Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

mit ausführlicheren schriftlichen Angaben, eine Börse
mit Geld, und beschwor ihn, das eine noch vorhandene
Pferd zu besteigen, und allein fortzureiten, auf der
großen Straße bis Hoff, dort eine halbe Stunde auf
die Andern zu warten, sie würden Mittel suchen, ihm
zu folgen; kämen sie aber in dieser kurzen Frist nicht
nach, so möchte er für sich allein weiter nach Schlesien
zu kommen suchen; Orte, wo er sichre Zuflucht fände,
waren ihm namhaft gemacht. Nach einigem Wider¬
streben, dem aber seine großmüthigen Retter nachdrück¬
lich ein Ende machten, ritt er spornstreichs davon, und
war ihnen bald aus dem Gesicht.

Inzwischen hatte nur dreihundert Schritt von dem
Tummelplatz ein Bauer das entlaufene Pferd aufgefan¬
gen; Bollmann und Huger eilten dorthin; der Bauer
gab das Pferd für ein Trinkgeld willig zurück. Jetzt
schien ihre eigne Rettung nicht zweifelhaft; allein das
ungebärdige Thier wollte durchaus keinen zweiten Reiter
aufsitzen lassen; das hiezu abgerichtete Pferd hatte La¬
fayette bekommen. Da kein Zwang und keine Kunst
half, und die größte Eile drängte, so rief Huger: das
Unheil mit den Pferden verschulde er, er sei auch weiter
nicht für die Sache nöthig, Bollmann ihr aber noch
fernerhin unentbehrlich, derselbe solle für sich und La¬
fayette sorgen, er selbst werde schon zu Fuß durchkom¬
men. Und ohne weiter Antwort abzuwarten, entfernte
er sich raschen Laufes dem Walde zu.

mit ausfuͤhrlicheren ſchriftlichen Angaben, eine Boͤrſe
mit Geld, und beſchwor ihn, das eine noch vorhandene
Pferd zu beſteigen, und allein fortzureiten, auf der
großen Straße bis Hoff, dort eine halbe Stunde auf
die Andern zu warten, ſie wuͤrden Mittel ſuchen, ihm
zu folgen; kaͤmen ſie aber in dieſer kurzen Friſt nicht
nach, ſo moͤchte er fuͤr ſich allein weiter nach Schleſien
zu kommen ſuchen; Orte, wo er ſichre Zuflucht faͤnde,
waren ihm namhaft gemacht. Nach einigem Wider¬
ſtreben, dem aber ſeine großmuͤthigen Retter nachdruͤck¬
lich ein Ende machten, ritt er ſpornſtreichs davon, und
war ihnen bald aus dem Geſicht.

