Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.
der etwan die Abdanckung thun solte/ mich deucht immer/ er hätte lieber gese- hen/ wenn ich die Ehestifftung mit in den Lebens-Lauff hätte lassen einrucken: Die Leute hatten sich auch das Maul prave drüber zurissen/ daß ich ihn irgend einmal angelachet hatte. Und was war es denn/ er that gleichwol dem lie- ben Herrn den letzten Ehren-Dienst/ ich durffte ihn wol nicht anflennen. Studenten sind prave Leute: Eine Witt-Frau weiß nicht/ wo sie jeman- den bedarff/ der in ihrem Nahmen zum Richter gehet. Jch sagte es ihm/ a- ber zwey Tage nach dem Leich-Begäng- nisse/ er möchte nach seinem Gefallen zu mir kommen wie er wolle/ aber daß er etwan Heyraths-Gedancken fassen sol- te/ so möchte er nur wissen/ daß ich in den nechsten zehen Jahren nicht aus- trauren würde. Grac. Frau Doctorin haltet mir doch als einem thummen Narren was zu gute. Jch hatte einen Schwager/ der war ein Schneider/ der hatte in seinem Hauß Jahre/ die währeten nur vierzehn Ta- ge
der etwan die Abdanckung thun ſolte/ mich deucht immer/ er haͤtte lieber geſe- hen/ wenn ich die Eheſtifftung mit in den Lebens-Lauff haͤtte laſſen einrucken: Die Leute hatten ſich auch das Maul prave druͤber zuriſſen/ daß ich ihn irgend einmal angelachet hatte. Und was war es denn/ er that gleichwol dem lie- ben Herrn den letzten Ehren-Dienſt/ ich durffte ihn wol nicht anflennen. Studenten ſind prave Leute: Eine Witt-Frau weiß nicht/ wo ſie jeman- den bedarff/ der in ihrem Nahmen zum Richter gehet. Jch ſagte es ihm/ a- ber zwey Tage nach dem Leich-Begaͤng- niſſe/ er moͤchte nach ſeinem Gefallen zu mir kommen wie er wolle/ aber daß er etwan Heyraths-Gedancken faſſen ſol- te/ ſo moͤchte er nur wiſſen/ daß ich in den nechſten zehen Jahren nicht aus- trauren wuͤrde. Grac. Frau Doctorin haltet mir doch als einem thummen Narren was zu gute. Jch hatte einen Schwager/ der war ein Schneider/ der hatte in ſeinem Hauß Jahre/ die waͤhreten nur vierzehn Ta- ge
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der etwan die Abdanckung thun ſolte/
mich deucht immer/ er haͤtte lieber geſe-
hen/ wenn ich die Eheſtifftung mit in
den Lebens-Lauff haͤtte laſſen einrucken:
Die Leute hatten ſich auch das Maul
prave druͤber zuriſſen/ daß ich ihn irgend
einmal angelachet hatte. Und was
war es denn/ er that gleichwol dem lie-
ben Herrn den letzten Ehren-Dienſt/
ich durffte ihn wol nicht anflennen.
Studenten ſind prave Leute: Eine
Witt-Frau weiß nicht/ wo ſie jeman-
den bedarff/ der in ihrem Nahmen zum
Richter gehet. Jch ſagte es ihm/ a-
ber zwey Tage nach dem Leich-Begaͤng-
niſſe/ er moͤchte nach ſeinem Gefallen
zu mir kommen wie er wolle/ aber daß er
etwan Heyraths-Gedancken faſſen ſol-
te/ ſo moͤchte er nur wiſſen/ daß ich in
den nechſten zehen Jahren nicht aus-
trauren wuͤrde.
Grac. Frau Doctorin haltet mir doch als
einem thummen Narren was zu gute.
Jch hatte einen Schwager/ der war
ein Schneider/ der hatte in ſeinem Hauß
Jahre/ die waͤhreten nur vierzehn Ta-
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 746. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/914>, abgerufen am 17.06.2024. |