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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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15.
Doch, laß das ärgste seyn! Sie ziehe ganz sich ab
Die Wunderhand, die uns bisher umgab;
Laß seyn, daß jahr um jahr sich ohne hülf' erneue,
Und deine liebende getreue
Amande finde hier auf diesem strand ihr grab:
Fern sey es, daß mich je, was ich gethan, gereue!
Und läge noch die freye wahl vor mir,
Mit frohem mut ins elend folgt' ich dir!
16.
Mich kostet's nichts von allem mich zu scheiden
Was ich besaß; mein herz und deine Lieb ersezt
Mir alles; und, so tief das glük herab mich sezt,
Bleibst Du mir nur, so werd ich keine neiden
Die sich durch gold und purpur glüklich schäzt.
Nur, daß Du leidest, ist Amandens wahres leiden!
Ein trüber blik, ein ach, das dir entfährt,
Ist, was mir tausendfach die eigne noth erschwert.
17.
Sprich nicht von dem was ich für dich gegeben,
Für dich gethan! Ich that was mir mein herz gebot,
That's für mich selbst, Der zehenfacher tod
Nicht bittrer ist als ohne dich zu leben.
Was unser Schiksal ist, hilft deine Liebe mir,
Hilft meine Liebe dir ertragen;
So schwer es sey, so unerträglich -- hier
Ist meine hand! -- ich will's mit freuden tragen.
18. Mit
M 4
15.
Doch, laß das aͤrgſte ſeyn! Sie ziehe ganz ſich ab
Die Wunderhand, die uns bisher umgab;
Laß ſeyn, daß jahr um jahr ſich ohne huͤlf' erneue,
Und deine liebende getreue
Amande finde hier auf dieſem ſtrand ihr grab:
Fern ſey es, daß mich je, was ich gethan, gereue!
Und laͤge noch die freye wahl vor mir,
Mit frohem mut ins elend folgt' ich dir!
16.
Mich koſtet's nichts von allem mich zu ſcheiden
Was ich beſaß; mein herz und deine Lieb erſezt
Mir alles; und, ſo tief das gluͤk herab mich ſezt,
Bleibſt Du mir nur, ſo werd ich keine neiden
Die ſich durch gold und purpur gluͤklich ſchaͤzt.
Nur, daß Du leideſt, iſt Amandens wahres leiden!
Ein truͤber blik, ein ach, das dir entfaͤhrt,
Iſt, was mir tauſendfach die eigne noth erſchwert.
17.
Sprich nicht von dem was ich fuͤr dich gegeben,
Fuͤr dich gethan! Ich that was mir mein herz gebot,
That's fuͤr mich ſelbſt, Der zehenfacher tod
Nicht bittrer iſt als ohne dich zu leben.
Was unſer Schikſal iſt, hilft deine Liebe mir,
Hilft meine Liebe dir ertragen;
So ſchwer es ſey, ſo unertraͤglich — hier
Iſt meine hand! — ich will's mit freuden tragen.
18. Mit
M 4
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[0189] 15. Doch, laß das aͤrgſte ſeyn! Sie ziehe ganz ſich ab Die Wunderhand, die uns bisher umgab; Laß ſeyn, daß jahr um jahr ſich ohne huͤlf' erneue, Und deine liebende getreue Amande finde hier auf dieſem ſtrand ihr grab: Fern ſey es, daß mich je, was ich gethan, gereue! Und laͤge noch die freye wahl vor mir, Mit frohem mut ins elend folgt' ich dir! 16. Mich koſtet's nichts von allem mich zu ſcheiden Was ich beſaß; mein herz und deine Lieb erſezt Mir alles; und, ſo tief das gluͤk herab mich ſezt, Bleibſt Du mir nur, ſo werd ich keine neiden Die ſich durch gold und purpur gluͤklich ſchaͤzt. Nur, daß Du leideſt, iſt Amandens wahres leiden! Ein truͤber blik, ein ach, das dir entfaͤhrt, Iſt, was mir tauſendfach die eigne noth erſchwert. 17. Sprich nicht von dem was ich fuͤr dich gegeben, Fuͤr dich gethan! Ich that was mir mein herz gebot, That's fuͤr mich ſelbſt, Der zehenfacher tod Nicht bittrer iſt als ohne dich zu leben. Was unſer Schikſal iſt, hilft deine Liebe mir, Hilft meine Liebe dir ertragen; So ſchwer es ſey, ſo unertraͤglich — hier Iſt meine hand! — ich will's mit freuden tragen. 18. Mit M 4

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/189>, abgerufen am 11.05.2024.