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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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vorhanden ist. Betrachtet man die so eigenthümliche Organisation
dieser Ordnung näher, so findet man so viele Besonderheiten, daß es
unmöglich ist, ein dieser Gruppe angehöriges Thier zu verkennen.
Der breite, flache, meist zugerundete Kopf trägt an seiner vorderen
Spitze die Nasenlöcher, welche gewöhnlich durch Hautklappen vollkom-
men verschließbar sind und fast senkrecht nach unten in den Mund
hinter dem Bogen des Oberkiefers sich öffnen; die Augen sind mit
wenigen Ausnahmen unverhältnißmäßig groß, oben auf die Stirn-
fläche gestellt, stark vorragend, in ihre Höhlen zurückziehbar, mit einem
kleinen oberen und einem sehr großen unteren Augenlide versehen,
welches sich fast über den ganzen Augapfel hinaufziehen kann. Hinter
den Augen zeigt sich gewöhnlich das große, runde Paukenfell, welches
zuweilen verdeckt ist und in die weite Paukenhöhle führt, die mit einer
kurzen, sehr deutlichen Trompete meist auf beiden Seiten, selten nur
in der Mitte des Rachengewölbes einmündet. Der Rachen selbst ist
ungemein weit gespalten, der Oberkiefer gewöhnlich, Unterkiefer und
Gaumenbeine dagegen nur selten mit kleinen hakigen Zähnchen bewaff-
net. Oeffnet man den Rachen, so sieht man in dem Gaumengewölbe
vorn die beiden Nasenöffnungen, weiter nach hinten die in die Mund-
höhle vorspringenden Augäpfel und ganz hinten die Oeffnungen der
Ohrtrompeten, während der weite Raum zwischen den Unterkieferästen
gewöhnlich von der dicken schwammigen Zunge ausgefüllt wird. Diese
fehlt nur äußerst selten ganz, ist aber gewöhnlich nicht an ihrem
Grunde und an ihrem hinteren Theile, sondern im Gegentheile vorn
in dem Winkel des Unterkiefers befestigt und an ihrem hinteren Rande
frei, so daß sie nach außen umgeschlagen werden kann. Die Haut ist
vollkommen nackt, bei vielen Arten mit warzigen Vorragungen und
dicken Drüsen besetzt, die oft eine unangenehm riechende Flüssigkeit ab-
sondern. Die nach innen gebogenen kurzen, meist aber stämmigen
Vorderfüße tragen vier freie Zehen von ziemlich gleicher Länge, wäh-
rend die massiven und langen Hinterbeine gewöhnlich fünf Zehen be-
sitzen, von denen meist die vierte die längste, der auf gleiche Linie
gestellte Daumen aber die kürzeste ist. Gewöhnlich sind die Zehen
der Hinterfüße entweder in ihrer ganzen Länge oder nur am Grunde
durch Schwimmhäute mit einander verbunden. Nägel kommen nur
äußerst selten vor, fast stets endigen die Zehen frei, oft dagegen fin-
den sich an ihrer Unterfläche sowohl, wie an der Innenfläche der
Hand besondere Ballen und Warzen, die entweder dem Männchen
bei der Begattung zum Festhalten dienen und dann sich nur periodisch
bei dem einen Geschlechte entwickeln, oder auch permanent an beiden

vorhanden iſt. Betrachtet man die ſo eigenthümliche Organiſation
dieſer Ordnung näher, ſo findet man ſo viele Beſonderheiten, daß es
unmöglich iſt, ein dieſer Gruppe angehöriges Thier zu verkennen.
Der breite, flache, meiſt zugerundete Kopf trägt an ſeiner vorderen
Spitze die Naſenlöcher, welche gewöhnlich durch Hautklappen vollkom-
men verſchließbar ſind und faſt ſenkrecht nach unten in den Mund
hinter dem Bogen des Oberkiefers ſich öffnen; die Augen ſind mit
wenigen Ausnahmen unverhältnißmäßig groß, oben auf die Stirn-
fläche geſtellt, ſtark vorragend, in ihre Höhlen zurückziehbar, mit einem
kleinen oberen und einem ſehr großen unteren Augenlide verſehen,
welches ſich faſt über den ganzen Augapfel hinaufziehen kann. Hinter
den Augen zeigt ſich gewöhnlich das große, runde Paukenfell, welches
zuweilen verdeckt iſt und in die weite Paukenhöhle führt, die mit einer
kurzen, ſehr deutlichen Trompete meiſt auf beiden Seiten, ſelten nur
in der Mitte des Rachengewölbes einmündet. Der Rachen ſelbſt iſt
ungemein weit geſpalten, der Oberkiefer gewöhnlich, Unterkiefer und
Gaumenbeine dagegen nur ſelten mit kleinen hakigen Zähnchen bewaff-
net. Oeffnet man den Rachen, ſo ſieht man in dem Gaumengewölbe
vorn die beiden Naſenöffnungen, weiter nach hinten die in die Mund-
höhle vorſpringenden Augäpfel und ganz hinten die Oeffnungen der
Ohrtrompeten, während der weite Raum zwiſchen den Unterkieferäſten
gewöhnlich von der dicken ſchwammigen Zunge ausgefüllt wird. Dieſe
fehlt nur äußerſt ſelten ganz, iſt aber gewöhnlich nicht an ihrem
Grunde und an ihrem hinteren Theile, ſondern im Gegentheile vorn
in dem Winkel des Unterkiefers befeſtigt und an ihrem hinteren Rande
frei, ſo daß ſie nach außen umgeſchlagen werden kann. Die Haut iſt
vollkommen nackt, bei vielen Arten mit warzigen Vorragungen und
dicken Drüſen beſetzt, die oft eine unangenehm riechende Flüſſigkeit ab-
ſondern. Die nach innen gebogenen kurzen, meiſt aber ſtämmigen
Vorderfüße tragen vier freie Zehen von ziemlich gleicher Länge, wäh-
rend die maſſiven und langen Hinterbeine gewöhnlich fünf Zehen be-
ſitzen, von denen meiſt die vierte die längſte, der auf gleiche Linie
geſtellte Daumen aber die kürzeſte iſt. Gewöhnlich ſind die Zehen
der Hinterfüße entweder in ihrer ganzen Länge oder nur am Grunde
durch Schwimmhäute mit einander verbunden. Nägel kommen nur
äußerſt ſelten vor, faſt ſtets endigen die Zehen frei, oft dagegen fin-
den ſich an ihrer Unterfläche ſowohl, wie an der Innenfläche der
Hand beſondere Ballen und Warzen, die entweder dem Männchen
bei der Begattung zum Feſthalten dienen und dann ſich nur periodiſch
bei dem einen Geſchlechte entwickeln, oder auch permanent an beiden

