Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

fällen breiter oder auch mit ungleichen Kieferhälften versehen. Die
Füße sind nur dreizehige Schwimmfüße mit einer freien Hinterzehe,
wodurch sie sich wesentlich von der vorigen Familie unterscheiden; die
Flügel sind lang, spitz, oft säbelförmig, der Schwanz zuweilen schwal-
benartig ausgeschnitten. Alle Möven sind Stoßtaucher, ihr Flug
äußerst geschickt und zierlich, einige, wie die Raubmöven (Lestris) leben
selbst hauptsächlich davon, daß sie andere Stoßtaucher so lange ver-
folgen, bis diese die erhaschte Beute fallen lassen, welche sie dann im
raschen Fluge wegschnappen, ehe sie noch den Wasserspiegel erreicht.
Die Möven leben besonders in nördlichen Meeren, kommen aber auch,
besonders im Winter, auf die süßen Gewässer der gemäßigten Zonen.
Larus; Rhynchops; Sterna; Lestris.

Die Familie der Sturmvögel (Procellarida) theilt mit den vori-

[Abbildung] Fig. 1266.

Kleiner Sturmvogel (Procellaria vittata).

gen im Allgemeinen die Körperform,
die sehr langen, oft säbelartigen
Flügel, welche die größte Zahl von
Armschwingen in der ganzen Klasse
der Vögel besitzen und das ausge-
zeichnete Flugvermögen, unterscheidet
sich aber von ihnen wesentlich durch
die Füße, an welchen die Hinterzehe
ganz fehlt oder nur durch einen
kurzen, klauentragenden Stummel
ersetzt ist und durch die Bildung
des Schnabels. Dieser ist nämlich
ziemlich lang, gerade, etwas abgeplattet, der Oberkiefer vorn kuppig
herabgebogen, die Dillenecke des Unterkiefers kantig vorstehend und
beide Theile deutlich von der hinteren Partie des Schnabels abgesetzt,
auf welcher noch die zu einer vorstehenden Röhre vereinigten Nasen-
löcher aufsitzen. Die Sturmvögel können gar nicht tauchen, sind da-
gegen wesentlich darauf angewiesen, ihre Nahrung auf den hochgehen-
den Wellen zu suchen, auf denen sie gewöhnlich mit ausgebreiteten
Flügeln laufen oder flattern und deßhalb von den Seefahrern als
Vorboten des Sturmes angesehen werden. Sie kommen in allen
Meeren vor und brüten auf nackten Felsen, meist selbst ohne Nest.
Diomedea; Procellaria; Thalassidroma; Puffinus.


fällen breiter oder auch mit ungleichen Kieferhälften verſehen. Die
Füße ſind nur dreizehige Schwimmfüße mit einer freien Hinterzehe,
wodurch ſie ſich weſentlich von der vorigen Familie unterſcheiden; die
Flügel ſind lang, ſpitz, oft ſäbelförmig, der Schwanz zuweilen ſchwal-
benartig ausgeſchnitten. Alle Möven ſind Stoßtaucher, ihr Flug
äußerſt geſchickt und zierlich, einige, wie die Raubmöven (Lestris) leben
ſelbſt hauptſächlich davon, daß ſie andere Stoßtaucher ſo lange ver-
folgen, bis dieſe die erhaſchte Beute fallen laſſen, welche ſie dann im
raſchen Fluge wegſchnappen, ehe ſie noch den Waſſerſpiegel erreicht.
Die Möven leben beſonders in nördlichen Meeren, kommen aber auch,
beſonders im Winter, auf die ſüßen Gewäſſer der gemäßigten Zonen.
Larus; Rhynchops; Sterna; Lestris.

Die Familie der Sturmvögel (Procellarida) theilt mit den vori-

[Abbildung] Fig. 1266.

