Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Nach dem Treffen von Neuburg aber empfing er von
dem General Grafen von Giulay den besondern Auf¬
trag, mit einer eigends hiezu ausgewählten Abtheilung
Chevaurlegers und Husaren, die Truppenschaar, welche
gegen Landshut ging, seitwärts zu begleiten, und die
Brücken der Isar zu zerstören. Indem er diesen Auf¬
trag bestens vollzog, hatte er Gelegenheit noch einen
andern wichtigen Dienst zu leisten, der den Bewegun¬
gen des Heeres wohl zu Statten kann; er hielt sich
neun Tage zu Freisingen gegen den sehr überlegenen
Feind, der seine Angriffe oft erneuerte, aber durch das
muthige und geschickte Benehmen Tettenborns getäuscht,
ihn für stärker hielt als er war, und nicht das Aeußerste
wagen wollte. Endlich, nach hartnäckiger Gegenwehr,
dennoch gezwungen, Freisingen zu verlassen, nahm Tet¬
tenborn seine Richtung gegen München, wo gleich eine
neue Ausführung seiner wartete; denn, kaum in dor¬
tiger Gegend angekommen, erblickte er jenseits der Isar
eine beträchtliche Anzahl französischer Packpferde einher¬
ziehen, -- es waren die des Generals Lecourbe --,
sogleich suchte er fünf seiner entschlossensten Reiter aus,
schwamm mit diesem kleinen Häuflein durch die reißende
Isar, und stürzte mit solchem Ungestüm auf die stärkere
Bedeckung, daß diese ihr Heil in der Flucht suchte,
und ihm alles zur Beute ließ, mit welcher und meh¬
reren Gefangenen er ungestört auf das andre Ufer zu¬
rückkehrte.

Nach dem Treffen von Neuburg aber empfing er von
dem General Grafen von Giulay den beſondern Auf¬
trag, mit einer eigends hiezu ausgewaͤhlten Abtheilung
Chevaurlegers und Huſaren, die Truppenſchaar, welche
gegen Landshut ging, ſeitwaͤrts zu begleiten, und die
Bruͤcken der Iſar zu zerſtoͤren. Indem er dieſen Auf¬
trag beſtens vollzog, hatte er Gelegenheit noch einen
andern wichtigen Dienſt zu leiſten, der den Bewegun¬
gen des Heeres wohl zu Statten kann; er hielt ſich
neun Tage zu Freiſingen gegen den ſehr uͤberlegenen
Feind, der ſeine Angriffe oft erneuerte, aber durch das
muthige und geſchickte Benehmen Tettenborns getaͤuſcht,
ihn fuͤr ſtaͤrker hielt als er war, und nicht das Aeußerſte
wagen wollte. Endlich, nach hartnaͤckiger Gegenwehr,
dennoch gezwungen, Freiſingen zu verlaſſen, nahm Tet¬
tenborn ſeine Richtung gegen Muͤnchen, wo gleich eine
neue Ausfuͤhrung ſeiner wartete; denn, kaum in dor¬
tiger Gegend angekommen, erblickte er jenſeits der Iſar
eine betraͤchtliche Anzahl franzoͤſiſcher Packpferde einher¬
ziehen, — es waren die des Generals Lecourbe —,
ſogleich ſuchte er fuͤnf ſeiner entſchloſſenſten Reiter aus,
ſchwamm mit dieſem kleinen Haͤuflein durch die reißende
Iſar, und ſtuͤrzte mit ſolchem Ungeſtuͤm auf die ſtaͤrkere
Bedeckung, daß dieſe ihr Heil in der Flucht ſuchte,
und ihm alles zur Beute ließ, mit welcher und meh¬
reren Gefangenen er ungeſtoͤrt auf das andre Ufer zu¬
ruͤckkehrte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0234" n="222"/>
Nach dem Treffen von Neuburg aber empfing er von<lb/>
dem General Grafen von Giulay den be&#x017F;ondern Auf¬<lb/>
trag, mit einer eigends hiezu ausgewa&#x0364;hlten Abtheilung<lb/>
Chevaurlegers und Hu&#x017F;aren, die Truppen&#x017F;chaar, welche<lb/>
gegen Landshut ging, &#x017F;eitwa&#x0364;rts zu begleiten, und die<lb/>
