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Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.

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v. Gröningseck. Warum denn nicht, Närr-
chen?
(küßt ihr mit vieler Hitze die Hand, und sieht
ihr bey jedem Kuß wieder starr in die Augen.)
Evchen. Darum! -- ich will nicht. -- (Er
will sie umarmen und küssen, sie sträubt sich, reißt sich
los, und lauft der Kammer zu.)
Mutter! Mutter
ich bin verlohren. --
v. Gröningseck (ihr nacheilend.) Du sollst mir
doch nicht entlaufen! --
(schmeißt die Kammerthür
zu. Jnnwendig Getös; die alte Wirthin und Marianel
kommen, stellen sich aber als hörten sie nichts; nach und
nach wirds stiller.)
Wirthin. Räum geschwind ab; -- sieh, wie
das alte Murmelthier dort schläft.
Marianel. Hättet ihr mir nur meinen Willen
gelassen; weiß wohl, wer jetzt schlafen müßt! --
da hätt man doch auch was fangen können.
Wirthin. Ja fangen! -- du und der Teufel
fang! Die Offizier sind dir die rechten. -- Da
verlohr einer vom corps royal vorm Jahr einen
lumpichten Kugelring, hat mir der Racker nit
bald's Fell über die Ohren gezogen! -- wollt
mirs Haus über dem Kopf anstecken, wenn ihn nicht
die Christine noch im Strohsack wieder gefunden
hätt. -- Geh du an Galgen mit deinem Fangen!
-- mir komm nit! -- -- Was steckst im Sack
da? he! Staubbesenwaar! was steckst ein? willst
reden? --
Marianel. St! st! eine Tobacksbüchs: --
wir theilen -- gehört dem Marmottel dort. --
Wir-


v. Groͤningseck. Warum denn nicht, Naͤrr-
chen?
(kuͤßt ihr mit vieler Hitze die Hand, und ſieht
ihr bey jedem Kuß wieder ſtarr in die Augen.)
Evchen. Darum! — ich will nicht. — (Er
will ſie umarmen und kuͤſſen, ſie ſtraͤubt ſich, reißt ſich
los, und lauft der Kammer zu.)
Mutter! Mutter
ich bin verlohren. —
v. Groͤningseck (ihr nacheilend.) Du ſollſt mir
doch nicht entlaufen! —
(ſchmeißt die Kammerthuͤr
zu. Jnnwendig Getoͤs; die alte Wirthin und Marianel
kommen, ſtellen ſich aber als hoͤrten ſie nichts; nach und
nach wirds ſtiller.)
Wirthin. Raͤum geſchwind ab; — ſieh, wie
das alte Murmelthier dort ſchlaͤft.
Marianel. Haͤttet ihr mir nur meinen Willen
gelaſſen; weiß wohl, wer jetzt ſchlafen muͤßt! —
da haͤtt man doch auch was fangen koͤnnen.
Wirthin. Ja fangen! — du und der Teufel
fang! Die Offizier ſind dir die rechten. — Da
verlohr einer vom corps royal vorm Jahr einen
lumpichten Kugelring, hat mir der Racker nit
bald’s Fell uͤber die Ohren gezogen! — wollt
mirs Haus uͤber dem Kopf anſtecken, wenn ihn nicht
die Chriſtine noch im Strohſack wieder gefunden
haͤtt. — Geh du an Galgen mit deinem Fangen!
— mir komm nit! — — Was ſteckſt im Sack
da? he! Staubbeſenwaar! was ſteckſt ein? willſt
reden? —
Marianel. St! ſt! eine Tobacksbuͤchs: —
wir theilen — gehoͤrt dem Marmottel dort. —
Wir-
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[20/0022] v. Groͤningseck. Warum denn nicht, Naͤrr- chen? (kuͤßt ihr mit vieler Hitze die Hand, und ſieht ihr bey jedem Kuß wieder ſtarr in die Augen.) Evchen. Darum! — ich will nicht. — (Er will ſie umarmen und kuͤſſen, ſie ſtraͤubt ſich, reißt ſich los, und lauft der Kammer zu.) Mutter! Mutter ich bin verlohren. — v. Groͤningseck (ihr nacheilend.) Du ſollſt mir doch nicht entlaufen! — (ſchmeißt die Kammerthuͤr zu. Jnnwendig Getoͤs; die alte Wirthin und Marianel kommen, ſtellen ſich aber als hoͤrten ſie nichts; nach und nach wirds ſtiller.) Wirthin. Raͤum geſchwind ab; — ſieh, wie das alte Murmelthier dort ſchlaͤft. Marianel. Haͤttet ihr mir nur meinen Willen gelaſſen; weiß wohl, wer jetzt ſchlafen muͤßt! — da haͤtt man doch auch was fangen koͤnnen. Wirthin. Ja fangen! — du und der Teufel fang! Die Offizier ſind dir die rechten. — Da verlohr einer vom corps royal vorm Jahr einen lumpichten Kugelring, hat mir der Racker nit bald’s Fell uͤber die Ohren gezogen! — wollt mirs Haus uͤber dem Kopf anſtecken, wenn ihn nicht die Chriſtine noch im Strohſack wieder gefunden haͤtt. — Geh du an Galgen mit deinem Fangen! — mir komm nit! — — Was ſteckſt im Sack da? he! Staubbeſenwaar! was ſteckſt ein? willſt reden? — Marianel. St! ſt! eine Tobacksbuͤchs: — wir theilen — gehoͤrt dem Marmottel dort. — Wir-

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Zitationshilfe: Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/22>, abgerufen am 26.04.2024.