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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

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den besten Theil des Sommers in schöner Muße zu
verbringen dachten.

Die Schilderung des dortigen Aufenthalts wird sich
künftig einschalten lassen. Hier sei nur in Kürze ge¬
sagt, daß der Fürst von Ligne und die Fürstlich Clary'sche
Familie, der Herzog von Sachsen-Weimar, die Gräfin
von Waldburg-Truchseß, gewesene Oberhofmeisterin am
westphälischen Hofe zu Kassel, der Fürst von Windisch¬
grätz und der Graf von Trogoff, Graf und Gräfin von
der Golz aus Berlin, Frau von Crayen, die Gräfin
von Schlabrendorf, Frau von Grotthuß und viele Andre,
deren Namen sich diesen anschließen, eine ziemlich bunte
Gesellschaft bildeten, in welcher es lebhaft genug her¬
ging. Clemens Brentano besuchte mich; Fichte und
Friedrich August Wolf kamen; die Gräfin von der Recke
brachte Tiedge'n mit; Beethoven konnte trotz seiner
Wildheit uns nicht entgehen; nur Goethe blieb leider
aus, auf den wir gehofft, und Gentz und Marwitz,
die zu kommen versprochen hatten. Die politischen Be¬
züge wurden in der scheinbaren Zerstreuung nicht ver¬
gessen, sondern im Gegentheil vielfach angeknüpft und
fortgeleitet. In mir befestigte sich der Entschluß, den
Kriegsdienst, der schon überall die Gefahr brachte, mit
den Franzosen als Verbündeter ziehen zu müssen, bei
erster Gelegenheit zu verlassen, und mir wo möglich
eine andre Laufbahn in Preußen zu eröffnen.

den beſten Theil des Sommers in ſchoͤner Muße zu
verbringen dachten.

Die Schilderung des dortigen Aufenthalts wird ſich
kuͤnftig einſchalten laſſen. Hier ſei nur in Kuͤrze ge¬
ſagt, daß der Fuͤrſt von Ligne und die Fuͤrſtlich Clary'ſche
Familie, der Herzog von Sachſen-Weimar, die Graͤfin
von Waldburg-Truchſeß, geweſene Oberhofmeiſterin am
weſtphaͤliſchen Hofe zu Kaſſel, der Fuͤrſt von Windiſch¬
graͤtz und der Graf von Trogoff, Graf und Graͤfin von
der Golz aus Berlin, Frau von Crayen, die Graͤfin
von Schlabrendorf, Frau von Grotthuß und viele Andre,
deren Namen ſich dieſen anſchließen, eine ziemlich bunte
Geſellſchaft bildeten, in welcher es lebhaft genug her¬
ging. Clemens Brentano beſuchte mich; Fichte und
Friedrich Auguſt Wolf kamen; die Graͤfin von der Recke
brachte Tiedge'n mit; Beethoven konnte trotz ſeiner
Wildheit uns nicht entgehen; nur Goethe blieb leider
aus, auf den wir gehofft, und Gentz und Marwitz,
die zu kommen verſprochen hatten. Die politiſchen Be¬
zuͤge wurden in der ſcheinbaren Zerſtreuung nicht ver¬
geſſen, ſondern im Gegentheil vielfach angeknuͤpft und
fortgeleitet. In mir befeſtigte ſich der Entſchluß, den
Kriegsdienſt, der ſchon uͤberall die Gefahr brachte, mit
den Franzoſen als Verbuͤndeter ziehen zu muͤſſen, bei
erſter Gelegenheit zu verlaſſen, und mir wo moͤglich
eine andre Laufbahn in Preußen zu eroͤffnen.

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[192/0204] den beſten Theil des Sommers in ſchoͤner Muße zu verbringen dachten. Die Schilderung des dortigen Aufenthalts wird ſich kuͤnftig einſchalten laſſen. Hier ſei nur in Kuͤrze ge¬ ſagt, daß der Fuͤrſt von Ligne und die Fuͤrſtlich Clary'ſche Familie, der Herzog von Sachſen-Weimar, die Graͤfin von Waldburg-Truchſeß, geweſene Oberhofmeiſterin am weſtphaͤliſchen Hofe zu Kaſſel, der Fuͤrſt von Windiſch¬ graͤtz und der Graf von Trogoff, Graf und Graͤfin von der Golz aus Berlin, Frau von Crayen, die Graͤfin von Schlabrendorf, Frau von Grotthuß und viele Andre, deren Namen ſich dieſen anſchließen, eine ziemlich bunte Geſellſchaft bildeten, in welcher es lebhaft genug her¬ ging. Clemens Brentano beſuchte mich; Fichte und Friedrich Auguſt Wolf kamen; die Graͤfin von der Recke brachte Tiedge'n mit; Beethoven konnte trotz ſeiner Wildheit uns nicht entgehen; nur Goethe blieb leider aus, auf den wir gehofft, und Gentz und Marwitz, die zu kommen verſprochen hatten. Die politiſchen Be¬ zuͤge wurden in der ſcheinbaren Zerſtreuung nicht ver¬ geſſen, ſondern im Gegentheil vielfach angeknuͤpft und fortgeleitet. In mir befeſtigte ſich der Entſchluß, den Kriegsdienſt, der ſchon uͤberall die Gefahr brachte, mit den Franzoſen als Verbuͤndeter ziehen zu muͤſſen, bei erſter Gelegenheit zu verlaſſen, und mir wo moͤglich eine andre Laufbahn in Preußen zu eroͤffnen.

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/204>, abgerufen am 29.04.2024.