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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Erstes Kapitel. Das Mauern mit Ziegeln.
Regel führt man das Mauerwerk in 1,25 -- 1,6 m Höhe gleichmäßig
in die Höhe; dieses Maß entspricht der "Rüstungshöhe", welche bei
bequemer Mauerung 1,3 m nicht übersteigen sollte, häufig aber, durch
das Unterlegen eines provisorischen Gerüstes, bestehend aus Back-
steinen, Kalkkasten u. s. w., also durch ein "Nothgerüft", auf 1,6 m
erhöht wird. Falls beim Backsteinrohbau Dossirungen oder Biegungen
und Winkel vorkommen, ferner das Mauerwerk, wie z. B. bei Treppen-
häusern, eckig ist, muß man dieses nach Schablonen mauern; dasselbe
gilt für eckige Pfeiler.

Wenn Ziegel- und Bruchstein-Mauern von sehr verschiedenen
Höhen nebeneinander aufgeführt werden, wie z. B. Thürme neben
Kirchenmauern, so ist die Gefahr des verschiedenen Setzens beider
Theile vorhanden, was auf das Gesammtmauerwerk einen sehr nach-
theiligen Einfluß ausübt. Aus diesem Grunde pflegt man solche
Mauern vom Fundamente an ganz unabhängig von einander herzu-
stellen. Dieselbe Vorsichtsmaßregel gilt, wenn neues Mauerwerk
neben altes Gemäuer zu stehen kommt; das neue Mauerwerk stößt
stumpf gegen das alte.

Dennoch kann manchmal beim Backsteinrohbau erwünscht sein, um
eine passende Verwechselung der Fugen zu erlangen, daß das neue
Mauerwerk mit Verzahnung (Schmatzen) in das alte eingreife.
Hierbei ist die Vorsicht zu beachten, daß das neue Mauerwerk in
niedrigeren Schichten aufgeführt werde, von denen jede Schicht für
sich vollkommen austrocknen muß, bevor die demnächst folgende ver-
mauert wird; hierdurch geht aber viel Zeit verloren. Selbstverständ-
lich müssen die Ziegel in dem alten und neuen Mauerwerk genau
übereinstimmen, wenn beide in vollkommen gutem Verbande stehen
sollen. Haben somit die Ziegel der alten Mauern ein anderes For-
mat als die neuerdings üblichen, so müssen die neu zu benutzenden
Steine nach dem alten Format gestrichen werden, woraus die Kost-
spieligkeit des geschilderten Verfahrens noch mehr hervorgeht.

Die Tüchtigkeit und Qualification eines Polierers resp. Baufüh-
rers erkennt man besonders daran, ob er die Gesellen zweckmäßig
zu beschäftigen und bei der Arbeit aufzustellen weiß; namentlich gilt
dies von den Maurern, welche sich nicht im Wege stehen dürfen und
doch gegenseitig in die Hände arbeiten müssen, damit die ganze Ar-
beitsverrichtung gleichmäßig und ohne Störungen und Stockungen
vorwärts schreite.

Erſtes Kapitel. Das Mauern mit Ziegeln.
Regel führt man das Mauerwerk in 1,25 — 1,6 m Höhe gleichmäßig
in die Höhe; dieſes Maß entſpricht der „Rüſtungshöhe“, welche bei
bequemer Mauerung 1,3 m nicht überſteigen ſollte, häufig aber, durch
das Unterlegen eines proviſoriſchen Gerüſtes, beſtehend aus Back-
ſteinen, Kalkkaſten u. ſ. w., alſo durch ein „Nothgerüft“, auf 1,6 m
erhöht wird. Falls beim Backſteinrohbau Doſſirungen oder Biegungen
und Winkel vorkommen, ferner das Mauerwerk, wie z. B. bei Treppen-
häuſern, eckig iſt, muß man dieſes nach Schablonen mauern; daſſelbe
gilt für eckige Pfeiler.

Wenn Ziegel- und Bruchſtein-Mauern von ſehr verſchiedenen
Höhen nebeneinander aufgeführt werden, wie z. B. Thürme neben
Kirchenmauern, ſo iſt die Gefahr des verſchiedenen Setzens beider
Theile vorhanden, was auf das Geſammtmauerwerk einen ſehr nach-
theiligen Einfluß ausübt. Aus dieſem Grunde pflegt man ſolche
Mauern vom Fundamente an ganz unabhängig von einander herzu-
ſtellen. Dieſelbe Vorſichtsmaßregel gilt, wenn neues Mauerwerk
neben altes Gemäuer zu ſtehen kommt; das neue Mauerwerk ſtößt
ſtumpf gegen das alte.

