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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Gesetzt auch/ es wären lauter liebes-sachen
darinn/ (wiewol ich bald den falschen concept
benehmen werde/) so ist es ja nicht ein schelmi-
sches ding um die liebe/ daß man nicht daran
gedencken dürffte. Denn daß ärgerliche sau-
possen nicht geduldet werden/ da ist freylich der
jugend daran gelegen. Aber wenn niemand
an die liebe gedencken solte/ wo würden so viel
tausend Praeceptores mit ihrem Terentio
bleiben/ welcher in dem eintzigen Eunucho
mehr unziemliche händel vorstellet/ als in den
gantzen überflüßigen gedancken zu lesen sind.
Denn ich will itzo vom Ovidio, Martiali und
andern nichts sagen/ welche der jugend ohne
alle widerrede in den händen gelassen werden.
Uber dieses dürffte auch kein hochzeit-carmen
in öffentlichen druck heraus kommen/ aus
grosser beysorge/ es möchte ein junges blut hie-
durch zu bösen gedancken/ oder zu einem scan-
dalo accepto
veranlasset werden. Und es ist nicht
zu leugnen/ daß eben in diesem buche etl. lieder
solche personen betreffen/ welche zu sich einer
ehelichen liebe verbunden/ auch innachfolgen-
der zeit die glückl. vollziehung befördert haben.

Doch was gehet die liebe so groß diese verse
an/ indem selbige mehr zu einer annehmlichen
Allegorie, als zu den gedancken selbst coope-
rirt
hat? Wen Petrarcha unter seiner Laura,
Opitz unter seiner Asterie, andere unter andern
verliebten nahmen gemeynet haben/ das ist

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A 4

Geſetzt auch/ es waͤren lauter liebes-ſachen
darinn/ (wiewol ich bald den falſchen concept
benehmen werde/) ſo iſt es ja nicht ein ſchelmi-
ſches ding um die liebe/ daß man nicht daran
gedencken duͤrffte. Denn daß aͤrgerliche ſau-
poſſen nicht geduldet werden/ da iſt freylich der
jugend daran gelegen. Aber wenn niemand
an die liebe gedencken ſolte/ wo wuͤrden ſo viel
tauſend Præceptores mit ihrem Terentio
bleiben/ welcher in dem eintzigen Eunucho
mehr unziemliche haͤndel vorſtellet/ als in den
gantzen uͤberfluͤßigen gedancken zu leſen ſind.
Denn ich will itzo vom Ovidio, Martiali und
andern nichts ſagen/ welche der jugend ohne
alle widerrede in den haͤnden gelaſſen weꝛden.
Uber dieſes duͤrffte auch kein hochzeit-carmen
in oͤffentlichen druck heraus kommen/ aus
groſſer beyſoꝛge/ es moͤchte ein junges blut hie-
durch zu boͤſen gedancken/ oder zu einem ſcan-
dalo accepto
veranlaſſet werdẽ. Uñ es iſt nicht
zu leugnen/ daß eben in dieſem buche etl. lieder
ſolche perſonen betreffen/ welche zu ſich einer
ehelichen liebe verbunden/ auch innachfolgen-
der zeit die gluͤckl. vollziehung befoͤrdeꝛt habẽ.

Doch was gehet die liebe ſo groß dieſe verſe
an/ indem ſelbige mehr zu einer annehmlichen
Allegorie, als zu den gedancken ſelbſt coope-
rirt
hat? Wen Petrarcha unter ſeiner Laura,
Opitz unter ſeineꝛ Aſterie, andere unter andeꝛn
verliebten nahmen gemeynet haben/ das iſt

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[0011] Geſetzt auch/ es waͤren lauter liebes-ſachen darinn/ (wiewol ich bald den falſchen concept benehmen werde/) ſo iſt es ja nicht ein ſchelmi- ſches ding um die liebe/ daß man nicht daran gedencken duͤrffte. Denn daß aͤrgerliche ſau- poſſen nicht geduldet werden/ da iſt freylich der jugend daran gelegen. Aber wenn niemand an die liebe gedencken ſolte/ wo wuͤrden ſo viel tauſend Præceptores mit ihrem Terentio bleiben/ welcher in dem eintzigen Eunucho mehr unziemliche haͤndel vorſtellet/ als in den gantzen uͤberfluͤßigen gedancken zu leſen ſind. Denn ich will itzo vom Ovidio, Martiali und andern nichts ſagen/ welche der jugend ohne alle widerrede in den haͤnden gelaſſen weꝛden. Uber dieſes duͤrffte auch kein hochzeit-carmen in oͤffentlichen druck heraus kommen/ aus groſſer beyſoꝛge/ es moͤchte ein junges blut hie- durch zu boͤſen gedancken/ oder zu einem ſcan- dalo accepto veranlaſſet werdẽ. Uñ es iſt nicht zu leugnen/ daß eben in dieſem buche etl. lieder ſolche perſonen betreffen/ welche zu ſich einer ehelichen liebe verbunden/ auch innachfolgen- der zeit die gluͤckl. vollziehung befoͤrdeꝛt habẽ. Doch was gehet die liebe ſo groß dieſe verſe an/ indem ſelbige mehr zu einer annehmlichen Allegorie, als zu den gedancken ſelbſt coope- rirt hat? Wen Petrarcha unter ſeiner Laura, Opitz unter ſeineꝛ Aſterie, andere unter andeꝛn verliebten nahmen gemeynet haben/ das iſt mehr A 4

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/11>, abgerufen am 28.04.2024.