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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Sympathie des Kopfs und des Herzens zu-
sammenknüpft, die so arm ist, daß keine
neidische habsüchtige Begierden sie zu tren-
nen vermögen, und so reich, daß sie außer
sich selbst nichts weiter bedürfen.

Alle billigten den schönen Plan, und Bel-
phegor fiel seinen beiden Freunden vor Ent-
zücken um den Hals, segnete und preiste sie,
daß sie ihm das goldne Alter seiner Jugend
wieder zurückführten. -- So werden wir,
sezte er hinzu, die einzigen Glücklichen auf
der Erde seyn, die im Himmel sind, wäh-
rend daß alles außer unsrer Gesellschaft im
Aufruhr der Leidenschaften herumgetrieben --

Ja, unterbrach ihn Fromal, wir können
es seyn, so lange nicht die Menschen uns
unsre Freude misgönnen. Du weißt, Bel-
phegor, in dem Rausche unsrer frühen Jah-
re schufen wir uns ein Ideal von Glückselig-
keit, womit wir aus Mangel an Erfahrung
die Wohnung des Menschen ausschmückten:
ich suchte sie, als ich in die Welt trat, al-
lenthalben, und erblickte sie nirgends. Je
mehr ich von der Erde kennen lernte, je
mehr mußte sich meine Vorstellung von der
menschlichen Glückseligkeit verengern, und

zulezt

Sympathie des Kopfs und des Herzens zu-
ſammenknuͤpft, die ſo arm iſt, daß keine
neidiſche habſuͤchtige Begierden ſie zu tren-
nen vermoͤgen, und ſo reich, daß ſie außer
ſich ſelbſt nichts weiter beduͤrfen.

Alle billigten den ſchoͤnen Plan, und Bel-
phegor fiel ſeinen beiden Freunden vor Ent-
zuͤcken um den Hals, ſegnete und preiſte ſie,
daß ſie ihm das goldne Alter ſeiner Jugend
wieder zuruͤckfuͤhrten. — So werden wir,
ſezte er hinzu, die einzigen Gluͤcklichen auf
der Erde ſeyn, die im Himmel ſind, waͤh-
rend daß alles außer unſrer Geſellſchaft im
Aufruhr der Leidenſchaften herumgetrieben —

Ja, unterbrach ihn Fromal, wir koͤnnen
es ſeyn, ſo lange nicht die Menſchen uns
unſre Freude misgoͤnnen. Du weißt, Bel-
phegor, in dem Rauſche unſrer fruͤhen Jah-
re ſchufen wir uns ein Ideal von Gluͤckſelig-
keit, womit wir aus Mangel an Erfahrung
die Wohnung des Menſchen ausſchmuͤckten:
ich ſuchte ſie, als ich in die Welt trat, al-
lenthalben, und erblickte ſie nirgends. Je
mehr ich von der Erde kennen lernte, je
mehr mußte ſich meine Vorſtellung von der
menſchlichen Gluͤckſeligkeit verengern, und

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[296/0302] Sympathie des Kopfs und des Herzens zu- ſammenknuͤpft, die ſo arm iſt, daß keine neidiſche habſuͤchtige Begierden ſie zu tren- nen vermoͤgen, und ſo reich, daß ſie außer ſich ſelbſt nichts weiter beduͤrfen. Alle billigten den ſchoͤnen Plan, und Bel- phegor fiel ſeinen beiden Freunden vor Ent- zuͤcken um den Hals, ſegnete und preiſte ſie, daß ſie ihm das goldne Alter ſeiner Jugend wieder zuruͤckfuͤhrten. — So werden wir, ſezte er hinzu, die einzigen Gluͤcklichen auf der Erde ſeyn, die im Himmel ſind, waͤh- rend daß alles außer unſrer Geſellſchaft im Aufruhr der Leidenſchaften herumgetrieben — Ja, unterbrach ihn Fromal, wir koͤnnen es ſeyn, ſo lange nicht die Menſchen uns unſre Freude misgoͤnnen. Du weißt, Bel- phegor, in dem Rauſche unſrer fruͤhen Jah- re ſchufen wir uns ein Ideal von Gluͤckſelig- keit, womit wir aus Mangel an Erfahrung die Wohnung des Menſchen ausſchmuͤckten: ich ſuchte ſie, als ich in die Welt trat, al- lenthalben, und erblickte ſie nirgends. Je mehr ich von der Erde kennen lernte, je mehr mußte ſich meine Vorſtellung von der menſchlichen Gluͤckſeligkeit verengern, und zulezt

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/302>, abgerufen am 29.04.2024.