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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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Fußpaaren vorhanden sind und dann zum Unterstützen des Kletterns
dienen. Die auffallendsten Eigenthümlichkeiten des Skelettes bestehen
in der außerordentlichen Kürze der Wirbelsäule, die meist nur acht
ausgebildete Wirbel enthält, auf welche dann als Kreuzbein ein lan-
ger stabförmiger Knochen folgt, an dem zu beiden Seiten sich die
stabförmigen Beckenknochen anlehnen, sowie in dem gänzlichen Mangel
aller Rippen oder rippenartigen Gebilde, welche die Bauchwandungen
stützen können, so daß diese in ihrer Ausdehnung außerordentlich wech-
seln können. Die meisten Froschlurche haben sehr große, sackförmige,
netzartige Lungen, eine wohlgebildete, weite Stimmlade und eine laut
schallende Stimme, deren Klang oft noch durch besondere Resonnanz-
höhlen und Kehlblasen verstärkt wird.

Im erwachsenen Zustande fehlt allen Froschlurchen der Schwanz
durchaus, während sie, wie wir schon früher sahen, im jugendlichen
Zustande stets einen solchen besitzen und bei manchen Gattungen dieser
Schwanz nur sehr spät und lange nach vollständiger Entwickelung der
Beine abfällt, so daß zuweilen selbst die ausgebildete Larve eine be-
deutendere Körpermasse bietet, als das erwachsene schwanzlose Thier.
Viele halten sich zeitlebens im süßen Wasser, namentlich in Sümpfen
auf, andere suchen das Wasser nur zur Fortpflanzungszeit, um ihre
Eier und die daraus entstehenden Larven diesem Elemente anzuver-
trauen, halten sich aber sonst auf ebener Erde, an feuchten Orten
auf, noch andere endlich verfolgen ihre Beute, die stets aus Insekten
und ähnlichen kleinen Thieren besteht, auf Gebüschen und in schattigen
Wäldern. Wir unterscheiden folgende Familien:

[Abbildung] Fig. 1134.

Weibliche Pipa mit Jungen in den Rückenzellen. (Pipa americana),

Die Familie der zungenlosen Froschlurche (Aglossa) zeigt einen
dreieckigen, flachen, niedergedrückten Kopf mit verhältnißmäßig kleinen

Fußpaaren vorhanden ſind und dann zum Unterſtützen des Kletterns
dienen. Die auffallendſten Eigenthümlichkeiten des Skelettes beſtehen
in der außerordentlichen Kürze der Wirbelſäule, die meiſt nur acht
ausgebildete Wirbel enthält, auf welche dann als Kreuzbein ein lan-
ger ſtabförmiger Knochen folgt, an dem zu beiden Seiten ſich die
ſtabförmigen Beckenknochen anlehnen, ſowie in dem gänzlichen Mangel
aller Rippen oder rippenartigen Gebilde, welche die Bauchwandungen
ſtützen können, ſo daß dieſe in ihrer Ausdehnung außerordentlich wech-
ſeln können. Die meiſten Froſchlurche haben ſehr große, ſackförmige,
netzartige Lungen, eine wohlgebildete, weite Stimmlade und eine laut
ſchallende Stimme, deren Klang oft noch durch beſondere Reſonnanz-
höhlen und Kehlblaſen verſtärkt wird.

Im erwachſenen Zuſtande fehlt allen Froſchlurchen der Schwanz
durchaus, während ſie, wie wir ſchon früher ſahen, im jugendlichen
Zuſtande ſtets einen ſolchen beſitzen und bei manchen Gattungen dieſer
Schwanz nur ſehr ſpät und lange nach vollſtändiger Entwickelung der
Beine abfällt, ſo daß zuweilen ſelbſt die ausgebildete Larve eine be-
deutendere Körpermaſſe bietet, als das erwachſene ſchwanzloſe Thier.
Viele halten ſich zeitlebens im ſüßen Waſſer, namentlich in Sümpfen
auf, andere ſuchen das Waſſer nur zur Fortpflanzungszeit, um ihre
Eier und die daraus entſtehenden Larven dieſem Elemente anzuver-
trauen, halten ſich aber ſonſt auf ebener Erde, an feuchten Orten
auf, noch andere endlich verfolgen ihre Beute, die ſtets aus Inſekten
und ähnlichen kleinen Thieren beſteht, auf Gebüſchen und in ſchattigen
Wäldern. Wir unterſcheiden folgende Familien:

[Abbildung] Fig. 1134.

Weibliche Pipa mit Jungen in den Rückenzellen. (Pipa americana),

Die Familie der zungenloſen Froſchlurche (Aglossa) zeigt einen
dreieckigen, flachen, niedergedrückten Kopf mit verhältnißmäßig kleinen

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[222/0228] Fußpaaren vorhanden ſind und dann zum Unterſtützen des Kletterns dienen. Die auffallendſten Eigenthümlichkeiten des Skelettes beſtehen in der außerordentlichen Kürze der Wirbelſäule, die meiſt nur acht ausgebildete Wirbel enthält, auf welche dann als Kreuzbein ein lan- ger ſtabförmiger Knochen folgt, an dem zu beiden Seiten ſich die ſtabförmigen Beckenknochen anlehnen, ſowie in dem gänzlichen Mangel aller Rippen oder rippenartigen Gebilde, welche die Bauchwandungen ſtützen können, ſo daß dieſe in ihrer Ausdehnung außerordentlich wech- ſeln können. Die meiſten Froſchlurche haben ſehr große, ſackförmige, netzartige Lungen, eine wohlgebildete, weite Stimmlade und eine laut ſchallende Stimme, deren Klang oft noch durch beſondere Reſonnanz- höhlen und Kehlblaſen verſtärkt wird. Im erwachſenen Zuſtande fehlt allen Froſchlurchen der Schwanz durchaus, während ſie, wie wir ſchon früher ſahen, im jugendlichen Zuſtande ſtets einen ſolchen beſitzen und bei manchen Gattungen dieſer Schwanz nur ſehr ſpät und lange nach vollſtändiger Entwickelung der Beine abfällt, ſo daß zuweilen ſelbſt die ausgebildete Larve eine be- deutendere Körpermaſſe bietet, als das erwachſene ſchwanzloſe Thier. Viele halten ſich zeitlebens im ſüßen Waſſer, namentlich in Sümpfen auf, andere ſuchen das Waſſer nur zur Fortpflanzungszeit, um ihre Eier und die daraus entſtehenden Larven dieſem Elemente anzuver- trauen, halten ſich aber ſonſt auf ebener Erde, an feuchten Orten auf, noch andere endlich verfolgen ihre Beute, die ſtets aus Inſekten und ähnlichen kleinen Thieren beſteht, auf Gebüſchen und in ſchattigen Wäldern. Wir unterſcheiden folgende Familien: [Abbildung Fig. 1134. Weibliche Pipa mit Jungen in den Rückenzellen. (Pipa americana), ] Die Familie der zungenloſen Froſchlurche (Aglossa) zeigt einen dreieckigen, flachen, niedergedrückten Kopf mit verhältnißmäßig kleinen

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/228>, abgerufen am 29.04.2024.