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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

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paaren; ist aber der Ehemann friedliebend, so darf
er eben kein feiger Schnitzer, er kann entschlossen
sein, kann es im Fall der Noth mit jedem seines
Geschlechts aufnehmen, sich gegen Tieger wehren,
bei einer Amazone, wie Frau Suschen, verliert er
Entschlossenheit und Muth; die Herzhaftigkeit,
(Leute, die zu allem andre Namen haben, als ich,
nennen es Unverschämtheit) womit sie dreust weg
behauptet, gebietet und schmäht, macht ihn stau-
nen, er sieht, es ist kein Mittel, sie zur Vernunft,
Bescheidenheit oder nur zur Mäßigung zu bringen,
also schweigt er, und giebt, um nicht immer auf's
neue zu erstaunen, nach. -- Seid stolz, ihr Da-
men dieser Art, nie saß ein Despot fester auf sei-
nem Throne als ihr!

Schnitzer hatte nun genug gehört, um es Fel-
ßen nicht zuzumuthen, daß er länger im Gasthof
bleiben sollte, denn wenn er auch auf einmal ein
Löwenherz bekommen und mit demselben in festem
Ton gesagt hätte: "Felß kann nicht mehr das be-
zahlen, was er bisher gab, und ich will, daß ihm
erlassen werde, damit er bleibe!" -- Wenn Sus-
chen auch diesen ungewohnten Ton respectirt hätte,
so hörte doch zugleich sein letztes Restchen von Ge-
müthsruhe auf, denn die Einbildung, daß Felß ihn
gegen sie einnähme, war, wie er wußte, kein Engel
ihr
paaren; iſt aber der Ehemann friedliebend, ſo darf
er eben kein feiger Schnitzer, er kann entſchloſſen
ſein, kann es im Fall der Noth mit jedem ſeines
Geſchlechts aufnehmen, ſich gegen Tieger wehren,
bei einer Amazone, wie Frau Suschen, verliert er
Entſchloſſenheit und Muth; die Herzhaftigkeit,
(Leute, die zu allem andre Namen haben, als ich,
nennen es Unverſchaͤmtheit) womit ſie dreuſt weg
behauptet, gebietet und ſchmaͤht, macht ihn ſtau-
nen, er ſieht, es iſt kein Mittel, ſie zur Vernunft,
Beſcheidenheit oder nur zur Maͤßigung zu bringen,
alſo ſchweigt er, und giebt, um nicht immer auf’s
neue zu erſtaunen, nach. — Seid ſtolz, ihr Da-
men dieſer Art, nie ſaß ein Deſpot feſter auf ſei-
nem Throne als ihr!

Schnitzer hatte nun genug gehoͤrt, um es Fel-
ßen nicht zuzumuthen, daß er laͤnger im Gaſthof
bleiben ſollte, denn wenn er auch auf einmal ein
Loͤwenherz bekommen und mit demſelben in feſtem
Ton geſagt haͤtte: „Felß kann nicht mehr das be-
zahlen, was er bisher gab, und ich will, daß ihm
erlaſſen werde, damit er bleibe!“ — Wenn Sus-
chen auch dieſen ungewohnten Ton reſpectirt haͤtte,
ſo hoͤrte doch zugleich ſein letztes Reſtchen von Ge-
muͤthsruhe auf, denn die Einbildung, daß Felß ihn
gegen ſie einnaͤhme, war, wie er wußte, kein Engel
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[236/0242] paaren; iſt aber der Ehemann friedliebend, ſo darf er eben kein feiger Schnitzer, er kann entſchloſſen ſein, kann es im Fall der Noth mit jedem ſeines Geſchlechts aufnehmen, ſich gegen Tieger wehren, bei einer Amazone, wie Frau Suschen, verliert er Entſchloſſenheit und Muth; die Herzhaftigkeit, (Leute, die zu allem andre Namen haben, als ich, nennen es Unverſchaͤmtheit) womit ſie dreuſt weg behauptet, gebietet und ſchmaͤht, macht ihn ſtau- nen, er ſieht, es iſt kein Mittel, ſie zur Vernunft, Beſcheidenheit oder nur zur Maͤßigung zu bringen, alſo ſchweigt er, und giebt, um nicht immer auf’s neue zu erſtaunen, nach. — Seid ſtolz, ihr Da- men dieſer Art, nie ſaß ein Deſpot feſter auf ſei- nem Throne als ihr! Schnitzer hatte nun genug gehoͤrt, um es Fel- ßen nicht zuzumuthen, daß er laͤnger im Gaſthof bleiben ſollte, denn wenn er auch auf einmal ein Loͤwenherz bekommen und mit demſelben in feſtem Ton geſagt haͤtte: „Felß kann nicht mehr das be- zahlen, was er bisher gab, und ich will, daß ihm erlaſſen werde, damit er bleibe!“ — Wenn Sus- chen auch dieſen ungewohnten Ton reſpectirt haͤtte, ſo hoͤrte doch zugleich ſein letztes Reſtchen von Ge- muͤthsruhe auf, denn die Einbildung, daß Felß ihn gegen ſie einnaͤhme, war, wie er wußte, kein Engel ihr

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/242>, abgerufen am 15.05.2024.