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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Des Lust-Spiels
Leo. Woltestu keine schwester wündschen/ die ihres
gleichen wäre?
Phil. Jch wolte zwey dergleichen schwestern wün-
schen/ und den himmel darneben ersuchen/ daß zum
wenigsten die helffte meines wunsches erfüllet würde.
Leo. Solte aber der himmel diese bitte nicht er-
hören?
Phil. Jch habe solches von meiner kindheit an ge-
wündschet/ seit ich die zarte und unmündige Heliconie
verlohren; doch biß auf diese stunde habe ich die blos-
sen thränen zum gewinn gehabt.
Leo. Mein sohn/ was soll ich dich aufhalten/ diese
artige unbekandte ist Heliconie selber/ das glücke hat
sie unverhofft in diese stadt geführet/ und wofern mein
vermögen etwas vollbringen kan/ solstu deine frau
mutter bald mit deinem kindlichen kuß empfangen.
Phil. Ach herr vater/ ist dieses möglich?
Leo. Es ist nicht anders/ als ich sage.
Phil. Was verhindert mich/ daß ich nicht alsobald
meine höchstgeliebste schwester willkommen heisse?
Leo. Bleib zurücke/ es ist noch nicht zeit/ daß ihr
dieses wichtige geheimnis bekandt wird. Laß deine
freude noch in deinem hertzen verschlossen seyn.
Phil. Jch bin gehorsam/ doch kan ich mich nicht
enthalten/ mit ihr bekandtschafft zu machen.
Leo. Solches ist dir unverboten/ doch daß sie nichts
mercke.
(sie gehn ab.)
Anestus Mercurie?
Merc. Eine fremde jungfer?
Anest. Wie ich sage!
Merc. Und wo kam sie her?
Anest. Jch hab sie nicht gefragt?
Merc.
Des Luſt-Spiels
Leo. Wolteſtu keine ſchweſter wuͤndſchen/ die ihres
gleichen waͤre?
Phil. Jch wolte zwey dergleichen ſchweſtern wuͤn-
ſchen/ und den himmel darneben erſuchen/ daß zum
wenigſten die helffte meines wunſches erfuͤllet wuͤrde.
Leo. Solte aber der himmel dieſe bitte nicht er-
hoͤren?
Phil. Jch habe ſolches von meiner kindheit an ge-
wuͤndſchet/ ſeit ich die zarte und unmuͤndige Heliconie
verlohren; doch biß auf dieſe ſtunde habe ich die bloſ-
ſen thraͤnen zum gewinn gehabt.
Leo. Mein ſohn/ was ſoll ich dich aufhalten/ dieſe
artige unbekandte iſt Heliconie ſelber/ das gluͤcke hat
ſie unverhofft in dieſe ſtadt gefuͤhret/ und wofern mein
vermoͤgen etwas vollbringen kan/ ſolſtu deine frau
mutter bald mit deinem kindlichen kuß empfangen.
Phil. Ach herr vater/ iſt dieſes moͤglich?
Leo. Es iſt nicht anders/ als ich ſage.
Phil. Was verhindert mich/ daß ich nicht alſobald
meine hoͤchſtgeliebſte ſchweſter willkommen heiſſe?
Leo. Bleib zuruͤcke/ es iſt noch nicht zeit/ daß ihr
dieſes wichtige geheimnis bekandt wird. Laß deine
freude noch in deinem hertzen verſchloſſen ſeyn.
Phil. Jch bin gehorſam/ doch kan ich mich nicht
enthalten/ mit ihr bekandtſchafft zu machen.
Leo. Solches iſt dir unverboten/ doch daß ſie nichts
mercke.
(ſie gehn ab.)
Aneſtus Mercurie?
Merc. Eine fremde jungfer?
Aneſt. Wie ich ſage!
Merc. Und wo kam ſie her?
Aneſt. Jch hab ſie nicht gefragt?
Merc.
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[654/0670] Des Luſt-Spiels Leo. Wolteſtu keine ſchweſter wuͤndſchen/ die ihres gleichen waͤre? Phil. Jch wolte zwey dergleichen ſchweſtern wuͤn- ſchen/ und den himmel darneben erſuchen/ daß zum wenigſten die helffte meines wunſches erfuͤllet wuͤrde. Leo. Solte aber der himmel dieſe bitte nicht er- hoͤren? Phil. Jch habe ſolches von meiner kindheit an ge- wuͤndſchet/ ſeit ich die zarte und unmuͤndige Heliconie verlohren; doch biß auf dieſe ſtunde habe ich die bloſ- ſen thraͤnen zum gewinn gehabt. Leo. Mein ſohn/ was ſoll ich dich aufhalten/ dieſe artige unbekandte iſt Heliconie ſelber/ das gluͤcke hat ſie unverhofft in dieſe ſtadt gefuͤhret/ und wofern mein vermoͤgen etwas vollbringen kan/ ſolſtu deine frau mutter bald mit deinem kindlichen kuß empfangen. Phil. Ach herr vater/ iſt dieſes moͤglich? Leo. Es iſt nicht anders/ als ich ſage. Phil. Was verhindert mich/ daß ich nicht alſobald meine hoͤchſtgeliebſte ſchweſter willkommen heiſſe? Leo. Bleib zuruͤcke/ es iſt noch nicht zeit/ daß ihr dieſes wichtige geheimnis bekandt wird. Laß deine freude noch in deinem hertzen verſchloſſen ſeyn. Phil. Jch bin gehorſam/ doch kan ich mich nicht enthalten/ mit ihr bekandtſchafft zu machen. Leo. Solches iſt dir unverboten/ doch daß ſie nichts mercke. (ſie gehn ab.) Aneſtus Mercurie? Merc. Eine fremde jungfer? Aneſt. Wie ich ſage! Merc. Und wo kam ſie her? Aneſt. Jch hab ſie nicht gefragt? Merc.

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 654. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/670>, abgerufen am 31.05.2024.