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Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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derike, hast das von Alles ihm selbst gewußt? -- Kinder, es will mir zu Sinnen kommen, ihr habet mich alle zum Besten. Warum hast du mir davon keine Silbe, keinen Buchstaben gesagt?

Friederike küßte die Hand ihres Vaters und sagte: Besinnen Sie sich wohl, Väterchen, und machen Sie Ihrer Friederike keine Vorwürfe. Wissen Sie wohl, als ich so froh von meiner Unterhaltung mit Herrn von Hahn zu Ihnen kam und Ihnen sein Lob verkündigte und Ihnen Alles haarklein erzählen wollte, wie böse Sie geworden sind? Wissen Sie, wie Sie mir zu reden verboten und mir zur Belohnung meines stummen Gehorsams versprachen, den Waldrich da drüben für Herrn von Hahn auszuwechseln? Wissen Sie noch?

So? Hab' ich das gethan? Es geht doch in der Welt nichts über den Gehorsam, wenn man sich damit ein Vortheilchen machen will!

Mußt' ich denn nicht gehorchen? Drohten Sie nicht, die liebe Mama und mich in den Keller sperren zu wollen, wenn . . .

Ganz gut, du Plappermaul! Rücke mir nicht noch meine Sünden vor. Da du aber doch mit dem jungen Hahn, weißt du's, ohne mein Vorwissen geplappert hast, konntest du ihm nicht gleich damals sagen, welches wunderliche Vorurtheil gegen ihn aufgekommen war? Er wäre gewiß im Stande gewesen, uns sogleich anders zu belehren. Wenigstens hättest du ihm einen an-

derike, hast das von Alles ihm selbst gewußt? — Kinder, es will mir zu Sinnen kommen, ihr habet mich alle zum Besten. Warum hast du mir davon keine Silbe, keinen Buchstaben gesagt?

Friederike küßte die Hand ihres Vaters und sagte: Besinnen Sie sich wohl, Väterchen, und machen Sie Ihrer Friederike keine Vorwürfe. Wissen Sie wohl, als ich so froh von meiner Unterhaltung mit Herrn von Hahn zu Ihnen kam und Ihnen sein Lob verkündigte und Ihnen Alles haarklein erzählen wollte, wie böse Sie geworden sind? Wissen Sie, wie Sie mir zu reden verboten und mir zur Belohnung meines stummen Gehorsams versprachen, den Waldrich da drüben für Herrn von Hahn auszuwechseln? Wissen Sie noch?

So? Hab' ich das gethan? Es geht doch in der Welt nichts über den Gehorsam, wenn man sich damit ein Vortheilchen machen will!

Mußt' ich denn nicht gehorchen? Drohten Sie nicht, die liebe Mama und mich in den Keller sperren zu wollen, wenn . . .

Ganz gut, du Plappermaul! Rücke mir nicht noch meine Sünden vor. Da du aber doch mit dem jungen Hahn, weißt du's, ohne mein Vorwissen geplappert hast, konntest du ihm nicht gleich damals sagen, welches wunderliche Vorurtheil gegen ihn aufgekommen war? Er wäre gewiß im Stande gewesen, uns sogleich anders zu belehren. Wenigstens hättest du ihm einen an-

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[0158] derike, hast das von Alles ihm selbst gewußt? — Kinder, es will mir zu Sinnen kommen, ihr habet mich alle zum Besten. Warum hast du mir davon keine Silbe, keinen Buchstaben gesagt? Friederike küßte die Hand ihres Vaters und sagte: Besinnen Sie sich wohl, Väterchen, und machen Sie Ihrer Friederike keine Vorwürfe. Wissen Sie wohl, als ich so froh von meiner Unterhaltung mit Herrn von Hahn zu Ihnen kam und Ihnen sein Lob verkündigte und Ihnen Alles haarklein erzählen wollte, wie böse Sie geworden sind? Wissen Sie, wie Sie mir zu reden verboten und mir zur Belohnung meines stummen Gehorsams versprachen, den Waldrich da drüben für Herrn von Hahn auszuwechseln? Wissen Sie noch? So? Hab' ich das gethan? Es geht doch in der Welt nichts über den Gehorsam, wenn man sich damit ein Vortheilchen machen will! Mußt' ich denn nicht gehorchen? Drohten Sie nicht, die liebe Mama und mich in den Keller sperren zu wollen, wenn . . . Ganz gut, du Plappermaul! Rücke mir nicht noch meine Sünden vor. Da du aber doch mit dem jungen Hahn, weißt du's, ohne mein Vorwissen geplappert hast, konntest du ihm nicht gleich damals sagen, welches wunderliche Vorurtheil gegen ihn aufgekommen war? Er wäre gewiß im Stande gewesen, uns sogleich anders zu belehren. Wenigstens hättest du ihm einen an-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:15:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:15:44Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/158>, abgerufen am 29.04.2024.