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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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wickelt sind. Die Seitentheile des Schädels werden in der Augenge-
gend vervollständigt durch vordere und hintere Stirnbeine, so wie oft
noch durch ein eigenes Thränenbein, welches in der inneren Ecke der
Augenhöhle liegt. Die Augenhöhle selbst wird gewöhnlich nach außen
vollständig durch den Bogen des Jochbeines geschlossen, der freilich
den Schlangen und einigen Eidechsen fehlt und bei anderen nur un-
vollständig vorhanden ist. Die Schuppe des Schläfenbeines nimmt
ebenfalls gewöhnlich an der Bildung dieses Bogens in seinem hinteren
Theile Antheil und trägt zugleich zur Befestigung oder Einlenkung des
Unterkieferbogens bei. Die übrigen Theile des Schläfenbeines zeigen
sehr verschiedene Beziehungen zu dem Schädel, indem sie bald unbe-
weglich durch Knochennähte verbunden, bald durch mehr oder minder
laxe Gelenke angeheftet sind und so in die Bildung des Unterkiefer-
bogens mit eingehen, der durch diese bewegliche Verlängerung das
Maul einer bedeutenden Erweiterung fähig macht. So ist das Zitzen-
bein bei den Krokodilen und Schildkröten mit dem Schädel an seinem
äußeren Rande verwachsen, bei den meisten Eidechsen rudimentär,
bei den meisten Schlangen dagegen in Form einer langen Kno-
chenleiste ausgebildet, welche durch Sehnenfäden halb beweglich mit
dem Schädel verbunden ist. So bildet das Quadratbein, welches

[Abbildung] Fig 1142.

Schädel der Klapperschlange (Crotalus) von der Seite,
um das stabförmige, lange, an dem beweglichen Zitzen-
bein (23) befestigte Quadratbein (26) zu zeigen.

unter allen Umständen
den Gelenkfortsatz trägt,
auf dem der Unterkiefer
spielt, bei den Schlan-
gen einen langen stiel-
förmigen, frei bewegli-
chen Knochen, während
es bei den Eidechsen
weit kürzer ist, nur ge-
ringe Beweglichkeit hat
und bei den Krokodilen
und Schildkröten durch-
aus fest mit dem Schä-
del verbunden ist.


wickelt ſind. Die Seitentheile des Schädels werden in der Augenge-
gend vervollſtändigt durch vordere und hintere Stirnbeine, ſo wie oft
noch durch ein eigenes Thränenbein, welches in der inneren Ecke der
Augenhöhle liegt. Die Augenhöhle ſelbſt wird gewöhnlich nach außen
vollſtändig durch den Bogen des Jochbeines geſchloſſen, der freilich
den Schlangen und einigen Eidechſen fehlt und bei anderen nur un-
vollſtändig vorhanden iſt. Die Schuppe des Schläfenbeines nimmt
ebenfalls gewöhnlich an der Bildung dieſes Bogens in ſeinem hinteren
Theile Antheil und trägt zugleich zur Befeſtigung oder Einlenkung des
Unterkieferbogens bei. Die übrigen Theile des Schläfenbeines zeigen
ſehr verſchiedene Beziehungen zu dem Schädel, indem ſie bald unbe-
weglich durch Knochennähte verbunden, bald durch mehr oder minder
laxe Gelenke angeheftet ſind und ſo in die Bildung des Unterkiefer-
bogens mit eingehen, der durch dieſe bewegliche Verlängerung das
Maul einer bedeutenden Erweiterung fähig macht. So iſt das Zitzen-
bein bei den Krokodilen und Schildkröten mit dem Schädel an ſeinem
äußeren Rande verwachſen, bei den meiſten Eidechſen rudimentär,
bei den meiſten Schlangen dagegen in Form einer langen Kno-
chenleiſte ausgebildet, welche durch Sehnenfäden halb beweglich mit
dem Schädel verbunden iſt. So bildet das Quadratbein, welches

[Abbildung] Fig 1142.

Schädel der Klapperſchlange (Crotalus) von der Seite,
um das ſtabförmige, lange, an dem beweglichen Zitzen-
bein (23) befeſtigte Quadratbein (26) zu zeigen.

unter allen Umſtänden
den Gelenkfortſatz trägt,
auf dem der Unterkiefer
ſpielt, bei den Schlan-
gen einen langen ſtiel-
förmigen, frei bewegli-
chen Knochen, während
es bei den Eidechſen
weit kürzer iſt, nur ge-
ringe Beweglichkeit hat
und bei den Krokodilen
und Schildkröten durch-
aus feſt mit dem Schä-
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[230/0236] wickelt ſind. Die Seitentheile des Schädels werden in der Augenge- gend vervollſtändigt durch vordere und hintere Stirnbeine, ſo wie oft noch durch ein eigenes Thränenbein, welches in der inneren Ecke der Augenhöhle liegt. Die Augenhöhle ſelbſt wird gewöhnlich nach außen vollſtändig durch den Bogen des Jochbeines geſchloſſen, der freilich den Schlangen und einigen Eidechſen fehlt und bei anderen nur un- vollſtändig vorhanden iſt. Die Schuppe des Schläfenbeines nimmt ebenfalls gewöhnlich an der Bildung dieſes Bogens in ſeinem hinteren Theile Antheil und trägt zugleich zur Befeſtigung oder Einlenkung des Unterkieferbogens bei. Die übrigen Theile des Schläfenbeines zeigen ſehr verſchiedene Beziehungen zu dem Schädel, indem ſie bald unbe- weglich durch Knochennähte verbunden, bald durch mehr oder minder laxe Gelenke angeheftet ſind und ſo in die Bildung des Unterkiefer- bogens mit eingehen, der durch dieſe bewegliche Verlängerung das Maul einer bedeutenden Erweiterung fähig macht. So iſt das Zitzen- bein bei den Krokodilen und Schildkröten mit dem Schädel an ſeinem äußeren Rande verwachſen, bei den meiſten Eidechſen rudimentär, bei den meiſten Schlangen dagegen in Form einer langen Kno- chenleiſte ausgebildet, welche durch Sehnenfäden halb beweglich mit dem Schädel verbunden iſt. So bildet das Quadratbein, welches [Abbildung Fig 1142. Schädel der Klapperſchlange (Crotalus) von der Seite, um das ſtabförmige, lange, an dem beweglichen Zitzen- bein (23) befeſtigte Quadratbein (26) zu zeigen.] unter allen Umſtänden den Gelenkfortſatz trägt, auf dem der Unterkiefer ſpielt, bei den Schlan- gen einen langen ſtiel- förmigen, frei bewegli- chen Knochen, während es bei den Eidechſen weit kürzer iſt, nur ge- ringe Beweglichkeit hat und bei den Krokodilen und Schildkröten durch- aus feſt mit dem Schä- del verbunden iſt.

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/236>, abgerufen am 29.04.2024.