Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

roheste Hamburger sprach ihn durch Wort und That
aus. Die Theilnahme und Vorliebe für die Spanier,
die Achtung und Verehrung für ihre Nationalität, die
Sorgen und Wünsche für ihr Wohlergehn, waren all¬
gemein, und in dem erzprotestantischen Hamburg wurden
diesmal sogar die häufigen Zeugnisse eines strengkatholischen
Kirchendienstes, der sich mit dem militairischen Dienste
verflochten hatte, weder angefeindet noch verspottet.

Wirklich aber betrugen sich diese Fremden auch höchst
musterhaft, und ganz im Gegensatz der Franzosen.
Stolz, mäßig, ehrbar, schien auch der gemeine Sol¬
dat nur dahin zu streben, seinem Wirthe so wenig als
möglich zur Last zu fallen. Größere Unordnungen fielen
beinahe gar nicht vor, leidenschaftliche Aufwallungen
wurden durch ein ehrendes Wort leicht in Güte beige¬
legt. Musik und Gesang waren in jedem Hause will¬
kommenes Vergnügen. Wo nähere Verständigung ein¬
trat, fand sogleich ein politisches Vertrauen Nahrung,
man erkannte sich als gleichgesinnt und verbündet im
Hasse gegen die Franzosen. War die Gelegenheit
günstig für noch engere Vertraulichkeit, so wurden
auch dann die erwünschtesten Eigenschaften nicht ver¬
mißt, und die stille Gluth und der feste Eifer des Spa¬
niers trug über die einnehmende Leichtfertigkeit des
Franzosen meist den Sieg davon. Man sah nicht wenige
Gestalten und Gesichter von vollkommener männlicher
Schönheit. Unter den Offizieren fanden sich Männer

roheſte Hamburger ſprach ihn durch Wort und That
aus. Die Theilnahme und Vorliebe fuͤr die Spanier,
die Achtung und Verehrung fuͤr ihre Nationalitaͤt, die
Sorgen und Wuͤnſche fuͤr ihr Wohlergehn, waren all¬
gemein, und in dem erzproteſtantiſchen Hamburg wurden
diesmal ſogar die haͤufigen Zeugniſſe eines ſtrengkatholiſchen
Kirchendienſtes, der ſich mit dem militairiſchen Dienſte
verflochten hatte, weder angefeindet noch verſpottet.

