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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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höhung. Süß strömte der Duft hinauf, die
Treibhäuser waren von ihren Orangenblüthen
und Rosen geplündert, nimmer hatten Guido,
selbst auf dem heimathlichen Eilande, so holde
Gerüche gelabt.

Alle ohne Ausnahme waren schön, lieblich,
anmuthig, denn die, welchen die Natur diese
Mitgift versagt hatte, pflegten an einem solchen
Tage unpäßlich zu sein, um nicht so vielem
Lichte die Schatten zu geben.

Hundert von den Jungfrauen unterhielt der
Tempel für den musikalischen Kultus. Gestalt
und wohltönende Stimme, waren die Bedin¬
gungen, unter welchen man sie annahm. Gute
Lehrer unterwiesen die Huldinnen, erst nach be¬
deutender Fertigkeit durften sie öffentlich auf¬
treten. Kein Instrument begleitete ihre Lieder,
und wie diese Zeit auch die Harmonika, die
Flöte, die Harfe vervollkommnet hatte, den Zu¬
sammenklang Hundert reiner wohlgeübter Mäd¬
chenorgane, würden sie immer nur gestört, nicht
erhoben haben.

Sie sangen einen Himnus, der in die Sprache
früherer Zeiten übertragen, so weit es möglich ist,
den höheren Ausdruck des Idioms im ein und

hoͤhung. Suͤß ſtroͤmte der Duft hinauf, die
Treibhaͤuſer waren von ihren Orangenbluͤthen
und Roſen gepluͤndert, nimmer hatten Guido,
ſelbſt auf dem heimathlichen Eilande, ſo holde
Geruͤche gelabt.

Alle ohne Ausnahme waren ſchoͤn, lieblich,
anmuthig, denn die, welchen die Natur dieſe
Mitgift verſagt hatte, pflegten an einem ſolchen
Tage unpaͤßlich zu ſein, um nicht ſo vielem
Lichte die Schatten zu geben.

Hundert von den Jungfrauen unterhielt der
Tempel fuͤr den muſikaliſchen Kultus. Geſtalt
und wohltoͤnende Stimme, waren die Bedin¬
gungen, unter welchen man ſie annahm. Gute
Lehrer unterwieſen die Huldinnen, erſt nach be¬
deutender Fertigkeit durften ſie oͤffentlich auf¬
treten. Kein Inſtrument begleitete ihre Lieder,
und wie dieſe Zeit auch die Harmonika, die
Floͤte, die Harfe vervollkommnet hatte, den Zu¬
ſammenklang Hundert reiner wohlgeuͤbter Maͤd¬
chenorgane, wuͤrden ſie immer nur geſtoͤrt, nicht
erhoben haben.

Sie ſangen einen Himnus, der in die Sprache
fruͤherer Zeiten uͤbertragen, ſo weit es moͤglich iſt,
den hoͤheren Ausdruck des Idioms im ein und

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[153/0165] hoͤhung. Suͤß ſtroͤmte der Duft hinauf, die Treibhaͤuſer waren von ihren Orangenbluͤthen und Roſen gepluͤndert, nimmer hatten Guido, ſelbſt auf dem heimathlichen Eilande, ſo holde Geruͤche gelabt. Alle ohne Ausnahme waren ſchoͤn, lieblich, anmuthig, denn die, welchen die Natur dieſe Mitgift verſagt hatte, pflegten an einem ſolchen Tage unpaͤßlich zu ſein, um nicht ſo vielem Lichte die Schatten zu geben. Hundert von den Jungfrauen unterhielt der Tempel fuͤr den muſikaliſchen Kultus. Geſtalt und wohltoͤnende Stimme, waren die Bedin¬ gungen, unter welchen man ſie annahm. Gute Lehrer unterwieſen die Huldinnen, erſt nach be¬ deutender Fertigkeit durften ſie oͤffentlich auf¬ treten. Kein Inſtrument begleitete ihre Lieder, und wie dieſe Zeit auch die Harmonika, die Floͤte, die Harfe vervollkommnet hatte, den Zu¬ ſammenklang Hundert reiner wohlgeuͤbter Maͤd¬ chenorgane, wuͤrden ſie immer nur geſtoͤrt, nicht erhoben haben. Sie ſangen einen Himnus, der in die Sprache fruͤherer Zeiten uͤbertragen, ſo weit es moͤglich iſt, den hoͤheren Ausdruck des Idioms im ein und

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/165>, abgerufen am 26.04.2024.