Bru&#x0364;cken der I&#x017F;ar zu zer&#x017F;to&#x0364;ren. Indem er die&#x017F;en Auf¬<lb/>
trag be&#x017F;tens vollzog, hatte er Gelegenheit noch einen<lb/>
andern wichtigen Dien&#x017F;t zu lei&#x017F;ten, der den Bewegun¬<lb/>
gen des Heeres wohl zu Statten kann; er hielt &#x017F;ich<lb/>
neun Tage zu Frei&#x017F;ingen gegen den &#x017F;ehr u&#x0364;berlegenen<lb/>
Feind, der &#x017F;eine Angriffe oft erneuerte, aber durch das<lb/>
muthige und ge&#x017F;chickte Benehmen Tettenborns geta&#x0364;u&#x017F;cht,<lb/>
ihn fu&#x0364;r &#x017F;ta&#x0364;rker hielt als er war, und nicht das Aeußer&#x017F;te<lb/>
wagen wollte. Endlich, nach hartna&#x0364;ckiger Gegenwehr,<lb/>
dennoch gezwungen, Frei&#x017F;ingen zu verla&#x017F;&#x017F;en, nahm Tet¬<lb/>
tenborn &#x017F;eine Richtung gegen Mu&#x0364;nchen, wo gleich eine<lb/>
neue Ausfu&#x0364;hrung &#x017F;einer wartete; denn, kaum in dor¬<lb/>
tiger Gegend angekommen, erblickte er jen&#x017F;eits der I&#x017F;ar<lb/>
eine betra&#x0364;chtliche Anzahl franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher Packpferde einher¬<lb/>
ziehen, &#x2014; es waren die des Generals Lecourbe &#x2014;,<lb/>
&#x017F;ogleich &#x017F;uchte er fu&#x0364;nf &#x017F;einer ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en&#x017F;ten Reiter aus,<lb/>
&#x017F;chwamm mit die&#x017F;em kleinen Ha&#x0364;uflein durch die reißende<lb/>
I&#x017F;ar, und &#x017F;tu&#x0364;rzte mit &#x017F;olchem Unge&#x017F;tu&#x0364;m auf die &#x017F;ta&#x0364;rkere<lb/>
Bedeckung, daß die&#x017F;e ihr Heil in der Flucht &#x017F;uchte,<lb/>
und ihm alles zur Beute ließ, mit welcher und meh¬<lb/>
reren Gefangenen er unge&#x017F;to&#x0364;rt auf das andre Ufer zu¬<lb/>
ru&#x0364;ckkehrte.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0234] Nach dem Treffen von Neuburg aber empfing er von dem General Grafen von Giulay den beſondern Auf¬ trag, mit einer eigends hiezu ausgewaͤhlten Abtheilung Chevaurlegers und Huſaren, die Truppenſchaar, welche gegen Landshut ging, ſeitwaͤrts zu begleiten, und die Bruͤcken der Iſar zu zerſtoͤren. Indem er dieſen Auf¬ trag beſtens vollzog, hatte er Gelegenheit noch einen andern wichtigen Dienſt zu leiſten, der den Bewegun¬ gen des Heeres wohl zu Statten kann; er hielt ſich neun Tage zu Freiſingen gegen den ſehr uͤberlegenen Feind, der ſeine Angriffe oft erneuerte, aber durch das muthige und geſchickte Benehmen Tettenborns getaͤuſcht, ihn fuͤr ſtaͤrker hielt als er war, und nicht das Aeußerſte wagen wollte. Endlich, nach hartnaͤckiger Gegenwehr, dennoch gezwungen, Freiſingen zu verlaſſen, nahm Tet¬ tenborn ſeine Richtung gegen Muͤnchen, wo gleich eine neue Ausfuͤhrung ſeiner wartete; denn, kaum in dor¬ tiger Gegend angekommen, erblickte er jenſeits der Iſar eine betraͤchtliche Anzahl franzoͤſiſcher Packpferde einher¬ ziehen, — es waren die des Generals Lecourbe —, ſogleich ſuchte er fuͤnf ſeiner entſchloſſenſten Reiter aus, ſchwamm mit dieſem kleinen Haͤuflein durch die reißende Iſar, und ſtuͤrzte mit ſolchem Ungeſtuͤm auf die ſtaͤrkere Bedeckung, daß dieſe ihr Heil in der Flucht ſuchte, und ihm alles zur Beute ließ, mit welcher und meh¬ reren Gefangenen er ungeſtoͤrt auf das andre Ufer zu¬ ruͤckkehrte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/234
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/234>, abgerufen am 29.04.2024.