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Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

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Göttingische Anz. 143 St. 1760.
ferner nach Belieben, bloß durch eine Bewegung der
Tropfen neue Gefäße machen, ihnen eine andere Richtung
geben, den Raum zwischen zweyen andern durch einen
Tropfen den man aus ihnen drückt, zu einem Gefäße bil-
den und zwey in eines zusammen vereinigen. Hieraus
schließt Hr. Wolf, der zarte Bau der Gewächse habe
keine Gefäße, sondern laurer Bläschen, und die Gefäße
seyn im Anfange bloße Wege, ohne Häute, die in dem
erwachsenen Kraute einen festen Ueberzug und so genannte
Häute annehmen. Der Anwachs der Blätter geschieht
durch neue Bläschen, die sich zwischen die alten schieben,
und die Gefäße entstehen, indem ein Theil der festwerden-
den Säfte zu einer Blatter zwischen den Bläschen, und
zu einem Wege (meatus) zwischen den Gefäßen wird.
Aus eben dem verdickten Saft, der sich in die Gefäße
und Bläschen inwendig anhängt, werden beyde Theile
immer vollkommner; ursprünglich aber ist der Stoff des
Gewächses ein bloßes Gemische, in welchem allgemach
Bläschen und Gefäße entstehen. Beyde sind die Folge
und nicht die Ursache der Bewegung des Saftes. Aus
beyden Klassen, deren Geburt Hr. W. in mehrerm be-
stimmt, besteht die ganze Pflanze. Hr. W. befolgt hier-
nächst das Wachsthum (vegetatio) im weißen Kopfkoh-
le, und findet den Ursprung desselben in einer gewölbten
Spitze, die aus dem Keime heraustritt. Diese Spitze
bildet sich nach und nach in Blätter, die gleichfalls durch
gewisse Staffeln vollkommen werden, und es entstehn zum
ferneren Anwachs neue Spitzen. Alles dieses ist ein Saft,
der aus dem Ende der Pflanze austritt und nach und nach
dicker und fester wird. Die junge Wurzel, denn Hr. W.
verfolgt die ganze Oeconomie der Pflanzen, erwächset aus
Säften, die von außen durch die Rinde dringen, und in
das adrigte hölzerne Wesen sich einen Zugang machen und
also nach des Hrn. Wolfs Ausdrucke zurückführende
Adern ohne Schlagadern zuwege bringen. Wir können
ihm durch die übrigen Theile nicht nachfolgen, und bemer-
ken nur, daß er die Befruchtung auf sexualisch annimmt

ihr
J 5

Goͤttingiſche Anz. 143 St. 1760.
ferner nach Belieben, bloß durch eine Bewegung der
Tropfen neue Gefaͤße machen, ihnen eine andere Richtung
geben, den Raum zwiſchen zweyen andern durch einen
Tropfen den man aus ihnen druͤckt, zu einem Gefaͤße bil-
den und zwey in eines zuſammen vereinigen. Hieraus
ſchließt Hr. Wolf, der zarte Bau der Gewaͤchſe habe
keine Gefaͤße, ſondern laurer Blaͤschen, und die Gefaͤße
ſeyn im Anfange bloße Wege, ohne Haͤute, die in dem
erwachſenen Kraute einen feſten Ueberzug und ſo genannte
Haͤute annehmen. Der Anwachs der Blaͤtter geſchieht
durch neue Blaͤschen, die ſich zwiſchen die alten ſchieben,
und die Gefaͤße entſtehen, indem ein Theil der feſtwerden-
den Saͤfte zu einer Blatter zwiſchen den Blaͤschen, und
zu einem Wege (meatus) zwiſchen den Gefaͤßen wird.
Aus eben dem verdickten Saft, der ſich in die Gefaͤße
und Blaͤschen inwendig anhaͤngt, werden beyde Theile
immer vollkommner; urſpruͤnglich aber iſt der Stoff des
Gewaͤchſes ein bloßes Gemiſche, in welchem allgemach
Blaͤschen und Gefaͤße entſtehen. Beyde ſind die Folge
und nicht die Urſache der Bewegung des Saftes. Aus
beyden Klaſſen, deren Geburt Hr. W. in mehrerm be-
ſtimmt, beſteht die ganze Pflanze. Hr. W. befolgt hier-
naͤchſt das Wachsthum (vegetatio) im weißen Kopfkoh-
le, und findet den Urſprung deſſelben in einer gewoͤlbten
Spitze, die aus dem Keime heraustritt. Dieſe Spitze
bildet ſich nach und nach in Blaͤtter, die gleichfalls durch
gewiſſe Staffeln vollkommen werden, und es entſtehn zum
ferneren Anwachs neue Spitzen. Alles dieſes iſt ein Saft,
der aus dem Ende der Pflanze austritt und nach und nach
dicker und feſter wird. Die junge Wurzel, denn Hr. W.
verfolgt die ganze Oeconomie der Pflanzen, erwaͤchſet aus
Saͤften, die von außen durch die Rinde dringen, und in
das adrigte hoͤlzerne Weſen ſich einen Zugang machen und
alſo nach des Hrn. Wolfs Ausdrucke zuruͤckfuͤhrende
Adern ohne Schlagadern zuwege bringen. Wir koͤnnen
ihm durch die uͤbrigen Theile nicht nachfolgen, und bemer-
ken nur, daß er die Befruchtung auf ſexualiſch annimmt

