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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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ren so frisch, als hätten sie nur eine Stunde
darin gelegen, das Gesicht bläulich aufgetrie¬
ben wie immer bei Ertrunkenen. Verwundernd
blickte alles hin, und harrte ungeduldig auf den
Ausgang.

Die gewöhnlichen Rettungsmittel fanden An¬
wendung, man brachte die Flüssigkeiten aus der
Luftröhre, rieb, erwärmte, flößte ein, u. s. w.
Doch verging eine Stunde nach der anderen,
ohne daß der Zustand des Kadavers sich im min¬
desten umwandelt hätte. Nicht wahr, wir hat¬
ten Recht? sagten die Ungläubigen, wer seine
Wette verlohren glaubte, zog ein verdrießlich
Gesicht.

Endlich rief ein junger Arzt: Vielleicht hin¬
dert der Spiritus, den die Einsaugungsgefäße
aufnahmen, durch den zu großen Reitz den Um¬
schwung der Säfte. Suchen wir ihn in einem
Schwitzbade auszuführen, das ohnehin durch den
hohen Grad von Hitze die Lebenskraft anregen
wird.

Es ist nicht mehr die Rede von Lebenskraft,
entgegnete der Vorsteher, indessen kann man ein
Uebriges thun.

Das Schwitzbad wurde geheitzt, einige kräf¬

ren ſo friſch, als haͤtten ſie nur eine Stunde
darin gelegen, das Geſicht blaͤulich aufgetrie¬
ben wie immer bei Ertrunkenen. Verwundernd
blickte alles hin, und harrte ungeduldig auf den
Ausgang.

Die gewoͤhnlichen Rettungsmittel fanden An¬
wendung, man brachte die Fluͤſſigkeiten aus der
Luftroͤhre, rieb, erwaͤrmte, floͤßte ein, u. ſ. w.
Doch verging eine Stunde nach der anderen,
ohne daß der Zuſtand des Kadavers ſich im min¬
deſten umwandelt haͤtte. Nicht wahr, wir hat¬
ten Recht? ſagten die Unglaͤubigen, wer ſeine
Wette verlohren glaubte, zog ein verdrießlich
Geſicht.

Endlich rief ein junger Arzt: Vielleicht hin¬
dert der Spiritus, den die Einſaugungsgefaͤße
aufnahmen, durch den zu großen Reitz den Um¬
ſchwung der Saͤfte. Suchen wir ihn in einem
Schwitzbade auszufuͤhren, das ohnehin durch den
hohen Grad von Hitze die Lebenskraft anregen
wird.

Es iſt nicht mehr die Rede von Lebenskraft,
entgegnete der Vorſteher, indeſſen kann man ein
Uebriges thun.

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[268/0280] ren ſo friſch, als haͤtten ſie nur eine Stunde darin gelegen, das Geſicht blaͤulich aufgetrie¬ ben wie immer bei Ertrunkenen. Verwundernd blickte alles hin, und harrte ungeduldig auf den Ausgang. Die gewoͤhnlichen Rettungsmittel fanden An¬ wendung, man brachte die Fluͤſſigkeiten aus der Luftroͤhre, rieb, erwaͤrmte, floͤßte ein, u. ſ. w. Doch verging eine Stunde nach der anderen, ohne daß der Zuſtand des Kadavers ſich im min¬ deſten umwandelt haͤtte. Nicht wahr, wir hat¬ ten Recht? ſagten die Unglaͤubigen, wer ſeine Wette verlohren glaubte, zog ein verdrießlich Geſicht. Endlich rief ein junger Arzt: Vielleicht hin¬ dert der Spiritus, den die Einſaugungsgefaͤße aufnahmen, durch den zu großen Reitz den Um¬ ſchwung der Saͤfte. Suchen wir ihn in einem Schwitzbade auszufuͤhren, das ohnehin durch den hohen Grad von Hitze die Lebenskraft anregen wird. Es iſt nicht mehr die Rede von Lebenskraft, entgegnete der Vorſteher, indeſſen kann man ein Uebriges thun. Das Schwitzbad wurde geheitzt, einige kraͤf¬

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/280>, abgerufen am 26.04.2024.