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[221/0227] vorhanden iſt. Betrachtet man die ſo eigenthümliche Organiſation dieſer Ordnung näher, ſo findet man ſo viele Beſonderheiten, daß es unmöglich iſt, ein dieſer Gruppe angehöriges Thier zu verkennen. Der breite, flache, meiſt zugerundete Kopf trägt an ſeiner vorderen Spitze die Naſenlöcher, welche gewöhnlich durch Hautklappen vollkom- men verſchließbar ſind und faſt ſenkrecht nach unten in den Mund hinter dem Bogen des Oberkiefers ſich öffnen; die Augen ſind mit wenigen Ausnahmen unverhältnißmäßig groß, oben auf die Stirn- fläche geſtellt, ſtark vorragend, in ihre Höhlen zurückziehbar, mit einem kleinen oberen und einem ſehr großen unteren Augenlide verſehen, welches ſich faſt über den ganzen Augapfel hinaufziehen kann. Hinter den Augen zeigt ſich gewöhnlich das große, runde Paukenfell, welches zuweilen verdeckt iſt und in die weite Paukenhöhle führt, die mit einer kurzen, ſehr deutlichen Trompete meiſt auf beiden Seiten, ſelten nur in der Mitte des Rachengewölbes einmündet. Der Rachen ſelbſt iſt ungemein weit geſpalten, der Oberkiefer gewöhnlich, Unterkiefer und Gaumenbeine dagegen nur ſelten mit kleinen hakigen Zähnchen bewaff- net. Oeffnet man den Rachen, ſo ſieht man in dem Gaumengewölbe vorn die beiden Naſenöffnungen, weiter nach hinten die in die Mund- höhle vorſpringenden Augäpfel und ganz hinten die Oeffnungen der Ohrtrompeten, während der weite Raum zwiſchen den Unterkieferäſten gewöhnlich von der dicken ſchwammigen Zunge ausgefüllt wird. Dieſe fehlt nur äußerſt ſelten ganz, iſt aber gewöhnlich nicht an ihrem Grunde und an ihrem hinteren Theile, ſondern im Gegentheile vorn in dem Winkel des Unterkiefers befeſtigt und an ihrem hinteren Rande frei, ſo daß ſie nach außen umgeſchlagen werden kann. Die Haut iſt vollkommen nackt, bei vielen Arten mit warzigen Vorragungen und dicken Drüſen beſetzt, die oft eine unangenehm riechende Flüſſigkeit ab- ſondern. Die nach innen gebogenen kurzen, meiſt aber ſtämmigen Vorderfüße tragen vier freie Zehen von ziemlich gleicher Länge, wäh- rend die maſſiven und langen Hinterbeine gewöhnlich fünf Zehen be- ſitzen, von denen meiſt die vierte die längſte, der auf gleiche Linie geſtellte Daumen aber die kürzeſte iſt. Gewöhnlich ſind die Zehen der Hinterfüße entweder in ihrer ganzen Länge oder nur am Grunde durch Schwimmhäute mit einander verbunden. Nägel kommen nur äußerſt ſelten vor, faſt ſtets endigen die Zehen frei, oft dagegen fin- den ſich an ihrer Unterfläche ſowohl, wie an der Innenfläche der Hand beſondere Ballen und Warzen, die entweder dem Männchen bei der Begattung zum Feſthalten dienen und dann ſich nur periodiſch bei dem einen Geſchlechte entwickeln, oder auch permanent an beiden

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/227>, abgerufen am 29.04.2024.