Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweytes Buch.


Die Wollust.
Hier im Gesträuch, an Florens weichem Busen,
Die Balsam haucht, geruhig hingestreckt,
Erwart ich sie, die göttlichste der Musen,
Die sich im Busch vor meinem Wunsch versteckt.
Sie kommt, sie kommt! ich höre schon vom weiten,
Jn stiller Luft, die Stimme güldner Saiten.
Jhr Sterblichen, die ihr dem Schicksal fluchet,
Wenn euern Arm gewünschte Ruhe flieht;
Die ihr umsonst sie unter Dornen suchet!
O höret mich! o hört mein lehrend Lied!
Was quält ihr euch? die holde Wollust winket,
Und beut euch an, was euch so schätzbar dünket:
Die Wollust nicht, die auch der Pöbel kennet;
Die viehisch ras't, nicht sich vernünftig freut;
Von Lieb und Wein, umkränzt mit Epheu, brennet,
Und Lieb und Wein durch Uebermaaß entweiht!
Nein! die zugleich Natur und Weisheit preisen;
Der Weisheit Kind, die Königinn der Weisen!
Jch
E 2
Zweytes Buch.


Die Wolluſt.
Hier im Geſtraͤuch, an Florens weichem Buſen,
Die Balſam haucht, geruhig hingeſtreckt,
Erwart ich ſie, die goͤttlichſte der Muſen,
Die ſich im Buſch vor meinem Wunſch verſteckt.
Sie kommt, ſie kommt! ich hoͤre ſchon vom weiten,
Jn ſtiller Luft, die Stimme guͤldner Saiten.
Jhr Sterblichen, die ihr dem Schickſal fluchet,
Wenn euern Arm gewuͤnſchte Ruhe flieht;
Die ihr umſonſt ſie unter Dornen ſuchet!
O hoͤret mich! o hoͤrt mein lehrend Lied!
Was quaͤlt ihr euch? die holde Wolluſt winket,
Und beut euch an, was euch ſo ſchaͤtzbar duͤnket:
Die Wolluſt nicht, die auch der Poͤbel kennet;
Die viehiſch raſ’t, nicht ſich vernuͤnftig freut;
Von Lieb und Wein, umkraͤnzt mit Epheu, brennet,
Und Lieb und Wein durch Uebermaaß entweiht!
Nein! die zugleich Natur und Weisheit preiſen;
Der Weisheit Kind, die Koͤniginn der Weiſen!
Jch
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0081" n="67"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi> </fw><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Die Wollu&#x017F;t.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">H</hi>ier im Ge&#x017F;tra&#x0364;uch, an Florens weichem Bu&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Die Bal&#x017F;am haucht, geruhig hinge&#x017F;treckt,</l><lb/>
              <l>Erwart ich &#x017F;ie, die go&#x0364;ttlich&#x017F;te der Mu&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;ich im Bu&#x017F;ch vor meinem Wun&#x017F;ch ver&#x017F;teckt.</l><lb/>
              <l>Sie kommt, &#x017F;ie kommt! ich ho&#x0364;re &#x017F;chon vom weiten,</l><lb/>
              <l>Jn &#x017F;tiller Luft, die Stimme gu&#x0364;ldner Saiten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l><hi rendition="#in">J</hi>hr Sterblichen, die ihr dem Schick&#x017F;al fluchet,</l><lb/>
              <l>Wenn euern Arm gewu&#x0364;n&#x017F;chte Ruhe flieht;</l><lb/>
              <l>Die ihr um&#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ie unter Dornen &#x017F;uchet!</l><lb/>
              <l>O ho&#x0364;ret mich! o ho&#x0364;rt mein lehrend Lied!</l><lb/>
              <l>Was qua&#x0364;lt ihr euch? die holde Wollu&#x017F;t winket,</l><lb/>
              <l>Und beut euch an, was euch &#x017F;o &#x017F;cha&#x0364;tzbar du&#x0364;nket:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Wollu&#x017F;t nicht, die auch der Po&#x0364;bel kennet;</l><lb/>
              <l>Die viehi&#x017F;ch ra&#x017F;&#x2019;t, nicht &#x017F;ich vernu&#x0364;nftig freut;</l><lb/>
              <l>Von Lieb und Wein, umkra&#x0364;nzt mit Epheu, brennet,</l><lb/>
              <l>Und Lieb und Wein durch Uebermaaß entweiht!</l><lb/>
              <l>Nein! die zugleich Natur und Weisheit prei&#x017F;en;</l><lb/>
              <l>Der Weisheit Kind, die Ko&#x0364;niginn der Wei&#x017F;en!</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">E 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0081] Zweytes Buch. Die Wolluſt. Hier im Geſtraͤuch, an Florens weichem Buſen, Die Balſam haucht, geruhig hingeſtreckt, Erwart ich ſie, die goͤttlichſte der Muſen, Die ſich im Buſch vor meinem Wunſch verſteckt. Sie kommt, ſie kommt! ich hoͤre ſchon vom weiten, Jn ſtiller Luft, die Stimme guͤldner Saiten. Jhr Sterblichen, die ihr dem Schickſal fluchet, Wenn euern Arm gewuͤnſchte Ruhe flieht; Die ihr umſonſt ſie unter Dornen ſuchet! O hoͤret mich! o hoͤrt mein lehrend Lied! Was quaͤlt ihr euch? die holde Wolluſt winket, Und beut euch an, was euch ſo ſchaͤtzbar duͤnket: Die Wolluſt nicht, die auch der Poͤbel kennet; Die viehiſch raſ’t, nicht ſich vernuͤnftig freut; Von Lieb und Wein, umkraͤnzt mit Epheu, brennet, Und Lieb und Wein durch Uebermaaß entweiht! Nein! die zugleich Natur und Weisheit preiſen; Der Weisheit Kind, die Koͤniginn der Weiſen! Jch E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/81
Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/81>, abgerufen am 15.05.2024.