Kleiner Sturmvogel (Procellaria vittata).

gen im Allgemeinen die Körperform,
die ſehr langen, oft ſäbelartigen
Flügel, welche die größte Zahl von
Armſchwingen in der ganzen Klaſſe
der Vögel beſitzen und das ausge-
zeichnete Flugvermögen, unterſcheidet
ſich aber von ihnen weſentlich durch
die Füße, an welchen die Hinterzehe
ganz fehlt oder nur durch einen
kurzen, klauentragenden Stummel
erſetzt iſt und durch die Bildung
des Schnabels. Dieſer iſt nämlich
ziemlich lang, gerade, etwas abgeplattet, der Oberkiefer vorn kuppig
herabgebogen, die Dillenecke des Unterkiefers kantig vorſtehend und
beide Theile deutlich von der hinteren Partie des Schnabels abgeſetzt,
auf welcher noch die zu einer vorſtehenden Röhre vereinigten Naſen-
löcher aufſitzen. Die Sturmvögel können gar nicht tauchen, ſind da-
gegen weſentlich darauf angewieſen, ihre Nahrung auf den hochgehen-
den Wellen zu ſuchen, auf denen ſie gewöhnlich mit ausgebreiteten
Flügeln laufen oder flattern und deßhalb von den Seefahrern als
Vorboten des Sturmes angeſehen werden. Sie kommen in allen
Meeren vor und brüten auf nackten Felſen, meiſt ſelbſt ohne Neſt.
Diomedea; Procellaria; Thalassidroma; Puffinus.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0370" n="364"/>
fällen breiter oder auch mit ungleichen Kieferhälften ver&#x017F;ehen. Die<lb/>
Füße &#x017F;ind nur dreizehige Schwimmfüße mit einer freien Hinterzehe,<lb/>
wodurch &#x017F;ie &#x017F;ich we&#x017F;entlich von der vorigen Familie unter&#x017F;cheiden; die<lb/>
Flügel &#x017F;ind lang, &#x017F;pitz, oft &#x017F;äbelförmig, der Schwanz zuweilen &#x017F;chwal-<lb/>
benartig ausge&#x017F;chnitten. Alle Möven &#x017F;ind Stoßtaucher, ihr Flug<lb/>
äußer&#x017F;t ge&#x017F;chickt und zierlich, einige, wie die Raubmöven <hi rendition="#aq">(Lestris)</hi> leben<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t haupt&#x017F;ächlich davon, daß &#x017F;ie andere Stoßtaucher &#x017F;o lange ver-<lb/>
folgen, bis die&#x017F;e die erha&#x017F;chte Beute fallen la&#x017F;&#x017F;en, welche &#x017F;ie dann im<lb/>
ra&#x017F;chen Fluge weg&#x017F;chnappen, ehe &#x017F;ie noch den Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;piegel erreicht.<lb/>
Die Möven leben be&#x017F;onders in nördlichen Meeren, kommen aber auch,<lb/>
be&#x017F;onders im Winter, auf die &#x017F;üßen Gewä&#x017F;&#x017F;er der gemäßigten Zonen.<lb/><hi rendition="#aq">Larus; Rhynchops; Sterna; Lestris</hi>.</p><lb/>
              <p>Die Familie der <hi rendition="#b">Sturmvögel</hi> <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">Procellarida</hi>)</hi> theilt mit den vori-<lb/><figure><head>Fig. 1266.</head><lb/><p>Kleiner Sturmvogel <hi rendition="#aq">(Procellaria vittata)</hi>.</p></figure><lb/>
gen im Allgemeinen die Körperform,<lb/>
die &#x017F;ehr langen, oft &#x017F;äbelartigen<lb/>
Flügel, welche die größte Zahl von<lb/>
Arm&#x017F;chwingen in der ganzen Kla&#x017F;&#x017F;e<lb/>
der Vögel be&#x017F;itzen und das ausge-<lb/>
zeichnete Flugvermögen, unter&#x017F;cheidet<lb/>
&#x017F;ich aber von ihnen we&#x017F;entlich durch<lb/>
die Füße, an welchen die Hinterzehe<lb/>
ganz fehlt oder nur durch einen<lb/>
kurzen, klauentragenden Stummel<lb/>
er&#x017F;etzt i&#x017F;t und durch die Bildung<lb/>
