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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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Menge theils gewaltiger, theils gefährlicher Reptilien, worunter ich
namentlich die Felsenschlange (Bungarus), den Gavial (Rhamphorhyn-
chus)
, die giftigen Seeschlangen (Hydrus) und die schnappenden Fluß-
schildkröten (Trionyx gangetica) aufführe. Zu den Familien der
eigentlichen Eidechsen und Gekkos gesellt sich hier besonders die selt-
same Familie der Leguane mit angewachsenen Zähnen (Acrodonta).
Der Reichthum der Insektenwelt ist außerordentlich. Unter den Spin-
nen zeichnen sich besonders die Geißelscorpione (Phrynida) und die
Scorpionspinnen (Galeodes) aus; unter der Krustenthieren die Land-
krabben (Gecarcinus), unter den Lurchen das vorwiegende Verhältniß
der Baum- und Laubfrösche (Hylida).

So wie in seiner physischen Constitution, so zeigt sich auch das
tropische Afrika in seiner Fauna durchaus verschieden von den
Tropengegenden des asiatischen Continents. Das Flußgebiet des Nils
bildet gewissermaßen einen Ausläufer dieser Faunen gegen Norden
hin, an dessen Gränze sich die Thierwelt des Mittelmeeres mehr oder
minder mit derjenigen des tropischen Afrika's mischt. Eine große An-
zahl von Gazellenarten (Antilope) durchstreifen die Wüsten und Ebe-
nen des tropischen Afrika's, gejagt von dem Serval (Felis serval) und
dem Jagdtiger, Guepard (Cynailurus), während der Löwe hier eben
so unumschränkt herrscht, wie in Indien der Tiger. Die Giraffe
(Camelopardalis) und das Nilpferd (Hippopotamus), sowie der Schim-
panse (Simia troglodytes) sind diesem Continent vollkommen eigen-
thümlich. Madagaskar, sowie die benachbarte östliche Küste zeichnet
sich durch seine besondere Bevölkerung an Halbaffen aus. Der zwei-
zehige Strauß (Struthio camelus), das Nilkrokodil, der Schuppenlurch
(Protopterus) des Gambia, der elektrische Wels (Malapterurus), der
Flösselhecht (Polypterus) und die Nilhechte (Mormyrida) charakterisiren
die übrigen Klassen der Wirbelthiere, während die Weichthiere sich
besonders durch die Flußaustern (Etherida), die Ampullarien und eine
große Menge von Landschnecken auszeichnen. Große Skorpione, Skor-
pionspinnen und Skolopender sind vorzüglich unter den spinnenartigen
Thieren bemerkenswerth. Eine ganz eigenthümliche Bevölkerung zeigt
dann noch das Capland, wo die Flußpferde, Nashörner und Elephan-
ten Centralafrika's mit dem Klippdachse (Hyrax capensis), dem Lar-
venschweine (Phacochoerus), dem Ameisenschweine (Orycteropus) und
dem Schakal, der Hyäne und dem Löwen zusammentreffen, während
zugleich der Madenhacker (Buphaga) unter den Vögeln und die zun-
genlose Hufkröte (Dactylethra) unter den Lurchen als besondere Typen
hervortreten.


Menge theils gewaltiger, theils gefährlicher Reptilien, worunter ich
namentlich die Felſenſchlange (Bungarus), den Gavial (Rhamphorhyn-
chus)
, die giftigen Seeſchlangen (Hydrus) und die ſchnappenden Fluß-
ſchildkröten (Trionyx gangetica) aufführe. Zu den Familien der
eigentlichen Eidechſen und Gekkos geſellt ſich hier beſonders die ſelt-
ſame Familie der Leguane mit angewachſenen Zähnen (Acrodonta).
Der Reichthum der Inſektenwelt iſt außerordentlich. Unter den Spin-
nen zeichnen ſich beſonders die Geißelſcorpione (Phrynida) und die
Scorpionſpinnen (Galeodes) aus; unter der Kruſtenthieren die Land-
krabben (Gecarcinus), unter den Lurchen das vorwiegende Verhältniß
der Baum- und Laubfröſche (Hylida).

