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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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7. Ob ich gleich manches mahl sehr ausgelassen bin
So kommt die frömmigkeit mir doch nicht aus dem sinn;
Jch bin so von natur/ ich kan nicht anders thun/
Jch kan nicht gar zu lang auff einer stelle ruhn.
8. Wer aber mein gemüth darbey betrachten wil/
Der findet sicherlich das rechte widerspiel:
So lose manches wort in meinen reden scheint/
So gut und redlich hats mein hertze wohl gemeynt.
9. Es steht in dieser welt doch aus der massen schön/
Wann treue seelen recht in stiller freundschafft stehn:
Man ist drum nicht verliebt/ man ist einander gut/
Als wie ein guter freund mit seinem freunde thut.
10. Jch darff nicht mehr so thun/ ich habe so gethan/
Nimm alles was geschehn im besten auf und an/
Und gönne mir zuletzt ein freundlich angesicht/
Doch meine bangigkeit siehst du die helffte nicht.
11. Hiemit zu guter nacht du liebe junge magd/
Was hilfft es wann man sich gleich noch so sehr beklagt;
Jch muß doch endlich fort/ kan es nicht jetzt geschehn/
So kan ich dich vielleicht auff deiner hochzeit sehn.
12. Und waß ich biß dahin verborgen halten wil
Das soll die losung seyn bey deinen hochzeit-spiel/
Judessen lebe wohl und prüfe meinen sinn
Ob ich nicht biß daher dein treuer haußknecht bin.
VII.
Als sich Lisilis nicht wolte küssen lassen.
DU freundliche Lisilis soll ich dich küssen/
So zeug doch nicht das mündgen weg/
Ein küßgen ist leichtlich zu tode gebüssen/
Und macht ja keinen schwartzen fleck.
Ach halte mein lämgen ach halte gewiß/
Jch gebe dir einen empfindlichen biß/
Ach Lisilis.
2. Ach
7. Ob ich gleich manches mahl ſehr ausgelaſſen bin
So kom̃t die fꝛoͤmmigkeit mir doch nicht aus dem ſinn;
Jch bin ſo von natur/ ich kan nicht anders thun/
Jch kan nicht gar zu lang auff einer ſtelle ruhn.
8. Wer aber mein gemuͤth darbey betrachten wil/
Der findet ſicherlich das rechte widerſpiel:
So loſe manches wort in meinen reden ſcheint/
So gut und redlich hats mein hertze wohl gemeynt.
9. Es ſteht in dieſer welt doch aus der maſſen ſchoͤn/
Wann treue ſeelen recht in ſtiller freundſchafft ſtehn:
Man iſt drum nicht verliebt/ man iſt einander gut/
Als wie ein guter freund mit ſeinem freunde thut.
10. Jch darff nicht mehr ſo thun/ ich habe ſo gethan/
Nimm alles was geſchehn im beſten auf und an/
Und goͤnne mir zuletzt ein freundlich angeſicht/
Doch meine bangigkeit ſiehſt du die helffte nicht.
11. Hiemit zu guter nacht du liebe junge magd/
Was hilfft es wañ man ſich gleich noch ſo ſehr beklagt;
Jch muß doch endlich fort/ kan es nicht jetzt geſchehn/
So kan ich dich vielleicht auff deiner hochzeit ſehn.
12. Und waß ich biß dahin verborgen halten wil
Das ſoll die loſung ſeyn bey deinen hochzeit-ſpiel/
Judeſſen lebe wohl und pruͤfe meinen ſinn
Ob ich nicht biß daher dein treuer haußknecht bin.
VII.
Als ſich Liſilis nicht wolte kuͤſſen laſſen.
DU freundliche Liſilis ſoll ich dich kuͤſſen/
So zeug doch nicht das muͤndgen weg/
Ein kuͤßgen iſt leichtlich zu tode gebuͤſſen/
Und macht ja keinen ſchwartzen fleck.
Ach halte mein laͤmgen ach halte gewiß/
Jch gebe dir einen empfindlichen biß/
Ach Liſilis.
2. Ach
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[0043] 7. Ob ich gleich manches mahl ſehr ausgelaſſen bin So kom̃t die fꝛoͤmmigkeit mir doch nicht aus dem ſinn; Jch bin ſo von natur/ ich kan nicht anders thun/ Jch kan nicht gar zu lang auff einer ſtelle ruhn. 8. Wer aber mein gemuͤth darbey betrachten wil/ Der findet ſicherlich das rechte widerſpiel: So loſe manches wort in meinen reden ſcheint/ So gut und redlich hats mein hertze wohl gemeynt. 9. Es ſteht in dieſer welt doch aus der maſſen ſchoͤn/ Wann treue ſeelen recht in ſtiller freundſchafft ſtehn: Man iſt drum nicht verliebt/ man iſt einander gut/ Als wie ein guter freund mit ſeinem freunde thut. 10. Jch darff nicht mehr ſo thun/ ich habe ſo gethan/ Nimm alles was geſchehn im beſten auf und an/ Und goͤnne mir zuletzt ein freundlich angeſicht/ Doch meine bangigkeit ſiehſt du die helffte nicht. 11. Hiemit zu guter nacht du liebe junge magd/ Was hilfft es wañ man ſich gleich noch ſo ſehr beklagt; Jch muß doch endlich fort/ kan es nicht jetzt geſchehn/ So kan ich dich vielleicht auff deiner hochzeit ſehn. 12. Und waß ich biß dahin verborgen halten wil Das ſoll die loſung ſeyn bey deinen hochzeit-ſpiel/ Judeſſen lebe wohl und pruͤfe meinen ſinn Ob ich nicht biß daher dein treuer haußknecht bin. VII. Als ſich Liſilis nicht wolte kuͤſſen laſſen. DU freundliche Liſilis ſoll ich dich kuͤſſen/ So zeug doch nicht das muͤndgen weg/ Ein kuͤßgen iſt leichtlich zu tode gebuͤſſen/ Und macht ja keinen ſchwartzen fleck. Ach halte mein laͤmgen ach halte gewiß/ Jch gebe dir einen empfindlichen biß/ Ach Liſilis. 2. Ach

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/43>, abgerufen am 28.04.2024.