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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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30.
Und wie er ihn zu Rom im Lateran gesucht,
Und, seiner dort viel wochen ohne frucht
Erwartend, unvermerkt sein bischen geld verzettelt,
Und wie er drauf, mit muscheln ausstaffiert,
Sich durch die halbe welt als Pilger durchgebettelt,
Bis ihn sein guter Geist zulezt hieher geführt,
Wo Fatme, die er unverhoft gefunden,
Auf bessre zeit mit ihm zu harren sich verbunden.
31.
Zum glük ist immer unversehrt
(Sezt er hinzu) das kästchen mitgezogen
Das euch der schöne Zwerg zu Askalon verehrt;
Denn, wie ich sehe, Horn und Becher sind entflogen.
Verzeiht mir, lieber Herr! ich traf den wunden ort;
Es war nicht hübsch an mir so frey herauszuplatzen:
Die freude, daß ich euch gefunden, macht mich schwatzen;
Allein, ihr kennt mein herz, und weiter nun kein wort!
32.
Der edle Fürstensohn drükt seinem guten Alten
Die hand, und spricht: ich kenne deine Treu',
Sollst alles wissen, Freund! ich will dir nichts verhalten,
Allein, vor allem, steh in Einem ding mir bey.
Das Kästchen, das du mir erhalten,
Ist an Juwelen reich; denkst du nicht auch, es sey
Am besten angewandt, mir eilends pferd und waffen
Und ritterlichen schmuk in Tunis anzuschaffen?
33. Es
30.
Und wie er ihn zu Rom im Lateran geſucht,
Und, ſeiner dort viel wochen ohne frucht
Erwartend, unvermerkt ſein bischen geld verzettelt,
Und wie er drauf, mit muſcheln ausſtaffiert,
Sich durch die halbe welt als Pilger durchgebettelt,
Bis ihn ſein guter Geiſt zulezt hieher gefuͤhrt,
Wo Fatme, die er unverhoft gefunden,
Auf beſſre zeit mit ihm zu harren ſich verbunden.
31.
Zum gluͤk iſt immer unverſehrt
(Sezt er hinzu) das kaͤſtchen mitgezogen
Das euch der ſchoͤne Zwerg zu Askalon verehrt;
Denn, wie ich ſehe, Horn und Becher ſind entflogen.
Verzeiht mir, lieber Herr! ich traf den wunden ort;
Es war nicht huͤbſch an mir ſo frey herauszuplatzen:
Die freude, daß ich euch gefunden, macht mich ſchwatzen;
Allein, ihr kennt mein herz, und weiter nun kein wort!
32.
Der edle Fuͤrſtenſohn druͤkt ſeinem guten Alten
Die hand, und ſpricht: ich kenne deine Treu',
Sollſt alles wiſſen, Freund! ich will dir nichts verhalten,
Allein, vor allem, ſteh in Einem ding mir bey.
Das Kaͤſtchen, das du mir erhalten,
Iſt an Juwelen reich; denkſt du nicht auch, es ſey
Am beſten angewandt, mir eilends pferd und waffen
Und ritterlichen ſchmuk in Tunis anzuſchaffen?
33. Es
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[0256] 30. Und wie er ihn zu Rom im Lateran geſucht, Und, ſeiner dort viel wochen ohne frucht Erwartend, unvermerkt ſein bischen geld verzettelt, Und wie er drauf, mit muſcheln ausſtaffiert, Sich durch die halbe welt als Pilger durchgebettelt, Bis ihn ſein guter Geiſt zulezt hieher gefuͤhrt, Wo Fatme, die er unverhoft gefunden, Auf beſſre zeit mit ihm zu harren ſich verbunden. 31. Zum gluͤk iſt immer unverſehrt (Sezt er hinzu) das kaͤſtchen mitgezogen Das euch der ſchoͤne Zwerg zu Askalon verehrt; Denn, wie ich ſehe, Horn und Becher ſind entflogen. Verzeiht mir, lieber Herr! ich traf den wunden ort; Es war nicht huͤbſch an mir ſo frey herauszuplatzen: Die freude, daß ich euch gefunden, macht mich ſchwatzen; Allein, ihr kennt mein herz, und weiter nun kein wort! 32. Der edle Fuͤrſtenſohn druͤkt ſeinem guten Alten Die hand, und ſpricht: ich kenne deine Treu', Sollſt alles wiſſen, Freund! ich will dir nichts verhalten, Allein, vor allem, ſteh in Einem ding mir bey. Das Kaͤſtchen, das du mir erhalten, Iſt an Juwelen reich; denkſt du nicht auch, es ſey Am beſten angewandt, mir eilends pferd und waffen Und ritterlichen ſchmuk in Tunis anzuſchaffen? 33. Es

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/256>, abgerufen am 14.05.2024.