So wie in ſeiner phyſiſchen Conſtitution, ſo zeigt ſich auch das
tropiſche Afrika in ſeiner Fauna durchaus verſchieden von den
Tropengegenden des aſiatiſchen Continents. Das Flußgebiet des Nils
bildet gewiſſermaßen einen Ausläufer dieſer Faunen gegen Norden
hin, an deſſen Gränze ſich die Thierwelt des Mittelmeeres mehr oder
minder mit derjenigen des tropiſchen Afrika’s miſcht. Eine große An-
zahl von Gazellenarten (Antilope) durchſtreifen die Wüſten und Ebe-
nen des tropiſchen Afrika’s, gejagt von dem Serval (Felis serval) und
dem Jagdtiger, Guepard (Cynailurus), während der Löwe hier eben
ſo unumſchränkt herrſcht, wie in Indien der Tiger. Die Giraffe
(Camelopardalis) und das Nilpferd (Hippopotamus), ſowie der Schim-
panſe (Simia troglodytes) ſind dieſem Continent vollkommen eigen-
thümlich. Madagaskar, ſowie die benachbarte öſtliche Küſte zeichnet
ſich durch ſeine beſondere Bevölkerung an Halbaffen aus. Der zwei-
zehige Strauß (Struthio camelus), das Nilkrokodil, der Schuppenlurch
(Protopterus) des Gambia, der elektriſche Wels (Malapterurus), der
Flöſſelhecht (Polypterus) und die Nilhechte (Mormyrida) charakteriſiren
die übrigen Klaſſen der Wirbelthiere, während die Weichthiere ſich
beſonders durch die Flußauſtern (Etherida), die Ampullarien und eine
große Menge von Landſchnecken auszeichnen. Große Skorpione, Skor-
pionſpinnen und Skolopender ſind vorzüglich unter den ſpinnenartigen
Thieren bemerkenswerth. Eine ganz eigenthümliche Bevölkerung zeigt
dann noch das Capland, wo die Flußpferde, Nashörner und Elephan-
ten Centralafrika’s mit dem Klippdachſe (Hyrax capensis), dem Lar-
venſchweine (Phacochoerus), dem Ameiſenſchweine (Orycteropus) und
dem Schakal, der Hyäne und dem Löwen zuſammentreffen, während
zugleich der Madenhacker (Buphaga) unter den Vögeln und die zun-
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[585/0591] Menge theils gewaltiger, theils gefährlicher Reptilien, worunter ich namentlich die Felſenſchlange (Bungarus), den Gavial (Rhamphorhyn- chus), die giftigen Seeſchlangen (Hydrus) und die ſchnappenden Fluß- ſchildkröten (Trionyx gangetica) aufführe. Zu den Familien der eigentlichen Eidechſen und Gekkos geſellt ſich hier beſonders die ſelt- ſame Familie der Leguane mit angewachſenen Zähnen (Acrodonta). Der Reichthum der Inſektenwelt iſt außerordentlich. Unter den Spin- nen zeichnen ſich beſonders die Geißelſcorpione (Phrynida) und die Scorpionſpinnen (Galeodes) aus; unter der Kruſtenthieren die Land- krabben (Gecarcinus), unter den Lurchen das vorwiegende Verhältniß der Baum- und Laubfröſche (Hylida). So wie in ſeiner phyſiſchen Conſtitution, ſo zeigt ſich auch das tropiſche Afrika in ſeiner Fauna durchaus verſchieden von den Tropengegenden des aſiatiſchen Continents. Das Flußgebiet des Nils bildet gewiſſermaßen einen Ausläufer dieſer Faunen gegen Norden hin, an deſſen Gränze ſich die Thierwelt des Mittelmeeres mehr oder minder mit derjenigen des tropiſchen Afrika’s miſcht. Eine große An- zahl von Gazellenarten (Antilope) durchſtreifen die Wüſten und Ebe- nen des tropiſchen Afrika’s, gejagt von dem Serval (Felis serval) und dem Jagdtiger, Guepard (Cynailurus), während der Löwe hier eben ſo unumſchränkt herrſcht, wie in Indien der Tiger. Die Giraffe (Camelopardalis) und das Nilpferd (Hippopotamus), ſowie der Schim- panſe (Simia troglodytes) ſind dieſem Continent vollkommen eigen- thümlich. Madagaskar, ſowie die benachbarte öſtliche Küſte zeichnet ſich durch ſeine beſondere Bevölkerung an Halbaffen aus. Der zwei- zehige Strauß (Struthio camelus), das Nilkrokodil, der Schuppenlurch (Protopterus) des Gambia, der elektriſche Wels (Malapterurus), der Flöſſelhecht (Polypterus) und die Nilhechte (Mormyrida) charakteriſiren die übrigen Klaſſen der Wirbelthiere, während die Weichthiere ſich beſonders durch die Flußauſtern (Etherida), die Ampullarien und eine große Menge von Landſchnecken auszeichnen. Große Skorpione, Skor- pionſpinnen und Skolopender ſind vorzüglich unter den ſpinnenartigen Thieren bemerkenswerth. Eine ganz eigenthümliche Bevölkerung zeigt dann noch das Capland, wo die Flußpferde, Nashörner und Elephan- ten Centralafrika’s mit dem Klippdachſe (Hyrax capensis), dem Lar- venſchweine (Phacochoerus), dem Ameiſenſchweine (Orycteropus) und dem Schakal, der Hyäne und dem Löwen zuſammentreffen, während zugleich der Madenhacker (Buphaga) unter den Vögeln und die zun- genloſe Hufkröte (Dactylethra) unter den Lurchen als beſondere Typen hervortreten.

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/591>, abgerufen am 09.05.2024.