und verließ der Wollust weichen Schoos;
Mit Mühe riß er sich von ihren Küssen los:
Wie Hektor in den Streit aus Priams Mauern eilte;
Und wann Andromacha in seinem Arm verweilte,
Sich ohne Wehmuth nicht, doch als ein Held, entzog,
Und von geliebter Brust dem Sieg entgegen flog.
Der volle Köcher schwirrt um Amors nackte Lenden;
Sein güldner Bogen droht in sieggewohnten Händen.
Nun schwingt er sich empor: auf sein gebiethend Wort
Rauscht sein Gefolg mit ihm aus Cyperns Büschen fort.
Jndessen rings um ihn gelinde Weste spielen,
Und die erhitzte Luft mit ihren Flügeln kühlen;
Entbrennt, wo Amor fliegt, in ungewohnter Glut,
Das Herz der Sterblichen und alt und junges Blut.
Die Seufzer steigen auf, mit Klagen über Wunden
Und Schwüren steter Treu, die in der Luft verschwunden.
Des Gottes Ungeduld und blitzgeschwinden Lauf
Hemmt kein gemeiner Sieg: er sucht Selinden auf.


Zwey-

Ein Gedicht.
Mehr Sylphen dienten ihm, als zwanzig Hexenmeiſtern,
Als einem Gabalis; es ſpuͤckte recht von Geiſtern.
Jch lacht und eilte fort; und kaum verfloß ein Jahr,
Als alles nett gedruckt und ſchnell verkaufet war.
Zu lange ſaͤum ich mich, da Lorbeern meiner warten:
O Goͤttinn, lebe wohl! ich eile nach dem Garten.

So ſprach er und verließ der Wolluſt weichen Schoos;
Mit Muͤhe riß er ſich von ihren Kuͤſſen los:
Wie Hektor in den Streit aus Priams Mauern eilte;
Und wann Andromacha in ſeinem Arm verweilte,
Sich ohne Wehmuth nicht, doch als ein Held, entzog,
Und von geliebter Bruſt dem Sieg entgegen flog.
Der volle Koͤcher ſchwirrt um Amors nackte Lenden;
Sein guͤldner Bogen droht in ſieggewohnten Haͤnden.
Nun ſchwingt er ſich empor: auf ſein gebiethend Wort
Rauſcht ſein Gefolg mit ihm aus Cyperns Buͤſchen fort.
Jndeſſen rings um ihn gelinde Weſte ſpielen,
Und die erhitzte Luft mit ihren Fluͤgeln kuͤhlen;
Entbrennt, wo Amor fliegt, in ungewohnter Glut,
Das Herz der Sterblichen und alt und junges Blut.
Die Seufzer ſteigen auf, mit Klagen uͤber Wunden
Und Schwuͤren ſteter Treu, die in der Luft verſchwunden.
Des Gottes Ungeduld und blitzgeſchwinden Lauf
Hemmt kein gemeiner Sieg: er ſucht Selinden auf.


Zwey-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="4">
            <pb facs="#f0187" n="173"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Ein Gedicht.</hi> </fw><lb/>
            <l>Mehr Sylphen dienten ihm, als zwanzig Hexenmei&#x017F;tern,</l><lb/>
            <l>Als einem Gabalis; es &#x017F;pu&#x0364;ckte recht von Gei&#x017F;tern.</l><lb/>
            <l>Jch lacht und eilte fort; und kaum verfloß ein Jahr,</l><lb/>
            <l>Als alles nett gedruckt und &#x017F;chnell verkaufet war.</l><lb/>
            <l>Zu lange &#x017F;a&#x0364;um ich mich, da Lorbeern meiner warten:</l><lb/>
            <l>O Go&#x0364;ttinn, lebe wohl! ich eile nach dem Garten.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l>So &#x017F;prach er und verließ der Wollu&#x017F;t weichen Schoos;</l><lb/>
            <l>Mit Mu&#x0364;he riß er &#x017F;ich von ihren Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en los:</l><lb/>
            <l>Wie Hektor in den Streit aus Priams Mauern eilte;</l><lb/>
            <l>Und wann Andromacha in &#x017F;einem Arm verweilte,</l><lb/>
            <l>Sich ohne Wehmuth nicht, doch als ein Held, entzog,</l><lb/>
            <l>Und von geliebter Bru&#x017F;t dem Sieg entgegen flog.</l><lb/>
            <l>Der volle Ko&#x0364;cher &#x017F;chwirrt um Amors nackte Lenden;</l><lb/>
            <l>Sein gu&#x0364;ldner Bogen droht in &#x017F;ieggewohnten Ha&#x0364;nden.</l><lb/>
            <l>Nun &#x017F;chwingt er &#x017F;ich empor: auf &#x017F;ein gebiethend Wort</l><lb/>
            <l>Rau&#x017F;cht &#x017F;ein Gefolg mit ihm aus Cyperns Bu&#x0364;&#x017F;chen fort.</l><lb/>
            <l>Jnde&#x017F;&#x017F;en rings um ihn gelinde We&#x017F;te &#x017F;pielen,</l><lb/>
            <l>Und die erhitzte Luft mit ihren Flu&#x0364;geln ku&#x0364;hlen;</l><lb/>
            <l>Entbrennt, wo Amor fliegt, in ungewohnter Glut,</l><lb/>
            <l>Das Herz der Sterblichen und alt und junges Blut.</l><lb/>
            <l>Die Seufzer &#x017F;teigen auf, mit Klagen u&#x0364;ber Wunden</l><lb/>
            <l>Und Schwu&#x0364;ren &#x017F;teter Treu, die in der Luft ver&#x017F;chwunden.</l><lb/>
            <l>Des Gottes Ungeduld und blitzge&#x017F;chwinden Lauf</l><lb/>
            <l>Hemmt kein gemeiner Sieg: er &#x017F;ucht Selinden auf.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Zwey-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0187] Ein Gedicht. Mehr Sylphen dienten ihm, als zwanzig Hexenmeiſtern, Als einem Gabalis; es ſpuͤckte recht von Geiſtern. Jch lacht und eilte fort; und kaum verfloß ein Jahr, Als alles nett gedruckt und ſchnell verkaufet war. Zu lange ſaͤum ich mich, da Lorbeern meiner warten: O Goͤttinn, lebe wohl! ich eile nach dem Garten. So ſprach er und verließ der Wolluſt weichen Schoos; Mit Muͤhe riß er ſich von ihren Kuͤſſen los: Wie Hektor in den Streit aus Priams Mauern eilte; Und wann Andromacha in ſeinem Arm verweilte, Sich ohne Wehmuth nicht, doch als ein Held, entzog, Und von geliebter Bruſt dem Sieg entgegen flog. Der volle Koͤcher ſchwirrt um Amors nackte Lenden; Sein guͤldner Bogen droht in ſieggewohnten Haͤnden. Nun ſchwingt er ſich empor: auf ſein gebiethend Wort Rauſcht ſein Gefolg mit ihm aus Cyperns Buͤſchen fort. Jndeſſen rings um ihn gelinde Weſte ſpielen, Und die erhitzte Luft mit ihren Fluͤgeln kuͤhlen; Entbrennt, wo Amor fliegt, in ungewohnter Glut, Das Herz der Sterblichen und alt und junges Blut. Die Seufzer ſteigen auf, mit Klagen uͤber Wunden Und Schwuͤren ſteter Treu, die in der Luft verſchwunden. Des Gottes Ungeduld und blitzgeſchwinden Lauf Hemmt kein gemeiner Sieg: er ſucht Selinden auf. Zwey-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/187
Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/187>, abgerufen am 15.05.2024.