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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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Hier blieb Guido halbe Tage lang, übte den
kaltblütigen Sinn in Lebensgefahr und ärntete
merkwürdige Kenntnisse. Von dem was er sah
und lernte, hielt er ein Tagebuch, brachte das
Vorzüglichere davon in einen Auszug und sandte
ihn durch mitgenommene Tauben an Ini.

Man gelangte in den Archipelagus. Die
meisten Eilande wurden besucht. Sie waren jetzt
zum Theil von Hirten bewohnt, die ein dem
alten arkadischen ähnliches Leben führten, denn
Unschuld und fromme Sitte hatte man einhei¬
misch gemacht; zum Theil aber sahe der Rei¬
sende vortreffliche Anstalten zur Bildung von
Seeleuten und zum Schiffbau, wozu die Lage
einlud.

Guido gesellte sich bisweilen zu den Jüng¬
lingen und Mädchen unter den Hirten. Jene
trugen gemeinhin an einem Bande ein Sehrohr
auf dem Rücken weil sie in klaren Nächten die
Beschäftigung ihrer Urväter trieben und die
Sternkunde bereicherten. Daneben fertigten sie
eine liebliche Art Flöten und begleiteten den
Gesang froher Mädchen, deren Hand zugleich
ungemein wohltönende Citharen rührte. Wie
weit auch diese Musik der Zephirharmonika nach¬

Hier blieb Guido halbe Tage lang, uͤbte den
kaltbluͤtigen Sinn in Lebensgefahr und aͤrntete
merkwuͤrdige Kenntniſſe. Von dem was er ſah
und lernte, hielt er ein Tagebuch, brachte das
Vorzuͤglichere davon in einen Auszug und ſandte
ihn durch mitgenommene Tauben an Ini.

Man gelangte in den Archipelagus. Die
meiſten Eilande wurden beſucht. Sie waren jetzt
zum Theil von Hirten bewohnt, die ein dem
alten arkadiſchen aͤhnliches Leben fuͤhrten, denn
Unſchuld und fromme Sitte hatte man einhei¬
miſch gemacht; zum Theil aber ſahe der Rei¬
ſende vortreffliche Anſtalten zur Bildung von
Seeleuten und zum Schiffbau, wozu die Lage
einlud.

Guido geſellte ſich bisweilen zu den Juͤng¬
lingen und Maͤdchen unter den Hirten. Jene
trugen gemeinhin an einem Bande ein Sehrohr
auf dem Ruͤcken weil ſie in klaren Naͤchten die
Beſchaͤftigung ihrer Urvaͤter trieben und die
Sternkunde bereicherten. Daneben fertigten ſie
eine liebliche Art Floͤten und begleiteten den
Geſang froher Maͤdchen, deren Hand zugleich
ungemein wohltoͤnende Citharen ruͤhrte. Wie
weit auch dieſe Muſik der Zephirharmonika nach¬

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[40/0052] Hier blieb Guido halbe Tage lang, uͤbte den kaltbluͤtigen Sinn in Lebensgefahr und aͤrntete merkwuͤrdige Kenntniſſe. Von dem was er ſah und lernte, hielt er ein Tagebuch, brachte das Vorzuͤglichere davon in einen Auszug und ſandte ihn durch mitgenommene Tauben an Ini. Man gelangte in den Archipelagus. Die meiſten Eilande wurden beſucht. Sie waren jetzt zum Theil von Hirten bewohnt, die ein dem alten arkadiſchen aͤhnliches Leben fuͤhrten, denn Unſchuld und fromme Sitte hatte man einhei¬ miſch gemacht; zum Theil aber ſahe der Rei¬ ſende vortreffliche Anſtalten zur Bildung von Seeleuten und zum Schiffbau, wozu die Lage einlud. Guido geſellte ſich bisweilen zu den Juͤng¬ lingen und Maͤdchen unter den Hirten. Jene trugen gemeinhin an einem Bande ein Sehrohr auf dem Ruͤcken weil ſie in klaren Naͤchten die Beſchaͤftigung ihrer Urvaͤter trieben und die Sternkunde bereicherten. Daneben fertigten ſie eine liebliche Art Floͤten und begleiteten den Geſang froher Maͤdchen, deren Hand zugleich ungemein wohltoͤnende Citharen ruͤhrte. Wie weit auch dieſe Muſik der Zephirharmonika nach¬

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/52>, abgerufen am 26.04.2024.