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[137/0159] Goͤttingiſche Anz. 143 St. 1760. ferner nach Belieben, bloß durch eine Bewegung der Tropfen neue Gefaͤße machen, ihnen eine andere Richtung geben, den Raum zwiſchen zweyen andern durch einen Tropfen den man aus ihnen druͤckt, zu einem Gefaͤße bil- den und zwey in eines zuſammen vereinigen. Hieraus ſchließt Hr. Wolf, der zarte Bau der Gewaͤchſe habe keine Gefaͤße, ſondern laurer Blaͤschen, und die Gefaͤße ſeyn im Anfange bloße Wege, ohne Haͤute, die in dem erwachſenen Kraute einen feſten Ueberzug und ſo genannte Haͤute annehmen. Der Anwachs der Blaͤtter geſchieht durch neue Blaͤschen, die ſich zwiſchen die alten ſchieben, und die Gefaͤße entſtehen, indem ein Theil der feſtwerden- den Saͤfte zu einer Blatter zwiſchen den Blaͤschen, und zu einem Wege (meatus) zwiſchen den Gefaͤßen wird. Aus eben dem verdickten Saft, der ſich in die Gefaͤße und Blaͤschen inwendig anhaͤngt, werden beyde Theile immer vollkommner; urſpruͤnglich aber iſt der Stoff des Gewaͤchſes ein bloßes Gemiſche, in welchem allgemach Blaͤschen und Gefaͤße entſtehen. Beyde ſind die Folge und nicht die Urſache der Bewegung des Saftes. Aus beyden Klaſſen, deren Geburt Hr. W. in mehrerm be- ſtimmt, beſteht die ganze Pflanze. Hr. W. befolgt hier- naͤchſt das Wachsthum (vegetatio) im weißen Kopfkoh- le, und findet den Urſprung deſſelben in einer gewoͤlbten Spitze, die aus dem Keime heraustritt. Dieſe Spitze bildet ſich nach und nach in Blaͤtter, die gleichfalls durch gewiſſe Staffeln vollkommen werden, und es entſtehn zum ferneren Anwachs neue Spitzen. Alles dieſes iſt ein Saft, der aus dem Ende der Pflanze austritt und nach und nach dicker und feſter wird. Die junge Wurzel, denn Hr. W. verfolgt die ganze Oeconomie der Pflanzen, erwaͤchſet aus Saͤften, die von außen durch die Rinde dringen, und in das adrigte hoͤlzerne Weſen ſich einen Zugang machen und alſo nach des Hrn. Wolfs Ausdrucke zuruͤckfuͤhrende Adern ohne Schlagadern zuwege bringen. Wir koͤnnen ihm durch die uͤbrigen Theile nicht nachfolgen, und bemer- ken nur, daß er die Befruchtung auf ſexualiſch annimmt ihr J 5

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Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/159>, abgerufen am 27.04.2024.