Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Herstellung des Mauerwerks.

d. Bei Herstellung des Mauerwerks muß der Polierer zu-
nächst sein "Hochmaß" suchen; d. h. er muß gewisse Distanzen, wie
z. B. von Gesims zu Gesims, oder von Fensterbrüstung bis Fenster-
bogen u. s. w., von der Zeichnung abgreifen und in natürlicher
Größe auf einer sauber hergestellten Latte von etwa 4 -- 5 m Länge
genau abstecken und hierauf die Ziegelschaaren, nämlich bei 65 mm
dicken Ziegeln auf 1 m genau 13 Schaaren, einzeln angeben. (Um
hierbei nicht in Verlegenheit zu kommen, ist es dringend nöthig, schon
beim Entwerfen der Facaden im Backsteinrohbau darauf zu achten,
daß die Gesims-, Fenster-, Sockel- u. s. w. Höhen genau der Schaaren-
eintheilung entsprechen.) Das Hochmaß giebt sonach die Fugenan-
zahl (wenn ein Rest verbleibt, so wird dieser auf die Fugen des
ganzen Hochmaßes vertheilt), sowie die Höhe bestimmter Gegenstände
an, z. B. Kämpferhöhe der Thür- und Fensterbögen, der Gurtbogen,
Gewölbeanfänge, die Band- und Brüstungsgesimse, die Quadern u. s. w.
Der Polierer muß daher stets die Hochmaßlatte zur Hand haben, sie
häufig am Mauerwerk aufstellen, um die Höhe der Schaaren den
Gesellen anzugeben. Zuerst beginnen die Maurer immer an den
Ecken des Gebäudes, der Thüren und Fenster zu mauern, indem sie
hier etwa 1 m hoch das Mauerwerk in liegender Abtreppung genau
nach der Hochmaßeintheilung aufführen. Da von der sorgfältigen
Ausführung der Ecken die Güte des übrigen Zwischen-Mauerwerks
abhängt, postirt der Polierer hier die geschicktesten Leute.

Die Herstellung des Zwischenmauerwerks geschieht nach der Schnur,
d. h. die Maurer mauern die Schaaren so, daß die Oberfläche der-
selben in der Höhe einer angespannten Schnur liegt; diese Schnur
hängt über zwei Nägeln, welche in den zusammengehörenden Fugen
der zwei gegenüberstehenden Mauerecken stecken und ist an beiden
Ecken mit Gewichten (angebundenen Steinen, oder Bleiloth) ange-
spannt. Die Maurer müssen dann noch darauf achten, daß die
äußere Steinreihe mit dem übrigen Mauerwerk "in der Flucht" bleibe
und außerdem die Blöcke resp. Kreuze des Verbandes senkrecht über-
einander kommen. Zu diesem Behufe verwenden die Arbeiter recht
fleißig das Bleiloth, das Richtscheit und die Setzwaage. Damit das
Gebäude sich allenthalben gleichmäßig setze, werden die inneren als
auch äußeren Mauern in annähernd gleicher Höhe aufgeführt; durchaus
verwerflich ist es daher, wenn, besonders bei kleinen Gebäuden, nur
einige Wände aufsteigen, andere dagegen liegen bleiben. In der

Die Herſtellung des Mauerwerks.

d. Bei Herſtellung des Mauerwerks muß der Polierer zu-
nächſt ſein „Hochmaß“ ſuchen; d. h. er muß gewiſſe Diſtanzen, wie
z. B. von Geſims zu Geſims, oder von Fenſterbrüſtung bis Fenſter-
bogen u. ſ. w., von der Zeichnung abgreifen und in natürlicher
Größe auf einer ſauber hergeſtellten Latte von etwa 4 — 5 m Länge
genau abſtecken und hierauf die Ziegelſchaaren, nämlich bei 65 mm
dicken Ziegeln auf 1 m genau 13 Schaaren, einzeln angeben. (Um
hierbei nicht in Verlegenheit zu kommen, iſt es dringend nöthig, ſchon
beim Entwerfen der Façaden im Backſteinrohbau darauf zu achten,
daß die Geſims-, Fenſter-, Sockel- u. ſ. w. Höhen genau der Schaaren-
eintheilung entſprechen.) Das Hochmaß giebt ſonach die Fugenan-
zahl (wenn ein Reſt verbleibt, ſo wird dieſer auf die Fugen des
ganzen Hochmaßes vertheilt), ſowie die Höhe beſtimmter Gegenſtände
an, z. B. Kämpferhöhe der Thür- und Fenſterbögen, der Gurtbogen,
Gewölbeanfänge, die Band- und Brüſtungsgeſimſe, die Quadern u. ſ. w.
Der Polierer muß daher ſtets die Hochmaßlatte zur Hand haben, ſie
häufig am Mauerwerk aufſtellen, um die Höhe der Schaaren den
Geſellen anzugeben. Zuerſt beginnen die Maurer immer an den
Ecken des Gebäudes, der Thüren und Fenſter zu mauern, indem ſie
hier etwa 1 m hoch das Mauerwerk in liegender Abtreppung genau
nach der Hochmaßeintheilung aufführen. Da von der ſorgfältigen
Ausführung der Ecken die Güte des übrigen Zwiſchen-Mauerwerks
abhängt, poſtirt der Polierer hier die geſchickteſten Leute.

