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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Erste Handlung.
narr seyn/ und er weiß es nicht/ es fragt ihn auch nie-
mand/ ob er damit zu frieden ist/ es ist gnug/ daß sich
die leute darinn vereinigt haben. Fürwahr/ ich bin
der stadt so feind/ und wenn ich wüste/ daß mein alter
mantel/ den ich unlängst am zaune vergessen hatte/ von
einem bürger wäre weggenommen worden/ ich wolte
ihm ehe das haus stürmen/ ehe er das meinige darinnen
behalten solte.
Phil. Du guter kautz/ du hast ein närrisch ansehn:
aber wie klug waren diese reden?
Vulg. Jch bin wie die ziegen/ die haben ihr fett in-
wendig.
Phil. Du thust wohl daran: sonst möchte einer
deine klugheit holen/ der dir neulich den alten mantel
abgeborgt hat.

(Leo/ Anestus und Claudius treten auf.)
doch es ist nicht zeit zu schertzen/ hier sehe ich etliche
kommen/ welche mir meine glückseligkeit abdisputiren
wollen. Jch möchte in warheit wünschen/ an dem en-
de der welt zu seyn: Doch es hilfft kein kläglich thun/
ich muß das wetter lassen fürüber gehen.
(er läufft
ihnen entgegen.)
Mein herr Vater/ wie habe ich
die gnade/ daß ich von demselben in meiner vergnüg-
samen wohnung besuchet werde?
Leo. Jch weiß nicht/ ob dir mit der väterlichen gna-
de viel gedienet ist.
Phil. Jch kenne daß gesetze/ welches denen kindern
ernstlich befiehlet/ die eltern in ehren zu halten.
Leo. Bißher habe ich solches nicht empfunden.
Phil. Und worinne ist von mir wider solche pflicht
gehandelt worden?
Leo.
O o 5
Erſte Handlung.
narr ſeyn/ und er weiß es nicht/ es fragt ihn auch nie-
mand/ ob er damit zu frieden iſt/ es iſt gnug/ daß ſich
die leute darinn vereinigt haben. Fuͤrwahr/ ich bin
der ſtadt ſo feind/ und wenn ich wuͤſte/ daß mein alter
mantel/ den ich unlaͤngſt am zaune vergeſſen hatte/ von
einem buͤrger waͤre weggenommen worden/ ich wolte
ihm ehe das haus ſtuͤrmen/ ehe er das meinige dariñen
behalten ſolte.
Phil. Du guter kautz/ du haſt ein naͤrriſch anſehn:
aber wie klug waren dieſe reden?
Vulg. Jch bin wie die ziegen/ die haben ihr fett in-
wendig.
Phil. Du thuſt wohl daran: ſonſt moͤchte einer
deine klugheit holen/ der dir neulich den alten mantel
abgeborgt hat.

(Leo/ Aneſtus und Claudius treten auf.)
doch es iſt nicht zeit zu ſchertzen/ hier ſehe ich etliche
kommen/ welche mir meine gluͤckſeligkeit abdiſputiren
wollen. Jch moͤchte in warheit wuͤnſchen/ an dem en-
de der welt zu ſeyn: Doch es hilfft kein klaͤglich thun/
ich muß das wetter laſſen fuͤruͤber gehen.
(er laͤufft
ihnen entgegen.)
Mein herꝛ Vater/ wie habe ich
die gnade/ daß ich von demſelben in meiner vergnuͤg-
ſamen wohnung beſuchet werde?
Leo. Jch weiß nicht/ ob dir mit der vaͤterlichen gna-
de viel gedienet iſt.
Phil. Jch kenne daß geſetze/ welches denen kindern
ernſtlich befiehlet/ die eltern in ehren zu halten.
Leo. Bißher habe ich ſolches nicht empfunden.
Phil. Und woriñe iſt von mir wider ſolche pflicht
gehandelt worden?
Leo.
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[585/0601] Erſte Handlung. narr ſeyn/ und er weiß es nicht/ es fragt ihn auch nie- mand/ ob er damit zu frieden iſt/ es iſt gnug/ daß ſich die leute darinn vereinigt haben. Fuͤrwahr/ ich bin der ſtadt ſo feind/ und wenn ich wuͤſte/ daß mein alter mantel/ den ich unlaͤngſt am zaune vergeſſen hatte/ von einem buͤrger waͤre weggenommen worden/ ich wolte ihm ehe das haus ſtuͤrmen/ ehe er das meinige dariñen behalten ſolte. Phil. Du guter kautz/ du haſt ein naͤrriſch anſehn: aber wie klug waren dieſe reden? Vulg. Jch bin wie die ziegen/ die haben ihr fett in- wendig. Phil. Du thuſt wohl daran: ſonſt moͤchte einer deine klugheit holen/ der dir neulich den alten mantel abgeborgt hat. (Leo/ Aneſtus und Claudius treten auf.) doch es iſt nicht zeit zu ſchertzen/ hier ſehe ich etliche kommen/ welche mir meine gluͤckſeligkeit abdiſputiren wollen. Jch moͤchte in warheit wuͤnſchen/ an dem en- de der welt zu ſeyn: Doch es hilfft kein klaͤglich thun/ ich muß das wetter laſſen fuͤruͤber gehen. (er laͤufft ihnen entgegen.) Mein herꝛ Vater/ wie habe ich die gnade/ daß ich von demſelben in meiner vergnuͤg- ſamen wohnung beſuchet werde? Leo. Jch weiß nicht/ ob dir mit der vaͤterlichen gna- de viel gedienet iſt. Phil. Jch kenne daß geſetze/ welches denen kindern ernſtlich befiehlet/ die eltern in ehren zu halten. Leo. Bißher habe ich ſolches nicht empfunden. Phil. Und woriñe iſt von mir wider ſolche pflicht gehandelt worden? Leo. O o 5

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/601>, abgerufen am 29.05.2024.