Dennoch kann manchmal beim Backſteinrohbau erwünſcht ſein, um
eine paſſende Verwechſelung der Fugen zu erlangen, daß das neue
Mauerwerk mit Verzahnung (Schmatzen) in das alte eingreife.
Hierbei iſt die Vorſicht zu beachten, daß das neue Mauerwerk in
niedrigeren Schichten aufgeführt werde, von denen jede Schicht für
ſich vollkommen austrocknen muß, bevor die demnächſt folgende ver-
mauert wird; hierdurch geht aber viel Zeit verloren. Selbſtverſtänd-
lich müſſen die Ziegel in dem alten und neuen Mauerwerk genau
übereinſtimmen, wenn beide in vollkommen gutem Verbande ſtehen
ſollen. Haben ſomit die Ziegel der alten Mauern ein anderes For-
mat als die neuerdings üblichen, ſo müſſen die neu zu benutzenden
Steine nach dem alten Format geſtrichen werden, woraus die Koſt-
ſpieligkeit des geſchilderten Verfahrens noch mehr hervorgeht.

Die Tüchtigkeit und Qualification eines Polierers reſp. Baufüh-
rers erkennt man beſonders daran, ob er die Geſellen zweckmäßig
zu beſchäftigen und bei der Arbeit aufzuſtellen weiß; namentlich gilt
dies von den Maurern, welche ſich nicht im Wege ſtehen dürfen und
doch gegenſeitig in die Hände arbeiten müſſen, damit die ganze Ar-
beitsverrichtung gleichmäßig und ohne Störungen und Stockungen
vorwärts ſchreite.

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[166/0182] Erſtes Kapitel. Das Mauern mit Ziegeln. Regel führt man das Mauerwerk in 1,25 — 1,6 m Höhe gleichmäßig in die Höhe; dieſes Maß entſpricht der „Rüſtungshöhe“, welche bei bequemer Mauerung 1,3 m nicht überſteigen ſollte, häufig aber, durch das Unterlegen eines proviſoriſchen Gerüſtes, beſtehend aus Back- ſteinen, Kalkkaſten u. ſ. w., alſo durch ein „Nothgerüft“, auf 1,6 m erhöht wird. Falls beim Backſteinrohbau Doſſirungen oder Biegungen und Winkel vorkommen, ferner das Mauerwerk, wie z. B. bei Treppen- häuſern, eckig iſt, muß man dieſes nach Schablonen mauern; daſſelbe gilt für eckige Pfeiler. Wenn Ziegel- und Bruchſtein-Mauern von ſehr verſchiedenen Höhen nebeneinander aufgeführt werden, wie z. B. Thürme neben Kirchenmauern, ſo iſt die Gefahr des verſchiedenen Setzens beider Theile vorhanden, was auf das Geſammtmauerwerk einen ſehr nach- theiligen Einfluß ausübt. Aus dieſem Grunde pflegt man ſolche Mauern vom Fundamente an ganz unabhängig von einander herzu- ſtellen. Dieſelbe Vorſichtsmaßregel gilt, wenn neues Mauerwerk neben altes Gemäuer zu ſtehen kommt; das neue Mauerwerk ſtößt ſtumpf gegen das alte. Dennoch kann manchmal beim Backſteinrohbau erwünſcht ſein, um eine paſſende Verwechſelung der Fugen zu erlangen, daß das neue Mauerwerk mit Verzahnung (Schmatzen) in das alte eingreife. Hierbei iſt die Vorſicht zu beachten, daß das neue Mauerwerk in niedrigeren Schichten aufgeführt werde, von denen jede Schicht für ſich vollkommen austrocknen muß, bevor die demnächſt folgende ver- mauert wird; hierdurch geht aber viel Zeit verloren. Selbſtverſtänd- lich müſſen die Ziegel in dem alten und neuen Mauerwerk genau übereinſtimmen, wenn beide in vollkommen gutem Verbande ſtehen ſollen. Haben ſomit die Ziegel der alten Mauern ein anderes For- mat als die neuerdings üblichen, ſo müſſen die neu zu benutzenden Steine nach dem alten Format geſtrichen werden, woraus die Koſt- ſpieligkeit des geſchilderten Verfahrens noch mehr hervorgeht. Die Tüchtigkeit und Qualification eines Polierers reſp. Baufüh- rers erkennt man beſonders daran, ob er die Geſellen zweckmäßig zu beſchäftigen und bei der Arbeit aufzuſtellen weiß; namentlich gilt dies von den Maurern, welche ſich nicht im Wege ſtehen dürfen und doch gegenſeitig in die Hände arbeiten müſſen, damit die ganze Ar- beitsverrichtung gleichmäßig und ohne Störungen und Stockungen vorwärts ſchreite.

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/182>, abgerufen am 29.04.2024.