gegenwart bleibt; aber kein Augenzeuge der verzweifelten Hetze könnte das hoffen. Fürchterlich an sich schon der Anblick eines Thieres, an dessen breitgestirntem Haupte durch den krausen Haarwald die ohnedieß groben organischen Formen so verdeckt sind, daß es einfach bloß zur ungeschlachten, blöckischen Stoßwaffe gebildet erscheint. Tiger- und Löwenkopf hat bei schöner Bil¬ dung grundfalsche, blutdürstige Katzenzüge, da mag dem Schrecken des Angegriffenen noch die Seelenqual sich beimischen, so viel Wildheit mit solcher thierischen Schönheit verbunden zu sehen, aber er sieht doch Züge, das Entsetzen ist nicht so dumpf, wie beim Anblick dieses Stierkopfs, der wie ein Stück roher Masse aus¬ sieht, von dem langen Leibe wie ein Mauerbrecher vorwärts geworfen, um zu Brei zu zermalmen, was nicht hart wie Fels und Eisen ist, oder mit Hülfe der kurzen, nah an den Schläfen aufwärts stehenden Hörner, was da Lebendiges begegnen mag, und wäre es der schwere Körper eines Bären, wie einen Ball in die Luft zu schleudern. Und doch verkünden furcht¬ bare Zeichen, daß eben in diesem formlosen Blocke der dumpfwilde Geist wohnt, der ihn als seinen Sturm¬ bock, seine Schleuder regiert: Feuerqualm scheint aus den schnaubenden Nüstern zu sprühen, das tiefe, wie aus langem Gewölb heraufgeholte Brummen ist nur noch schrecklicher als Brüllen des Löwen, des Bären, dämonische Wuth funkelt in dem großen, dunklen Auge,
gegenwart bleibt; aber kein Augenzeuge der verzweifelten Hetze könnte das hoffen. Fürchterlich an ſich ſchon der Anblick eines Thieres, an deſſen breitgeſtirntem Haupte durch den krauſen Haarwald die ohnedieß groben organiſchen Formen ſo verdeckt ſind, daß es einfach bloß zur ungeſchlachten, blöckiſchen Stoßwaffe gebildet erſcheint. Tiger- und Löwenkopf hat bei ſchöner Bil¬ dung grundfalſche, blutdürſtige Katzenzüge, da mag dem Schrecken des Angegriffenen noch die Seelenqual ſich beimiſchen, ſo viel Wildheit mit ſolcher thieriſchen Schönheit verbunden zu ſehen, aber er ſieht doch Züge, das Entſetzen iſt nicht ſo dumpf, wie beim Anblick dieſes Stierkopfs, der wie ein Stück roher Maſſe aus¬ ſieht, von dem langen Leibe wie ein Mauerbrecher vorwärts geworfen, um zu Brei zu zermalmen, was nicht hart wie Fels und Eiſen iſt, oder mit Hülfe der kurzen, nah an den Schläfen aufwärts ſtehenden Hörner, was da Lebendiges begegnen mag, und wäre es der ſchwere Körper eines Bären, wie einen Ball in die Luft zu ſchleudern. Und doch verkünden furcht¬ bare Zeichen, daß eben in dieſem formloſen Blocke der dumpfwilde Geiſt wohnt, der ihn als ſeinen Sturm¬ bock, ſeine Schleuder regiert: Feuerqualm ſcheint aus den ſchnaubenden Nüſtern zu ſprühen, das tiefe, wie aus langem Gewölb heraufgeholte Brummen iſt nur noch ſchrecklicher als Brüllen des Löwen, des Bären, dämoniſche Wuth funkelt in dem großen, dunklen Auge,
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gegenwart bleibt; aber kein Augenzeuge der verzweifelten
Hetze könnte das hoffen. Fürchterlich an ſich ſchon der
Anblick eines Thieres, an deſſen breitgeſtirntem Haupte
durch den krauſen Haarwald die ohnedieß groben
organiſchen Formen ſo verdeckt ſind, daß es einfach
bloß zur ungeſchlachten, blöckiſchen Stoßwaffe gebildet
erſcheint. Tiger- und Löwenkopf hat bei ſchöner Bil¬
dung grundfalſche, blutdürſtige Katzenzüge, da mag
dem Schrecken des Angegriffenen noch die Seelenqual
ſich beimiſchen, ſo viel Wildheit mit ſolcher thieriſchen
Schönheit verbunden zu ſehen, aber er ſieht doch Züge,
das Entſetzen iſt nicht ſo dumpf, wie beim Anblick
dieſes Stierkopfs, der wie ein Stück roher Maſſe aus¬
ſieht, von dem langen Leibe wie ein Mauerbrecher
vorwärts geworfen, um zu Brei zu zermalmen, was
nicht hart wie Fels und Eiſen iſt, oder mit Hülfe
der kurzen, nah an den Schläfen aufwärts ſtehenden
Hörner, was da Lebendiges begegnen mag, und wäre
es der ſchwere Körper eines Bären, wie einen Ball
in die Luft zu ſchleudern. Und doch verkünden furcht¬
bare Zeichen, daß eben in dieſem formloſen Blocke der
dumpfwilde Geiſt wohnt, der ihn als ſeinen Sturm¬
bock, ſeine Schleuder regiert: Feuerqualm ſcheint aus
den ſchnaubenden Nüſtern zu ſprühen, das tiefe, wie
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/251>, abgerufen am 31.10.2024.
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