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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Des Lust-Spiels
so werde ich doch hier die freyheit haben/ daß ich sagen
darff/ was ich meyne.
Com. Gar wohl/ gar wohl/ gehet hinein/ ich wil in-
dessen anstalt machen/ daß einer nach dem andern sich
einstellet.
(sie gehen ab.)
Vulg. Jch kan nicht anders dencken/ als wie ich
heute bin auffgestanden/ so hat die sonne im zeichen
des krebses gestanden/ denn es geht mir alles zurücke/
was ich anfange. Jch gieng zum herrn reichs-mar-
schall/ der war nicht zu hause: Jch suchte ihn zu hofe/
so war er beym könige: Jch wolte hinein/ so kam ein
dicker vierschrötiger kerle in einem breiten barte/ und
kriegte eine stange/ die oben mit einem grossen eisen be-
schlagen war/ und fuhr mir damit zwischen die rieben
hinein/ daß ich immer gedachte/ ich würde um meine
verliebte gedancken kommen: Damit gieng ich fort/
und wolte sehn/ was die frembde jungfer machte/ da
war niemand zu hause/ als das artige rabenäßigen ihr
jungfer-mädgen; Und da war ich erst ein bärenhäu-
ter: ich hatte solche schöne gelegenheit darzu/ als ich
hätte wünschen mögen/ sie gab mir auch das geleite biß
an die thüre/ und ich hunds etc. kunte kein wort reden;
Jch war so böse auff mich selber/ daß ich vor boßheit
weinte. Nun/ ein andermal muß ichs besser machen;
Jtzt muß ich vor meinen Herrn sorgen/ denn wo ich
nicht bald wieder komme/ so verzwatschelt er vor liebe.
(Anestus kömmt.)
Anest. Sieh da Vulgus/ wie hast du dich hieher
verirt/ ich dachte/ du hättest ein gelübde gethan/ du wol-
lest nicht in die stadt kommen.
Vulg. Heute zu tage währen die gelübde nicht
lange.
Anest.
Des Luſt-Spiels
ſo werde ich doch hier die freyheit haben/ daß ich ſagen
darff/ was ich meyne.
Com. Gar wohl/ gar wohl/ gehet hinein/ ich wil in-
deſſen anſtalt machen/ daß einer nach dem andern ſich
einſtellet.
(ſie gehen ab.)
Vulg. Jch kan nicht anders dencken/ als wie ich
heute bin auffgeſtanden/ ſo hat die ſonne im zeichen
des krebſes geſtanden/ denn es geht mir alles zuruͤcke/
was ich anfange. Jch gieng zum herrn reichs-mar-
ſchall/ der war nicht zu hauſe: Jch ſuchte ihn zu hofe/
ſo war er beym koͤnige: Jch wolte hinein/ ſo kam ein
dicker vierſchroͤtiger kerle in einem breiten barte/ und
kriegte eine ſtange/ die oben mit einem groſſen eiſen be-
ſchlagen war/ und fuhr mir damit zwiſchen die rieben
hinein/ daß ich immer gedachte/ ich wuͤrde um meine
verliebte gedancken kommen: Damit gieng ich fort/
und wolte ſehn/ was die frembde jungfer machte/ da
war niemand zu hauſe/ als das artige rabenaͤßigen ihr
jungfer-maͤdgen; Und da war ich erſt ein baͤrenhaͤu-
ter: ich hatte ſolche ſchoͤne gelegenheit darzu/ als ich
haͤtte wuͤnſchen moͤgen/ ſie gab mir auch das geleite biß
an die thuͤre/ und ich hunds ꝛc. kunte kein wort reden;
Jch war ſo boͤſe auff mich ſelber/ daß ich vor boßheit
weinte. Nun/ ein andermal muß ichs beſſer machen;
Jtzt muß ich vor meinen Herꝛn ſorgen/ denn wo ich
nicht bald wieder komme/ ſo verzwatſchelt er vor liebe.
(Aneſtus koͤmmt.)
Aneſt. Sieh da Vulgus/ wie haſt du dich hieher
verirt/ ich dachte/ du haͤtteſt ein geluͤbde gethan/ du wol-
leſt nicht in die ſtadt kommen.
Vulg. Heute zu tage waͤhren die geluͤbde nicht
lange.
Aneſt.
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[606/0622] Des Luſt-Spiels ſo werde ich doch hier die freyheit haben/ daß ich ſagen darff/ was ich meyne. Com. Gar wohl/ gar wohl/ gehet hinein/ ich wil in- deſſen anſtalt machen/ daß einer nach dem andern ſich einſtellet. (ſie gehen ab.) Vulg. Jch kan nicht anders dencken/ als wie ich heute bin auffgeſtanden/ ſo hat die ſonne im zeichen des krebſes geſtanden/ denn es geht mir alles zuruͤcke/ was ich anfange. Jch gieng zum herrn reichs-mar- ſchall/ der war nicht zu hauſe: Jch ſuchte ihn zu hofe/ ſo war er beym koͤnige: Jch wolte hinein/ ſo kam ein dicker vierſchroͤtiger kerle in einem breiten barte/ und kriegte eine ſtange/ die oben mit einem groſſen eiſen be- ſchlagen war/ und fuhr mir damit zwiſchen die rieben hinein/ daß ich immer gedachte/ ich wuͤrde um meine verliebte gedancken kommen: Damit gieng ich fort/ und wolte ſehn/ was die frembde jungfer machte/ da war niemand zu hauſe/ als das artige rabenaͤßigen ihr jungfer-maͤdgen; Und da war ich erſt ein baͤrenhaͤu- ter: ich hatte ſolche ſchoͤne gelegenheit darzu/ als ich haͤtte wuͤnſchen moͤgen/ ſie gab mir auch das geleite biß an die thuͤre/ und ich hunds ꝛc. kunte kein wort reden; Jch war ſo boͤſe auff mich ſelber/ daß ich vor boßheit weinte. Nun/ ein andermal muß ichs beſſer machen; Jtzt muß ich vor meinen Herꝛn ſorgen/ denn wo ich nicht bald wieder komme/ ſo verzwatſchelt er vor liebe. (Aneſtus koͤmmt.) Aneſt. Sieh da Vulgus/ wie haſt du dich hieher verirt/ ich dachte/ du haͤtteſt ein geluͤbde gethan/ du wol- leſt nicht in die ſtadt kommen. Vulg. Heute zu tage waͤhren die geluͤbde nicht lange. Aneſt.

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/622>, abgerufen am 29.05.2024.