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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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[Abbildung] Fig. 1455.

Der kleine Pfeifhase (Lagomys pusillus).

Die Familie der Hasen (Leporida) ist ihrer äußeren Erscheinung
nach allgemein durch die beiden bei uns einheimischen Arten, den Ha-
sen und das Kaninchen, bekannt, ist übrigens eine der wenigen Fami-
lien, welche von den übrigen durch scharf bestimmte Charaktere sich
abgränzen lassen. Hinter den großen Schneidezähnen des Oberkiefers,
die eine mittlere Längsfurche zeigen, stehen nämlich in derselben Längs-
linie zwei kleinere unvollkommene Schneidezähnchen, die einzig bei dieser
Familie vorkommen. Die Backzähne haben eine mittlere quere Schmelz-
brücke, so daß jeder Zahn aus zwei Hälften zusammengeschmolzen
erscheint. Außer diesem zeichnet sich der Schädel der Hasen noch da-
durch aus, daß die Scheidewand zwischen den großen Augenhöhlen
zwar vollständig ist, die Löcher für den Durchtritt der Sehnerven
aber so nach innen gegen die Mittellinie geschoben sind, daß sie nur
eine einzige durch die davor stehende Scheidewand getheilte Oeffnung
darstellen. Die beiden Gaumenlöcher sind so groß, daß der knöcherne
Gaumen nur eine schmale Längsleiste darstellt, welche von dem zahn-
tragenden Oberkiefertheile durch weite ovale Löcher getrennt ist; der
Wangentheil des Oberkiefers bildet nicht eine solide Knochenplatte wie
bei den übrigen Nagern, sondern ist überall siebartig durchbrochen,
wie dieß auch bei den Wiederkäuern ziemlich allgemein vorkommt.
Die Entwicklung der Extremitäten ist bei den Hasen sehr ungleich,
indem die Hinterfüße bei weitem stärker, die Vorderfüße dagegen nur
schwach und mit unvollkommenen Schlüsselbeinen versehen sind. Lepus;
Lagomys
.



[Abbildung] Fig. 1455.

Der kleine Pfeifhaſe (Lagomys pusillus).

Die Familie der Haſen (Leporida) iſt ihrer äußeren Erſcheinung
nach allgemein durch die beiden bei uns einheimiſchen Arten, den Ha-
ſen und das Kaninchen, bekannt, iſt übrigens eine der wenigen Fami-
lien, welche von den übrigen durch ſcharf beſtimmte Charaktere ſich
abgränzen laſſen. Hinter den großen Schneidezähnen des Oberkiefers,
die eine mittlere Längsfurche zeigen, ſtehen nämlich in derſelben Längs-
linie zwei kleinere unvollkommene Schneidezähnchen, die einzig bei dieſer
Familie vorkommen. Die Backzähne haben eine mittlere quere Schmelz-
brücke, ſo daß jeder Zahn aus zwei Hälften zuſammengeſchmolzen
erſcheint. Außer dieſem zeichnet ſich der Schädel der Haſen noch da-
durch aus, daß die Scheidewand zwiſchen den großen Augenhöhlen
zwar vollſtändig iſt, die Löcher für den Durchtritt der Sehnerven
aber ſo nach innen gegen die Mittellinie geſchoben ſind, daß ſie nur
eine einzige durch die davor ſtehende Scheidewand getheilte Oeffnung
darſtellen. Die beiden Gaumenlöcher ſind ſo groß, daß der knöcherne
Gaumen nur eine ſchmale Längsleiſte darſtellt, welche von dem zahn-
tragenden Oberkiefertheile durch weite ovale Löcher getrennt iſt; der
Wangentheil des Oberkiefers bildet nicht eine ſolide Knochenplatte wie
bei den übrigen Nagern, ſondern iſt überall ſiebartig durchbrochen,
wie dieß auch bei den Wiederkäuern ziemlich allgemein vorkommt.
Die Entwicklung der Extremitäten iſt bei den Haſen ſehr ungleich,
indem die Hinterfüße bei weitem ſtärker, die Vorderfüße dagegen nur
ſchwach und mit unvollkommenen Schlüſſelbeinen verſehen ſind. Lepus;
Lagomys
.


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[514/0520] [Abbildung Fig. 1455. Der kleine Pfeifhaſe (Lagomys pusillus). ] Die Familie der Haſen (Leporida) iſt ihrer äußeren Erſcheinung nach allgemein durch die beiden bei uns einheimiſchen Arten, den Ha- ſen und das Kaninchen, bekannt, iſt übrigens eine der wenigen Fami- lien, welche von den übrigen durch ſcharf beſtimmte Charaktere ſich abgränzen laſſen. Hinter den großen Schneidezähnen des Oberkiefers, die eine mittlere Längsfurche zeigen, ſtehen nämlich in derſelben Längs- linie zwei kleinere unvollkommene Schneidezähnchen, die einzig bei dieſer Familie vorkommen. Die Backzähne haben eine mittlere quere Schmelz- brücke, ſo daß jeder Zahn aus zwei Hälften zuſammengeſchmolzen erſcheint. Außer dieſem zeichnet ſich der Schädel der Haſen noch da- durch aus, daß die Scheidewand zwiſchen den großen Augenhöhlen zwar vollſtändig iſt, die Löcher für den Durchtritt der Sehnerven aber ſo nach innen gegen die Mittellinie geſchoben ſind, daß ſie nur eine einzige durch die davor ſtehende Scheidewand getheilte Oeffnung darſtellen. Die beiden Gaumenlöcher ſind ſo groß, daß der knöcherne Gaumen nur eine ſchmale Längsleiſte darſtellt, welche von dem zahn- tragenden Oberkiefertheile durch weite ovale Löcher getrennt iſt; der Wangentheil des Oberkiefers bildet nicht eine ſolide Knochenplatte wie bei den übrigen Nagern, ſondern iſt überall ſiebartig durchbrochen, wie dieß auch bei den Wiederkäuern ziemlich allgemein vorkommt. Die Entwicklung der Extremitäten iſt bei den Haſen ſehr ungleich, indem die Hinterfüße bei weitem ſtärker, die Vorderfüße dagegen nur ſchwach und mit unvollkommenen Schlüſſelbeinen verſehen ſind. Lepus; Lagomys.

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/520>, abgerufen am 13.05.2024.