Wirklich aber betrugen ſich dieſe Fremden auch hoͤchſt
muſterhaft, und ganz im Gegenſatz der Franzoſen.
Stolz, maͤßig, ehrbar, ſchien auch der gemeine Sol¬
dat nur dahin zu ſtreben, ſeinem Wirthe ſo wenig als
moͤglich zur Laſt zu fallen. Groͤßere Unordnungen fielen
beinahe gar nicht vor, leidenſchaftliche Aufwallungen
wurden durch ein ehrendes Wort leicht in Guͤte beige¬
legt. Muſik und Geſang waren in jedem Hauſe will¬
kommenes Vergnuͤgen. Wo naͤhere Verſtaͤndigung ein¬
trat, fand ſogleich ein politiſches Vertrauen Nahrung,
man erkannte ſich als gleichgeſinnt und verbuͤndet im
Haſſe gegen die Franzoſen. War die Gelegenheit
guͤnſtig fuͤr noch engere Vertraulichkeit, ſo wurden
auch dann die erwuͤnſchteſten Eigenſchaften nicht ver¬
mißt, und die ſtille Gluth und der feſte Eifer des Spa¬
niers trug uͤber die einnehmende Leichtfertigkeit des
Franzoſen meiſt den Sieg davon. Man ſah nicht wenige
Geſtalten und Geſichter von vollkommener maͤnnlicher
Schoͤnheit. Unter den Offizieren fanden ſich Maͤnner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0059" n="47"/>
rohe&#x017F;te Hamburger &#x017F;prach ihn durch Wort und That<lb/>
aus. Die Theilnahme und Vorliebe fu&#x0364;r die Spanier,<lb/>
die Achtung und Verehrung fu&#x0364;r ihre Nationalita&#x0364;t, die<lb/>
Sorgen und Wu&#x0364;n&#x017F;che fu&#x0364;r ihr Wohlergehn, waren all¬<lb/>
gemein, und in dem erzprote&#x017F;tanti&#x017F;chen Hamburg wurden<lb/>
diesmal &#x017F;ogar die ha&#x0364;ufigen Zeugni&#x017F;&#x017F;e eines &#x017F;trengkatholi&#x017F;chen<lb/>
Kirchendien&#x017F;tes, der &#x017F;ich mit dem militairi&#x017F;chen Dien&#x017F;te<lb/>
verflochten hatte, weder angefeindet noch ver&#x017F;pottet.</p><lb/>
          <p>Wirklich aber betrugen &#x017F;ich die&#x017F;e Fremden auch ho&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
mu&#x017F;terhaft, und ganz im Gegen&#x017F;atz der Franzo&#x017F;en.<lb/>
Stolz, ma&#x0364;ßig, ehrbar, &#x017F;chien auch der gemeine Sol¬<lb/>
dat nur dahin zu &#x017F;treben, &#x017F;einem Wirthe &#x017F;o wenig als<lb/>
mo&#x0364;glich zur La&#x017F;t zu fallen. Gro&#x0364;ßere Unordnungen fielen<lb/>
beinahe gar nicht vor, leiden&#x017F;chaftliche Aufwallungen<lb/>
wurden durch ein ehrendes Wort leicht in Gu&#x0364;te beige¬<lb/>
legt. Mu&#x017F;ik und Ge&#x017F;ang waren in jedem Hau&#x017F;e will¬<lb/>
kommenes Vergnu&#x0364;gen. Wo na&#x0364;here Ver&#x017F;ta&#x0364;ndigung ein¬<lb/>
trat, fand &#x017F;ogleich ein politi&#x017F;ches Vertrauen Nahrung,<lb/>
man erkannte &#x017F;ich als gleichge&#x017F;innt und verbu&#x0364;ndet im<lb/>
Ha&#x017F;&#x017F;e gegen die Franzo&#x017F;en. War die Gelegenheit<lb/>
gu&#x0364;n&#x017F;tig fu&#x0364;r noch engere Vertraulichkeit, &#x017F;o wurden<lb/>
auch dann die erwu&#x0364;n&#x017F;chte&#x017F;ten Eigen&#x017F;chaften nicht ver¬<lb/>
mißt, und die &#x017F;tille Gluth und der fe&#x017F;te Eifer des Spa¬<lb/>
niers trug u&#x0364;ber die einnehmende Leichtfertigkeit des<lb/>
Franzo&#x017F;en mei&#x017F;t den Sieg davon. Man &#x017F;ah nicht wenige<lb/>
Ge&#x017F;talten und Ge&#x017F;ichter von vollkommener ma&#x0364;nnlicher<lb/>
Scho&#x0364;nheit. Unter den Offizieren fanden &#x017F;ich Ma&#x0364;nner<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0059] roheſte Hamburger ſprach ihn durch Wort und That aus. Die Theilnahme und Vorliebe fuͤr die Spanier, die Achtung und Verehrung fuͤr ihre Nationalitaͤt, die Sorgen und Wuͤnſche fuͤr ihr Wohlergehn, waren all¬ gemein, und in dem erzproteſtantiſchen Hamburg wurden diesmal ſogar die haͤufigen Zeugniſſe eines ſtrengkatholiſchen Kirchendienſtes, der ſich mit dem militairiſchen Dienſte verflochten hatte, weder angefeindet noch verſpottet. Wirklich aber betrugen ſich dieſe Fremden auch hoͤchſt muſterhaft, und ganz im Gegenſatz der Franzoſen. Stolz, maͤßig, ehrbar, ſchien auch der gemeine Sol¬ dat nur dahin zu ſtreben, ſeinem Wirthe ſo wenig als moͤglich zur Laſt zu fallen. Groͤßere Unordnungen fielen beinahe gar nicht vor, leidenſchaftliche Aufwallungen wurden durch ein ehrendes Wort leicht in Guͤte beige¬ legt. Muſik und Geſang waren in jedem Hauſe will¬ kommenes Vergnuͤgen. Wo naͤhere Verſtaͤndigung ein¬ trat, fand ſogleich ein politiſches Vertrauen Nahrung, man erkannte ſich als gleichgeſinnt und verbuͤndet im Haſſe gegen die Franzoſen. War die Gelegenheit guͤnſtig fuͤr noch engere Vertraulichkeit, ſo wurden auch dann die erwuͤnſchteſten Eigenſchaften nicht ver¬ mißt, und die ſtille Gluth und der feſte Eifer des Spa¬ niers trug uͤber die einnehmende Leichtfertigkeit des Franzoſen meiſt den Sieg davon. Man ſah nicht wenige Geſtalten und Geſichter von vollkommener maͤnnlicher Schoͤnheit. Unter den Offizieren fanden ſich Maͤnner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/59
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/59>, abgerufen am 30.04.2024.