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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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porgehoben, die ungestüme Heldengluth aber, in
ihrer, besonders den hohen Theil im Gehirn be¬
wegenden Seelenthätigkeit, hatte sie schnell hin¬
ausgedrängt, und wie es Guido schien, bis an
die Linie welche Inis Ideal verlangte. Dage¬
gen wenn er sein Profil in zwei Spiegeln be¬
sah, konnte er mit seiner Stirn noch nicht zu¬
frieden sein. Denn dort war immer noch nicht
genug geschehen, noch lag sie nur in einer Per¬
pendikuläre mit dem Kinn, da sie gleichwohl
um ein Gutes hätte vordringen müssen. Guido
sagte sich unter diesen Umständen, was ich bis¬
her dachte, war noch immer nicht genug, der
Summe nach, oft auch nur flüchtiger Aufflug
der Imaginazion. Ich muß mehrere Gegen¬
stände in die innere Welt rufen, und durch fort¬
fahrende schwere Kraftübung des Denkens, des
Gehirnes Masse vermehren. Dann habe ich mich
auch vorzüglich mit Dingen zu beschäftigen, die
die Empfindung ausschließen, rein abgezogen
sind. Nur so ist das vorliegende Mark des
Schädels thätig, wächst an und stößt seine ge¬
stärkte Hülle weiter. Die Hoffnung, auch das
werde gelingen, erhob seinen Muth.

Er

porgehoben, die ungeſtuͤme Heldengluth aber, in
ihrer, beſonders den hohen Theil im Gehirn be¬
wegenden Seelenthaͤtigkeit, hatte ſie ſchnell hin¬
ausgedraͤngt, und wie es Guido ſchien, bis an
die Linie welche Inis Ideal verlangte. Dage¬
gen wenn er ſein Profil in zwei Spiegeln be¬
ſah, konnte er mit ſeiner Stirn noch nicht zu¬
frieden ſein. Denn dort war immer noch nicht
genug geſchehen, noch lag ſie nur in einer Per¬
pendikulaͤre mit dem Kinn, da ſie gleichwohl
um ein Gutes haͤtte vordringen muͤſſen. Guido
ſagte ſich unter dieſen Umſtaͤnden, was ich bis¬
her dachte, war noch immer nicht genug, der
Summe nach, oft auch nur fluͤchtiger Aufflug
der Imaginazion. Ich muß mehrere Gegen¬
ſtaͤnde in die innere Welt rufen, und durch fort¬
fahrende ſchwere Kraftuͤbung des Denkens, des
Gehirnes Maſſe vermehren. Dann habe ich mich
auch vorzuͤglich mit Dingen zu beſchaͤftigen, die
die Empfindung ausſchließen, rein abgezogen
ſind. Nur ſo iſt das vorliegende Mark des
Schaͤdels thaͤtig, waͤchſt an und ſtoͤßt ſeine ge¬
ſtaͤrkte Huͤlle weiter. Die Hoffnung, auch das
werde gelingen, erhob ſeinen Muth.

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[128/0140] porgehoben, die ungeſtuͤme Heldengluth aber, in ihrer, beſonders den hohen Theil im Gehirn be¬ wegenden Seelenthaͤtigkeit, hatte ſie ſchnell hin¬ ausgedraͤngt, und wie es Guido ſchien, bis an die Linie welche Inis Ideal verlangte. Dage¬ gen wenn er ſein Profil in zwei Spiegeln be¬ ſah, konnte er mit ſeiner Stirn noch nicht zu¬ frieden ſein. Denn dort war immer noch nicht genug geſchehen, noch lag ſie nur in einer Per¬ pendikulaͤre mit dem Kinn, da ſie gleichwohl um ein Gutes haͤtte vordringen muͤſſen. Guido ſagte ſich unter dieſen Umſtaͤnden, was ich bis¬ her dachte, war noch immer nicht genug, der Summe nach, oft auch nur fluͤchtiger Aufflug der Imaginazion. Ich muß mehrere Gegen¬ ſtaͤnde in die innere Welt rufen, und durch fort¬ fahrende ſchwere Kraftuͤbung des Denkens, des Gehirnes Maſſe vermehren. Dann habe ich mich auch vorzuͤglich mit Dingen zu beſchaͤftigen, die die Empfindung ausſchließen, rein abgezogen ſind. Nur ſo iſt das vorliegende Mark des Schaͤdels thaͤtig, waͤchſt an und ſtoͤßt ſeine ge¬ ſtaͤrkte Huͤlle weiter. Die Hoffnung, auch das werde gelingen, erhob ſeinen Muth. Er

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/140>, abgerufen am 29.03.2024.