des Schnabels. Die&#x017F;er i&#x017F;t nämlich<lb/>
ziemlich lang, gerade, etwas abgeplattet, der Oberkiefer vorn kuppig<lb/>
herabgebogen, die Dillenecke des Unterkiefers kantig vor&#x017F;tehend und<lb/>
beide Theile deutlich von der hinteren Partie des Schnabels abge&#x017F;etzt,<lb/>
auf welcher noch die zu einer vor&#x017F;tehenden Röhre vereinigten Na&#x017F;en-<lb/>
löcher auf&#x017F;itzen. Die Sturmvögel können gar nicht tauchen, &#x017F;ind da-<lb/>
gegen we&#x017F;entlich darauf angewie&#x017F;en, ihre Nahrung auf den hochgehen-<lb/>
den Wellen zu &#x017F;uchen, auf denen &#x017F;ie gewöhnlich mit ausgebreiteten<lb/>
Flügeln laufen oder flattern und deßhalb von den Seefahrern als<lb/>
Vorboten des Sturmes ange&#x017F;ehen werden. Sie kommen in allen<lb/>
Meeren vor und brüten auf nackten Fel&#x017F;en, mei&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t ohne Ne&#x017F;t.<lb/><hi rendition="#aq">Diomedea; Procellaria; Thalassidroma; Puffinus</hi>.</p>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[364/0370] fällen breiter oder auch mit ungleichen Kieferhälften verſehen. Die Füße ſind nur dreizehige Schwimmfüße mit einer freien Hinterzehe, wodurch ſie ſich weſentlich von der vorigen Familie unterſcheiden; die Flügel ſind lang, ſpitz, oft ſäbelförmig, der Schwanz zuweilen ſchwal- benartig ausgeſchnitten. Alle Möven ſind Stoßtaucher, ihr Flug äußerſt geſchickt und zierlich, einige, wie die Raubmöven (Lestris) leben ſelbſt hauptſächlich davon, daß ſie andere Stoßtaucher ſo lange ver- folgen, bis dieſe die erhaſchte Beute fallen laſſen, welche ſie dann im raſchen Fluge wegſchnappen, ehe ſie noch den Waſſerſpiegel erreicht. Die Möven leben beſonders in nördlichen Meeren, kommen aber auch, beſonders im Winter, auf die ſüßen Gewäſſer der gemäßigten Zonen. Larus; Rhynchops; Sterna; Lestris. Die Familie der Sturmvögel (Procellarida) theilt mit den vori- [Abbildung Fig. 1266. Kleiner Sturmvogel (Procellaria vittata).] gen im Allgemeinen die Körperform, die ſehr langen, oft ſäbelartigen Flügel, welche die größte Zahl von Armſchwingen in der ganzen Klaſſe der Vögel beſitzen und das ausge- zeichnete Flugvermögen, unterſcheidet ſich aber von ihnen weſentlich durch die Füße, an welchen die Hinterzehe ganz fehlt oder nur durch einen kurzen, klauentragenden Stummel erſetzt iſt und durch die Bildung des Schnabels. Dieſer iſt nämlich ziemlich lang, gerade, etwas abgeplattet, der Oberkiefer vorn kuppig herabgebogen, die Dillenecke des Unterkiefers kantig vorſtehend und beide Theile deutlich von der hinteren Partie des Schnabels abgeſetzt, auf welcher noch die zu einer vorſtehenden Röhre vereinigten Naſen- löcher aufſitzen. Die Sturmvögel können gar nicht tauchen, ſind da- gegen weſentlich darauf angewieſen, ihre Nahrung auf den hochgehen- den Wellen zu ſuchen, auf denen ſie gewöhnlich mit ausgebreiteten Flügeln laufen oder flattern und deßhalb von den Seefahrern als Vorboten des Sturmes angeſehen werden. Sie kommen in allen Meeren vor und brüten auf nackten Felſen, meiſt ſelbſt ohne Neſt. Diomedea; Procellaria; Thalassidroma; Puffinus.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/370
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/370>, abgerufen am 26.04.2024.