Inzwiſchen hatte nur dreihundert Schritt von dem
Tummelplatz ein Bauer das entlaufene Pferd aufgefan¬
gen; Bollmann und Huger eilten dorthin; der Bauer
gab das Pferd fuͤr ein Trinkgeld willig zuruͤck. Jetzt
ſchien ihre eigne Rettung nicht zweifelhaft; allein das
ungebaͤrdige Thier wollte durchaus keinen zweiten Reiter
aufſitzen laſſen; das hiezu abgerichtete Pferd hatte La¬
fayette bekommen. Da kein Zwang und keine Kunſt
half, und die groͤßte Eile draͤngte, ſo rief Huger: das
Unheil mit den Pferden verſchulde er, er ſei auch weiter
nicht fuͤr die Sache noͤthig, Bollmann ihr aber noch
fernerhin unentbehrlich, derſelbe ſolle fuͤr ſich und La¬
fayette ſorgen, er ſelbſt werde ſchon zu Fuß durchkom¬
men. Und ohne weiter Antwort abzuwarten, entfernte
er ſich raſchen Laufes dem Walde zu.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0101" n="87"/>
mit ausfu&#x0364;hrlicheren &#x017F;chriftlichen Angaben, eine Bo&#x0364;r&#x017F;e<lb/>
mit Geld, und be&#x017F;chwor ihn, das eine noch vorhandene<lb/>
Pferd zu be&#x017F;teigen, und allein fortzureiten, auf der<lb/>
großen Straße bis Hoff, dort eine halbe Stunde auf<lb/>
die Andern zu warten, &#x017F;ie wu&#x0364;rden Mittel &#x017F;uchen, ihm<lb/>
zu folgen; ka&#x0364;men &#x017F;ie aber in die&#x017F;er kurzen Fri&#x017F;t nicht<lb/>
nach, &#x017F;o mo&#x0364;chte er fu&#x0364;r &#x017F;ich allein weiter nach Schle&#x017F;ien<lb/>
zu kommen &#x017F;uchen; Orte, wo er &#x017F;ichre Zuflucht fa&#x0364;nde,<lb/>
waren ihm namhaft gemacht. Nach einigem Wider¬<lb/>
&#x017F;treben, dem aber &#x017F;eine großmu&#x0364;thigen Retter nachdru&#x0364;ck¬<lb/>
lich ein Ende machten, ritt er &#x017F;porn&#x017F;treichs davon, und<lb/>
war ihnen bald aus dem Ge&#x017F;icht.</p><lb/>
            <p>Inzwi&#x017F;chen hatte nur dreihundert Schritt von dem<lb/>
Tummelplatz ein Bauer das entlaufene Pferd aufgefan¬<lb/>
gen; Bollmann und Huger eilten dorthin; der Bauer<lb/>
gab das Pferd fu&#x0364;r ein Trinkgeld willig zuru&#x0364;ck. Jetzt<lb/>
&#x017F;chien ihre eigne Rettung nicht zweifelhaft; allein das<lb/>
ungeba&#x0364;rdige Thier wollte durchaus keinen zweiten Reiter<lb/>
auf&#x017F;itzen la&#x017F;&#x017F;en; das hiezu abgerichtete Pferd hatte La¬<lb/>
fayette bekommen. Da kein Zwang und keine Kun&#x017F;t<lb/>
half, und die gro&#x0364;ßte Eile dra&#x0364;ngte, &#x017F;o rief Huger: das<lb/>
Unheil mit den Pferden ver&#x017F;chulde er, er &#x017F;ei auch weiter<lb/>
nicht fu&#x0364;r die Sache no&#x0364;thig, Bollmann ihr aber noch<lb/>
fernerhin unentbehrlich, der&#x017F;elbe &#x017F;olle fu&#x0364;r &#x017F;ich und La¬<lb/>
fayette &#x017F;orgen, er &#x017F;elb&#x017F;t werde &#x017F;chon zu Fuß durchkom¬<lb/>
men. Und ohne weiter Antwort abzuwarten, entfernte<lb/>
er &#x017F;ich ra&#x017F;chen Laufes dem Walde zu.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0101] mit ausfuͤhrlicheren ſchriftlichen Angaben, eine Boͤrſe mit Geld, und beſchwor ihn, das eine noch vorhandene Pferd zu beſteigen, und allein fortzureiten, auf der großen Straße bis Hoff, dort eine halbe Stunde auf die Andern zu warten, ſie wuͤrden Mittel ſuchen, ihm zu folgen; kaͤmen ſie aber in dieſer kurzen Friſt nicht nach, ſo moͤchte er fuͤr ſich allein weiter nach Schleſien zu kommen ſuchen; Orte, wo er ſichre Zuflucht faͤnde, waren ihm namhaft gemacht. Nach einigem Wider¬ ſtreben, dem aber ſeine großmuͤthigen Retter nachdruͤck¬ lich ein Ende machten, ritt er ſpornſtreichs davon, und war ihnen bald aus dem Geſicht. Inzwiſchen hatte nur dreihundert Schritt von dem Tummelplatz ein Bauer das entlaufene Pferd aufgefan¬ gen; Bollmann und Huger eilten dorthin; der Bauer gab das Pferd fuͤr ein Trinkgeld willig zuruͤck. Jetzt ſchien ihre eigne Rettung nicht zweifelhaft; allein das ungebaͤrdige Thier wollte durchaus keinen zweiten Reiter aufſitzen laſſen; das hiezu abgerichtete Pferd hatte La¬ fayette bekommen. Da kein Zwang und keine Kunſt half, und die groͤßte Eile draͤngte, ſo rief Huger: das Unheil mit den Pferden verſchulde er, er ſei auch weiter nicht fuͤr die Sache noͤthig, Bollmann ihr aber noch fernerhin unentbehrlich, derſelbe ſolle fuͤr ſich und La¬ fayette ſorgen, er ſelbſt werde ſchon zu Fuß durchkom¬ men. Und ohne weiter Antwort abzuwarten, entfernte er ſich raſchen Laufes dem Walde zu.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/101
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/101>, abgerufen am 28.04.2024.