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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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wöhnliche ovale Gestalt der Langköpfe, steil ansteigende, breite Stirn,
wenig eingedrückte Schläfengruben und schöne Wölbung der regel-
mäßigen Schädelkapsel; dagegen sind die Kiefer sehr kräftig, stark vor-
stehend und die Schneidezähne schief gestellt, so daß hierdurch offenbar
eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Negertypus hergestellt wird.

Dieselbe Aehnlichkeit mit dem Negertypus in Betreff der dunklen
Hautfarbe, der etwas aufgeworfenen Lippen und der ziemlich platten
Nase zeigt sich bei denjenigen Stämmen der Syro-Araber, welche un-
ter dem Namen der Abyssinier, der Schangala's oder Nubier,
der Tibbus und der Gallas bekannt sind. Bei diesen neigt sich
der Typus bald mehr dem afrikanischen durch eine stumpfe Nase, dicke
Lippen und sehr lockiges Haar zu, bald mehr den übrigen Semiten
durch ovale Gesichtsform, schmale, gebogene Nase, wohlgestaltete Lip-
pen und lebhafte, weit geschlitzte Augen. Alle diese Völker haben in-
deß so wie die übrigen semitischen Stämme die gerade Stellung der
Zähne und das Zurückweichen der Kiefer, welches dem gewöhnlichen
langköpfigen Typus angehört, miteinander gemein. Am höchsten er-
hebt sich der Typus dieses großen syro-arabischen Volksstammes in den
Berbern, den Arabern und den Juden, welche als engere
Zweige desselben Stammes anzusehen sind. Das Gesicht bildet bei
ihnen ein längliches Oval; das Haar ist schlicht, lang; die Stirn
steil; die Augenbrauen wohl geschweift; die Nase groß, scharf, meist
ziemlich gebogen; die Backenknochen etwas vorstehend; die Nasenöff-
nungen Sförmig geschweift; der Mund wohl gebildet, der Bart stark
und lockig; die Augen groß, von schwarzer Farbe; die Hautfarbe ge-
wöhnlich braungelb, bei den Weibern oft ziemlich weiß. Die Schä-
del sind oval, der Scheitel sehr erhaben, die Augenhöhlen sehr weit,
die Schädelknochen im Allgemeinen sehr dünn und zart, der Glieder-
bau zart, aber sehnig.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Volk der Guanchen,
welches noch in historischer Zeit die kanarischen Inseln bewohnte, und
von den Eroberern im Namen des Christenthums auf die scheußlichste
Art ausgerottet wurde, so daß wir jetzt nur noch trockene Mumien
von ihnen kennen, nach allen physischen Merkmalen, so wie nach den
auf uns gekommenen Ueberresten ihrer Sprache zu dem syro-arabi-
schen Stamme gehörte.

Das kleine Volk der Basken, welches der letzte Ueberrest der
alten Iberier ist, spricht eine Sprache, welche von allen übrigen

wöhnliche ovale Geſtalt der Langköpfe, ſteil anſteigende, breite Stirn,
wenig eingedrückte Schläfengruben und ſchöne Wölbung der regel-
mäßigen Schädelkapſel; dagegen ſind die Kiefer ſehr kräftig, ſtark vor-
ſtehend und die Schneidezähne ſchief geſtellt, ſo daß hierdurch offenbar
eine gewiſſe Aehnlichkeit mit dem Negertypus hergeſtellt wird.