Die Herſtellung des Zwiſchenmauerwerks geſchieht nach der Schnur,
d. h. die Maurer mauern die Schaaren ſo, daß die Oberfläche der-
ſelben in der Höhe einer angeſpannten Schnur liegt; dieſe Schnur
hängt über zwei Nägeln, welche in den zuſammengehörenden Fugen
der zwei gegenüberſtehenden Mauerecken ſtecken und iſt an beiden
Ecken mit Gewichten (angebundenen Steinen, oder Bleiloth) ange-
ſpannt. Die Maurer müſſen dann noch darauf achten, daß die
äußere Steinreihe mit dem übrigen Mauerwerk „in der Flucht“ bleibe
und außerdem die Blöcke reſp. Kreuze des Verbandes ſenkrecht über-
einander kommen. Zu dieſem Behufe verwenden die Arbeiter recht
fleißig das Bleiloth, das Richtſcheit und die Setzwaage. Damit das
Gebäude ſich allenthalben gleichmäßig ſetze, werden die inneren als
auch äußeren Mauern in annähernd gleicher Höhe aufgeführt; durchaus
verwerflich iſt es daher, wenn, beſonders bei kleinen Gebäuden, nur
einige Wände aufſteigen, andere dagegen liegen bleiben. In der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0181" n="165"/>
              <fw place="top" type="header">Die Her&#x017F;tellung des Mauerwerks.</fw><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">d.</hi> Bei <hi rendition="#g">Her&#x017F;tellung des Mauerwerks</hi> muß der Polierer zu-<lb/>
näch&#x017F;t &#x017F;ein &#x201E;Hochmaß&#x201C; &#x017F;uchen; d. h. er muß gewi&#x017F;&#x017F;e Di&#x017F;tanzen, wie<lb/>
z. B. von Ge&#x017F;ims zu Ge&#x017F;ims, oder von Fen&#x017F;terbrü&#x017F;tung bis Fen&#x017F;ter-<lb/>
bogen u. &#x017F;. w., von der Zeichnung abgreifen und in natürlicher<lb/>
Größe auf einer &#x017F;auber herge&#x017F;tellten Latte von etwa 4 &#x2014; 5 <hi rendition="#sup"><hi rendition="#aq">m</hi></hi> Länge<lb/>
genau ab&#x017F;tecken und hierauf die Ziegel&#x017F;chaaren, nämlich bei 65 <hi rendition="#sup"><hi rendition="#aq">mm</hi></hi><lb/>
dicken Ziegeln auf 1 <hi rendition="#sup"><hi rendition="#aq">m</hi></hi> genau 13 Schaaren, einzeln angeben. (Um<lb/>
hierbei nicht in Verlegenheit zu kommen, i&#x017F;t es dringend nöthig, &#x017F;chon<lb/>
beim Entwerfen der Fa<hi rendition="#aq">ç</hi>aden im Back&#x017F;teinrohbau darauf zu achten,<lb/>
daß die Ge&#x017F;ims-, Fen&#x017F;ter-, Sockel- u. &#x017F;. w. Höhen genau der Schaaren-<lb/>
eintheilung ent&#x017F;prechen.) Das Hochmaß giebt &#x017F;onach die Fugenan-<lb/>
zahl (wenn ein Re&#x017F;t verbleibt, &#x017F;o wird die&#x017F;er auf die Fugen des<lb/>
ganzen Hochmaßes vertheilt), &#x017F;owie die Höhe be&#x017F;timmter Gegen&#x017F;tände<lb/>
an, z. B. Kämpferhöhe der Thür- und Fen&#x017F;terbögen, der Gurtbogen,<lb/>
Gewölbeanfänge, die Band- und Brü&#x017F;tungsge&#x017F;im&#x017F;e, die Quadern u. &#x017F;. w.<lb/>
Der Polierer muß daher &#x017F;tets die Hochmaßlatte zur Hand haben, &#x017F;ie<lb/>
häufig am Mauerwerk auf&#x017F;tellen, um die Höhe der Schaaren den<lb/>
Ge&#x017F;ellen anzugeben. Zuer&#x017F;t beginnen die Maurer immer an den<lb/>
Ecken des Gebäudes, der Thüren und Fen&#x017F;ter zu mauern, indem &#x017F;ie<lb/>
hier etwa 1 <hi rendition="#sup"><hi rendition="#aq">m</hi></hi> hoch das Mauerwerk in liegender Abtreppung genau<lb/>
nach der Hochmaßeintheilung aufführen. Da von der &#x017F;orgfältigen<lb/>
Ausführung der Ecken die Güte des übrigen Zwi&#x017F;chen-Mauerwerks<lb/>
abhängt, po&#x017F;tirt der Polierer hier die ge&#x017F;chickte&#x017F;ten Leute.</p><lb/>
              <p>Die Her&#x017F;tellung des Zwi&#x017F;chenmauerwerks ge&#x017F;chieht nach der Schnur,<lb/>
d. h. die Maurer mauern die Schaaren &#x017F;o, daß die Oberfläche der-<lb/>
&#x017F;elben in der Höhe einer ange&#x017F;pannten Schnur liegt; die&#x017F;e Schnur<lb/>
