Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.
12. Verdrossen geht Herr Hüon, auszurichtenWas ihm befohlen war. Er füllt mit bunten schichten Von blumen, Florens ganzem schaz, Den grösten korb, und eilt zum angewiesnen plaz. Fern ists von ihm, der sache mißzutrauen. Allein, beym eintritt in die grotte, fällt auf ihn Ein dumpfes wunderbares grauen, Und ein verborgner Arm scheint ihn zurükzuziehn. 13. Betroffen sezt er seine blumen nieder,Doch faßt er augenbliks sich wieder Und lächelt seiner furcht. Das zweifelhafte licht, Das unter tausendfachem flittern In diesem labyrinth mit sichtbarm Dunkel ficht, War ohnezweifel schuld an diesem kind'schen zittern, Denkt er, und geht getrost, bey immer hellerm schein, Mit seinem blumenkorb ins Innerste hinein. 14. Hier herrscht ein Tag wie zu verstohlnen freudenDie schlaue Lust ein zauberlicht sich wählt, Nicht tag nicht dämmerung; es schwebte zwischen beyden, Nur lieblicher durch das was ihm zu beyden fehlt. Es glich dem Mondschein, wenn durch Rosenlauben Sein silberlicht zerschmilzt in blasses roth. Der Held, wiewohl ihm hier noch nichts gefährlichs droht, Erwehrt sich kaum bezaubert sich zu glauben. 15. Was
12. Verdroſſen geht Herr Huͤon, auszurichtenWas ihm befohlen war. Er fuͤllt mit bunten ſchichten Von blumen, Florens ganzem ſchaz, Den groͤſten korb, und eilt zum angewieſnen plaz. Fern iſts von ihm, der ſache mißzutrauen. Allein, beym eintritt in die grotte, faͤllt auf ihn Ein dumpfes wunderbares grauen, Und ein verborgner Arm ſcheint ihn zuruͤkzuziehn. 13. Betroffen ſezt er ſeine blumen nieder,Doch faßt er augenbliks ſich wieder Und laͤchelt ſeiner furcht. Das zweifelhafte licht, Das unter tauſendfachem flittern In dieſem labyrinth mit ſichtbarm Dunkel ficht, War ohnezweifel ſchuld an dieſem kind'ſchen zittern, Denkt er, und geht getroſt, bey immer hellerm ſchein, Mit ſeinem blumenkorb ins Innerſte hinein. 14. Hier herrſcht ein Tag wie zu verſtohlnen freudenDie ſchlaue Luſt ein zauberlicht ſich waͤhlt, Nicht tag nicht daͤmmerung; es ſchwebte zwiſchen beyden, Nur lieblicher durch das was ihm zu beyden fehlt. Es glich dem Mondſchein, wenn durch Roſenlauben Sein ſilberlicht zerſchmilzt in blaſſes roth. Der Held, wiewohl ihm hier noch nichts gefaͤhrlichs droht, Erwehrt ſich kaum bezaubert ſich zu glauben. 15. Was
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0292"/> <lg n="12"> <head> <hi rendition="#c">12.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">V</hi>erdroſſen geht Herr Huͤon, auszurichten</l><lb/> <l>Was ihm befohlen war. Er fuͤllt mit bunten ſchichten</l><lb/> <l>Von blumen, Florens ganzem ſchaz,</l><lb/> <l>Den groͤſten korb, und eilt zum angewieſnen plaz.</l><lb/> <l>Fern iſts von ihm, der ſache mißzutrauen.</l><lb/> <l>Allein, beym eintritt in die grotte, faͤllt auf ihn</l><lb/> <l>Ein dumpfes wunderbares grauen,</l><lb/> <l>Und ein verborgner Arm ſcheint ihn zuruͤkzuziehn.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <head> <hi rendition="#c">13.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">B</hi>etroffen ſezt er ſeine blumen nieder,</l><lb/> <l>Doch faßt er augenbliks ſich wieder</l><lb/> <l>Und laͤchelt ſeiner furcht. Das zweifelhafte licht,</l><lb/> <l>Das unter tauſendfachem flittern</l><lb/> <l>In dieſem labyrinth mit ſichtbarm Dunkel ficht,</l><lb/> <l>War ohnezweifel ſchuld an dieſem kind'ſchen zittern,</l><lb/> <l>Denkt er, und geht getroſt, bey immer hellerm ſchein,</l><lb/> <l>Mit ſeinem blumenkorb ins Innerſte hinein.</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <head> <hi rendition="#c">14.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">H</hi>ier herrſcht ein Tag wie zu verſtohlnen freuden</l><lb/> <l>Die ſchlaue Luſt ein zauberlicht ſich waͤhlt,</l><lb/> <l>Nicht tag nicht daͤmmerung; es ſchwebte zwiſchen beyden,</l><lb/> <l>Nur lieblicher durch das was ihm zu beyden fehlt.</l><lb/> <l>Es glich dem Mondſchein, wenn durch Roſenlauben</l><lb/> <l>Sein ſilberlicht zerſchmilzt in blaſſes roth.</l><lb/> <l>Der Held, wiewohl ihm hier noch nichts gefaͤhrlichs droht,</l><lb/> <l>Erwehrt ſich kaum bezaubert ſich zu glauben.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">15. Was</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0292]
12.
Verdroſſen geht Herr Huͤon, auszurichten
Was ihm befohlen war. Er fuͤllt mit bunten ſchichten
Von blumen, Florens ganzem ſchaz,
Den groͤſten korb, und eilt zum angewieſnen plaz.
Fern iſts von ihm, der ſache mißzutrauen.
Allein, beym eintritt in die grotte, faͤllt auf ihn
Ein dumpfes wunderbares grauen,
Und ein verborgner Arm ſcheint ihn zuruͤkzuziehn.
13.
Betroffen ſezt er ſeine blumen nieder,
Doch faßt er augenbliks ſich wieder
Und laͤchelt ſeiner furcht. Das zweifelhafte licht,
Das unter tauſendfachem flittern
In dieſem labyrinth mit ſichtbarm Dunkel ficht,
War ohnezweifel ſchuld an dieſem kind'ſchen zittern,
Denkt er, und geht getroſt, bey immer hellerm ſchein,
Mit ſeinem blumenkorb ins Innerſte hinein.
14.
Hier herrſcht ein Tag wie zu verſtohlnen freuden
Die ſchlaue Luſt ein zauberlicht ſich waͤhlt,
Nicht tag nicht daͤmmerung; es ſchwebte zwiſchen beyden,
Nur lieblicher durch das was ihm zu beyden fehlt.
Es glich dem Mondſchein, wenn durch Roſenlauben
Sein ſilberlicht zerſchmilzt in blaſſes roth.
Der Held, wiewohl ihm hier noch nichts gefaͤhrlichs droht,
Erwehrt ſich kaum bezaubert ſich zu glauben.
15. Was
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/292 |
| Zitationshilfe: | Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/292>, abgerufen am 14.05.2024. |