Dieſelbe Aehnlichkeit mit dem Negertypus in Betreff der dunklen
Hautfarbe, der etwas aufgeworfenen Lippen und der ziemlich platten
Naſe zeigt ſich bei denjenigen Stämmen der Syro-Araber, welche un-
ter dem Namen der Abyſſinier, der Schangala’s oder Nubier,
der Tibbus und der Gallas bekannt ſind. Bei dieſen neigt ſich
der Typus bald mehr dem afrikaniſchen durch eine ſtumpfe Naſe, dicke
Lippen und ſehr lockiges Haar zu, bald mehr den übrigen Semiten
durch ovale Geſichtsform, ſchmale, gebogene Naſe, wohlgeſtaltete Lip-
pen und lebhafte, weit geſchlitzte Augen. Alle dieſe Völker haben in-
deß ſo wie die übrigen ſemitiſchen Stämme die gerade Stellung der
Zähne und das Zurückweichen der Kiefer, welches dem gewöhnlichen
langköpfigen Typus angehört, miteinander gemein. Am höchſten er-
hebt ſich der Typus dieſes großen ſyro-arabiſchen Volksſtammes in den
Berbern, den Arabern und den Juden, welche als engere
Zweige deſſelben Stammes anzuſehen ſind. Das Geſicht bildet bei
ihnen ein längliches Oval; das Haar iſt ſchlicht, lang; die Stirn
ſteil; die Augenbrauen wohl geſchweift; die Naſe groß, ſcharf, meiſt
ziemlich gebogen; die Backenknochen etwas vorſtehend; die Naſenöff-
nungen Sförmig geſchweift; der Mund wohl gebildet, der Bart ſtark
und lockig; die Augen groß, von ſchwarzer Farbe; die Hautfarbe ge-
wöhnlich braungelb, bei den Weibern oft ziemlich weiß. Die Schä-
del ſind oval, der Scheitel ſehr erhaben, die Augenhöhlen ſehr weit,
die Schädelknochen im Allgemeinen ſehr dünn und zart, der Glieder-
bau zart, aber ſehnig.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Volk der Guanchen,
welches noch in hiſtoriſcher Zeit die kanariſchen Inſeln bewohnte, und
von den Eroberern im Namen des Chriſtenthums auf die ſcheußlichſte
Art ausgerottet wurde, ſo daß wir jetzt nur noch trockene Mumien
von ihnen kennen, nach allen phyſiſchen Merkmalen, ſo wie nach den
auf uns gekommenen Ueberreſten ihrer Sprache zu dem ſyro-arabi-
ſchen Stamme gehörte.

Das kleine Volk der Basken, welches der letzte Ueberreſt der
alten Iberier iſt, ſpricht eine Sprache, welche von allen übrigen

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[569/0575] wöhnliche ovale Geſtalt der Langköpfe, ſteil anſteigende, breite Stirn, wenig eingedrückte Schläfengruben und ſchöne Wölbung der regel- mäßigen Schädelkapſel; dagegen ſind die Kiefer ſehr kräftig, ſtark vor- ſtehend und die Schneidezähne ſchief geſtellt, ſo daß hierdurch offenbar eine gewiſſe Aehnlichkeit mit dem Negertypus hergeſtellt wird. Dieſelbe Aehnlichkeit mit dem Negertypus in Betreff der dunklen Hautfarbe, der etwas aufgeworfenen Lippen und der ziemlich platten Naſe zeigt ſich bei denjenigen Stämmen der Syro-Araber, welche un- ter dem Namen der Abyſſinier, der Schangala’s oder Nubier, der Tibbus und der Gallas bekannt ſind. Bei dieſen neigt ſich der Typus bald mehr dem afrikaniſchen durch eine ſtumpfe Naſe, dicke Lippen und ſehr lockiges Haar zu, bald mehr den übrigen Semiten durch ovale Geſichtsform, ſchmale, gebogene Naſe, wohlgeſtaltete Lip- pen und lebhafte, weit geſchlitzte Augen. Alle dieſe Völker haben in- deß ſo wie die übrigen ſemitiſchen Stämme die gerade Stellung der Zähne und das Zurückweichen der Kiefer, welches dem gewöhnlichen langköpfigen Typus angehört, miteinander gemein. Am höchſten er- hebt ſich der Typus dieſes großen ſyro-arabiſchen Volksſtammes in den Berbern, den Arabern und den Juden, welche als engere Zweige deſſelben Stammes anzuſehen ſind. Das Geſicht bildet bei ihnen ein längliches Oval; das Haar iſt ſchlicht, lang; die Stirn ſteil; die Augenbrauen wohl geſchweift; die Naſe groß, ſcharf, meiſt ziemlich gebogen; die Backenknochen etwas vorſtehend; die Naſenöff- nungen Sförmig geſchweift; der Mund wohl gebildet, der Bart ſtark und lockig; die Augen groß, von ſchwarzer Farbe; die Hautfarbe ge- wöhnlich braungelb, bei den Weibern oft ziemlich weiß. Die Schä- del ſind oval, der Scheitel ſehr erhaben, die Augenhöhlen ſehr weit, die Schädelknochen im Allgemeinen ſehr dünn und zart, der Glieder- bau zart, aber ſehnig. Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Volk der Guanchen, welches noch in hiſtoriſcher Zeit die kanariſchen Inſeln bewohnte, und von den Eroberern im Namen des Chriſtenthums auf die ſcheußlichſte Art ausgerottet wurde, ſo daß wir jetzt nur noch trockene Mumien von ihnen kennen, nach allen phyſiſchen Merkmalen, ſo wie nach den auf uns gekommenen Ueberreſten ihrer Sprache zu dem ſyro-arabi- ſchen Stamme gehörte. Das kleine Volk der Basken, welches der letzte Ueberreſt der alten Iberier iſt, ſpricht eine Sprache, welche von allen übrigen

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 569. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/575>, abgerufen am 26.04.2024.