hängt über zwei Nägeln, welche in den zu&#x017F;ammengehörenden Fugen<lb/>
der zwei gegenüber&#x017F;tehenden Mauerecken &#x017F;tecken und i&#x017F;t an beiden<lb/>
Ecken mit Gewichten (angebundenen Steinen, oder Bleiloth) ange-<lb/>
&#x017F;pannt. Die Maurer mü&#x017F;&#x017F;en dann noch darauf achten, daß die<lb/>
äußere Steinreihe mit dem übrigen Mauerwerk &#x201E;in der Flucht&#x201C; bleibe<lb/>
und außerdem die Blöcke re&#x017F;p. Kreuze des Verbandes &#x017F;enkrecht über-<lb/>
einander kommen. Zu die&#x017F;em Behufe verwenden die Arbeiter recht<lb/>
fleißig das Bleiloth, das Richt&#x017F;cheit und die Setzwaage. Damit das<lb/>
Gebäude &#x017F;ich allenthalben gleichmäßig &#x017F;etze, werden die inneren als<lb/>
auch äußeren Mauern in annähernd gleicher Höhe aufgeführt; durchaus<lb/>
verwerflich i&#x017F;t es daher, wenn, be&#x017F;onders bei kleinen Gebäuden, nur<lb/>
einige Wände auf&#x017F;teigen, andere dagegen liegen bleiben. In der<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0181] Die Herſtellung des Mauerwerks. d. Bei Herſtellung des Mauerwerks muß der Polierer zu- nächſt ſein „Hochmaß“ ſuchen; d. h. er muß gewiſſe Diſtanzen, wie z. B. von Geſims zu Geſims, oder von Fenſterbrüſtung bis Fenſter- bogen u. ſ. w., von der Zeichnung abgreifen und in natürlicher Größe auf einer ſauber hergeſtellten Latte von etwa 4 — 5 m Länge genau abſtecken und hierauf die Ziegelſchaaren, nämlich bei 65 mm dicken Ziegeln auf 1 m genau 13 Schaaren, einzeln angeben. (Um hierbei nicht in Verlegenheit zu kommen, iſt es dringend nöthig, ſchon beim Entwerfen der Façaden im Backſteinrohbau darauf zu achten, daß die Geſims-, Fenſter-, Sockel- u. ſ. w. Höhen genau der Schaaren- eintheilung entſprechen.) Das Hochmaß giebt ſonach die Fugenan- zahl (wenn ein Reſt verbleibt, ſo wird dieſer auf die Fugen des ganzen Hochmaßes vertheilt), ſowie die Höhe beſtimmter Gegenſtände an, z. B. Kämpferhöhe der Thür- und Fenſterbögen, der Gurtbogen, Gewölbeanfänge, die Band- und Brüſtungsgeſimſe, die Quadern u. ſ. w. Der Polierer muß daher ſtets die Hochmaßlatte zur Hand haben, ſie häufig am Mauerwerk aufſtellen, um die Höhe der Schaaren den Geſellen anzugeben. Zuerſt beginnen die Maurer immer an den Ecken des Gebäudes, der Thüren und Fenſter zu mauern, indem ſie hier etwa 1 m hoch das Mauerwerk in liegender Abtreppung genau nach der Hochmaßeintheilung aufführen. Da von der ſorgfältigen Ausführung der Ecken die Güte des übrigen Zwiſchen-Mauerwerks abhängt, poſtirt der Polierer hier die geſchickteſten Leute. Die Herſtellung des Zwiſchenmauerwerks geſchieht nach der Schnur, d. h. die Maurer mauern die Schaaren ſo, daß die Oberfläche der- ſelben in der Höhe einer angeſpannten Schnur liegt; dieſe Schnur hängt über zwei Nägeln, welche in den zuſammengehörenden Fugen der zwei gegenüberſtehenden Mauerecken ſtecken und iſt an beiden Ecken mit Gewichten (angebundenen Steinen, oder Bleiloth) ange- ſpannt. Die Maurer müſſen dann noch darauf achten, daß die äußere Steinreihe mit dem übrigen Mauerwerk „in der Flucht“ bleibe und außerdem die Blöcke reſp. Kreuze des Verbandes ſenkrecht über- einander kommen. Zu dieſem Behufe verwenden die Arbeiter recht fleißig das Bleiloth, das Richtſcheit und die Setzwaage. Damit das Gebäude ſich allenthalben gleichmäßig ſetze, werden die inneren als auch äußeren Mauern in annähernd gleicher Höhe aufgeführt; durchaus verwerflich iſt es daher, wenn, beſonders bei kleinen Gebäuden, nur einige Wände aufſteigen, andere dagegen liegen bleiben. In der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/181
Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/181>, abgerufen am 29.04.2024.