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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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und mehr zu gewinnen, wir wechselten insgeheim
Briefe und hatten sogar unsere Zusammenkünfte,
von denen so wenig ihre Verwandten als Celestin das
geringste ahneten. Als mein Oncle todt und es
mir bekannt wurde, was von seinem Nachlaß auf
mich gefallen war, schlug ich Hannchen vor, mit
mir davon zu gehn und verhieß ihr in der großen
Welt unendliches Vergnügen, welches wir hier un-
ter so bedenklichen Leuten, wie ihre Verwandten und
Celestin waren, nie genießen würden, wenn auch ih-
re Eltern nach mehrern Jahren in unsere Verbin-
dung willigen sollten. Jch brachte sie dahin, ihren
Eltern so viel als sich thun ließ zu entwenden, in-
dem ich selbst meinem neuen Vormund unter gut
ersonnenem Prätext beredete, mir einen Theil mei-
ner jährlichen Pension voraus zu zahlen, und so
traten wir, ich mit diesem Gelde und Hannchen
mit noch einmal so viel Schmuck und Silber ihrer
Mutter versehn den Weg an.

Wir kammen glücklich ins Ausland, Hannchen
verlangte, daß ich mich dort sogleich mit ihr ver-
heirathen sollte, da mir aber ein so dumm ehrli-
ches Verfahren, nie ernstlich eingekommen war, zog
ich sie von Woche zu Woche von Ort zu Ort auf,
indessen verschaffte ich ihr, so lange sie meine Rei-
segefährtinn war, viel Vergnügen.

Es war von der Beute, welche sie aus ihrer
Eltern Hause mitgebracht, nichts mehr übrig, als
der Schmuck; diesen wollte ich eben in der nächsten
Nacht zu mir nehmen und mein treues Hannchen
sitzen lassen, als sie von einem Verwandten, der
unglücklicher Weise in der Stadt war, wo wir uns

eben

und mehr zu gewinnen, wir wechſelten insgeheim
Briefe und hatten ſogar unſere Zuſammenkuͤnfte,
von denen ſo wenig ihre Verwandten als Celeſtin das
geringſte ahneten. Als mein Oncle todt und es
mir bekannt wurde, was von ſeinem Nachlaß auf
mich gefallen war, ſchlug ich Hannchen vor, mit
mir davon zu gehn und verhieß ihr in der großen
Welt unendliches Vergnuͤgen, welches wir hier un-
ter ſo bedenklichen Leuten, wie ihre Verwandten und
Celeſtin waren, nie genießen wuͤrden, wenn auch ih-
re Eltern nach mehrern Jahren in unſere Verbin-
dung willigen ſollten. Jch brachte ſie dahin, ihren
Eltern ſo viel als ſich thun ließ zu entwenden, in-
dem ich ſelbſt meinem neuen Vormund unter gut
erſonnenem Praͤtext beredete, mir einen Theil mei-
ner jaͤhrlichen Penſion voraus zu zahlen, und ſo
traten wir, ich mit dieſem Gelde und Hannchen
mit noch einmal ſo viel Schmuck und Silber ihrer
Mutter verſehn den Weg an.

Wir kammen gluͤcklich ins Ausland, Hannchen
verlangte, daß ich mich dort ſogleich mit ihr ver-
heirathen ſollte, da mir aber ein ſo dumm ehrli-
ches Verfahren, nie ernſtlich eingekommen war, zog
ich ſie von Woche zu Woche von Ort zu Ort auf,
indeſſen verſchaffte ich ihr, ſo lange ſie meine Rei-
ſegefaͤhrtinn war, viel Vergnuͤgen.

Es war von der Beute, welche ſie aus ihrer
Eltern Hauſe mitgebracht, nichts mehr uͤbrig, als
der Schmuck; dieſen wollte ich eben in der naͤchſten
Nacht zu mir nehmen und mein treues Hannchen
ſitzen laſſen, als ſie von einem Verwandten, der
ungluͤcklicher Weiſe in der Stadt war, wo wir uns

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[466/0470] und mehr zu gewinnen, wir wechſelten insgeheim Briefe und hatten ſogar unſere Zuſammenkuͤnfte, von denen ſo wenig ihre Verwandten als Celeſtin das geringſte ahneten. Als mein Oncle todt und es mir bekannt wurde, was von ſeinem Nachlaß auf mich gefallen war, ſchlug ich Hannchen vor, mit mir davon zu gehn und verhieß ihr in der großen Welt unendliches Vergnuͤgen, welches wir hier un- ter ſo bedenklichen Leuten, wie ihre Verwandten und Celeſtin waren, nie genießen wuͤrden, wenn auch ih- re Eltern nach mehrern Jahren in unſere Verbin- dung willigen ſollten. Jch brachte ſie dahin, ihren Eltern ſo viel als ſich thun ließ zu entwenden, in- dem ich ſelbſt meinem neuen Vormund unter gut erſonnenem Praͤtext beredete, mir einen Theil mei- ner jaͤhrlichen Penſion voraus zu zahlen, und ſo traten wir, ich mit dieſem Gelde und Hannchen mit noch einmal ſo viel Schmuck und Silber ihrer Mutter verſehn den Weg an. Wir kammen gluͤcklich ins Ausland, Hannchen verlangte, daß ich mich dort ſogleich mit ihr ver- heirathen ſollte, da mir aber ein ſo dumm ehrli- ches Verfahren, nie ernſtlich eingekommen war, zog ich ſie von Woche zu Woche von Ort zu Ort auf, indeſſen verſchaffte ich ihr, ſo lange ſie meine Rei- ſegefaͤhrtinn war, viel Vergnuͤgen. Es war von der Beute, welche ſie aus ihrer Eltern Hauſe mitgebracht, nichts mehr uͤbrig, als der Schmuck; dieſen wollte ich eben in der naͤchſten Nacht zu mir nehmen und mein treues Hannchen ſitzen laſſen, als ſie von einem Verwandten, der ungluͤcklicher Weiſe in der Stadt war, wo wir uns eben

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/470>, abgerufen am 17.06.2024.