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Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.

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komische Kunst uns zeigt, eine wie närrische Seite sich dem ganzen pwo_239.004
Charakter abgewinnen läßt. Und reine Heiterkeit stimmt das Gemüt pwo_239.005
lauterer als jeder Affekt des Aergers oder Ekels.

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Wesen und Wirkung des Lustspiels.
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Das Lustspiel nimmt also von seinen Anfängen bis zu seinem pwo_239.009
Gipfel das Leben von der heitern Seite, geht auf ein Gegenstück pwo_239.010
zur ernsten Hinnahme des Menschen und seines Treibens pwo_239.011
aus. Wie das Weltleid in uns Wehmut ansammelt, die im pwo_239.012
Trauerspiel zu einer von Unlust freien Entladung gebracht wird, so pwo_239.013
kommt das Lustspiel dem Bedürfnis entgegen, uns den Ernst des pwo_239.014
Lebens durch Flucht in seine heiteren Begleiterscheinungen zu erleichtern. pwo_239.015
Eine von aller Unlust, von allem im Leben damit verbundenen pwo_239.016
Aergernis befreite Entladung dieses uns innewohnenden pwo_239.017
Lachreizes, ein Ausleben unseres Frohsinns bewirkt pwo_239.018
das Lustspiel.

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Noch hinter vollendet epischem Wesen bleibt die Komik zurück, solange pwo_239.020
sie im bloßen Wortwitz und in Lächerlichkeit der äußern Erscheinung pwo_239.021
besteht. Mit dem Situationswitz und der komischen Jntrigue hält pwo_239.022
sich das Lustspiel noch immer in epischen Banden. Komische Masken pwo_239.023
und selbst typische Charaktere bilden nur primitivere Ansätze zur Charakterkomik. pwo_239.024
Die individuelle Ausgestaltung der Charaktere, die Einführung pwo_239.025
ganzer Menschen mit ihrem komplizierten Seelenleben giebt pwo_239.026
dem Lustspiel das vollendete Wesen heiterer Lebensauffassung. Jhren pwo_239.027
Gipfel erreicht diese vollständige Auffassung des Lebens von der heitern pwo_239.028
Seite, dieser Blick auf die Kehrseite der Medaille, mit der Herrschaft pwo_239.029
des Charakters über sein Schicksal, mit der Zurückführung der pwo_239.030
heiteren Geschehnisse auf die heiteren Seiten des Menschentums.

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sie im bloßen Wortwitz und in Lächerlichkeit der äußern Erscheinung pwo_239.021
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[239/0253] pwo_239.001 Wandel unserer Stimmung bewirkt: was uns als Rohstoff im Leben pwo_239.002 ärgern und abstoßen würde, entlockt uns nun Heiterkeit, weil die pwo_239.003 komische Kunst uns zeigt, eine wie närrische Seite sich dem ganzen pwo_239.004 Charakter abgewinnen läßt. Und reine Heiterkeit stimmt das Gemüt pwo_239.005 lauterer als jeder Affekt des Aergers oder Ekels. pwo_239.006 § 92. pwo_239.007 Wesen und Wirkung des Lustspiels. pwo_239.008   Das Lustspiel nimmt also von seinen Anfängen bis zu seinem pwo_239.009 Gipfel das Leben von der heitern Seite, geht auf ein Gegenstück pwo_239.010 zur ernsten Hinnahme des Menschen und seines Treibens pwo_239.011 aus. Wie das Weltleid in uns Wehmut ansammelt, die im pwo_239.012 Trauerspiel zu einer von Unlust freien Entladung gebracht wird, so pwo_239.013 kommt das Lustspiel dem Bedürfnis entgegen, uns den Ernst des pwo_239.014 Lebens durch Flucht in seine heiteren Begleiterscheinungen zu erleichtern. pwo_239.015 Eine von aller Unlust, von allem im Leben damit verbundenen pwo_239.016 Aergernis befreite Entladung dieses uns innewohnenden pwo_239.017 Lachreizes, ein Ausleben unseres Frohsinns bewirkt pwo_239.018 das Lustspiel. pwo_239.019   Noch hinter vollendet epischem Wesen bleibt die Komik zurück, solange pwo_239.020 sie im bloßen Wortwitz und in Lächerlichkeit der äußern Erscheinung pwo_239.021 besteht. Mit dem Situationswitz und der komischen Jntrigue hält pwo_239.022 sich das Lustspiel noch immer in epischen Banden. Komische Masken pwo_239.023 und selbst typische Charaktere bilden nur primitivere Ansätze zur Charakterkomik. pwo_239.024 Die individuelle Ausgestaltung der Charaktere, die Einführung pwo_239.025 ganzer Menschen mit ihrem komplizierten Seelenleben giebt pwo_239.026 dem Lustspiel das vollendete Wesen heiterer Lebensauffassung. Jhren pwo_239.027 Gipfel erreicht diese vollständige Auffassung des Lebens von der heitern pwo_239.028 Seite, dieser Blick auf die Kehrseite der Medaille, mit der Herrschaft pwo_239.029 des Charakters über sein Schicksal, mit der Zurückführung der pwo_239.030 heiteren Geschehnisse auf die heiteren Seiten des Menschentums. pwo_239.031

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Zitationshilfe: Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/253>, abgerufen am 15.05.2024.