Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Ein neues Gestirn.
Ein neues Gestirn.
O Gott! wie herrlich ist der Himmel! wie über Wunder
Wunder-schön

Sind, in den Tiefen, deine Schaaren, o Herr der Schaaren,
anzusehn!

Wie lieblich glänzen, spielen, blitzen, wie feurig schimmern,
flammen, funkeln

Die ungemeßnen großen Lichter der Welt-und Sonnen-Heer,
im Dunkeln!

Wie kräftig stralt, von ihrer Größe (sind sie gleich, durch die
Ferne, klein,)

Der von so vielen Billionen gefügter und getheilter Schein!
Wenn Heiden diese helle Körper, da sie so unausdrücklich schön,
Ob ihrer Größe, Glanz und Pracht erstaunt, für Götter an-
gesehn:

Scheint auch in ihrer Finsterniß ein' Art von Gottesdienst
zu stecken.

Ein' Art von Andacht können wir, in ihrem Jrrthum, selbst
entdecken.

Daher entsteht mit Recht die Frag', ob die Viel-und Abgötterey
Nicht ehe zu entschuldigen, und nicht viel minder sträflich sey,
Als wenn wir, wie von uns geschicht, vernunftlos nur für
güldne Zwecken

Sie anzusehen, uns nicht schämen, da wir, fast viehisch, uns
bemühn,

Durch Blendung unsrer Seelen-Augen, uns der Betrachtung
zu entziehn.

Zwar ist es lächerlich genug, wenn sie, mit abgeschmackten Bildern,
Das Firmament bemüht gewesen, nach ihrer Phantasey, zu
schildern,
Und
Ein neues Geſtirn.
Ein neues Geſtirn.
O Gott! wie herrlich iſt der Himmel! wie uͤber Wunder
Wunder-ſchoͤn

Sind, in den Tiefen, deine Schaaren, o Herr der Schaaren,
anzuſehn!

Wie lieblich glaͤnzen, ſpielen, blitzen, wie feurig ſchimmern,
flammen, funkeln

Die ungemeßnen großen Lichter der Welt-und Sonnen-Heer,
im Dunkeln!

Wie kraͤftig ſtralt, von ihrer Groͤße (ſind ſie gleich, durch die
Ferne, klein,)

Der von ſo vielen Billionen gefuͤgter und getheilter Schein!
Wenn Heiden dieſe helle Koͤrper, da ſie ſo unausdruͤcklich ſchoͤn,
Ob ihrer Groͤße, Glanz und Pracht erſtaunt, fuͤr Goͤtter an-
geſehn:

Scheint auch in ihrer Finſterniß ein’ Art von Gottesdienſt
zu ſtecken.

Ein’ Art von Andacht koͤnnen wir, in ihrem Jrrthum, ſelbſt
entdecken.

Daher entſteht mit Recht die Frag’, ob die Viel-und Abgoͤtterey
Nicht ehe zu entſchuldigen, und nicht viel minder ſtraͤflich ſey,
Als wenn wir, wie von uns geſchicht, vernunftlos nur fuͤr
guͤldne Zwecken

Sie anzuſehen, uns nicht ſchaͤmen, da wir, faſt viehiſch, uns
bemuͤhn,

Durch Blendung unſrer Seelen-Augen, uns der Betrachtung
zu entziehn.

Zwar iſt es laͤcherlich genug, wenn ſie, mit abgeſchmackten Bildern,
Das Firmament bemuͤht geweſen, nach ihrer Phantaſey, zu
ſchildern,
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0272" n="248"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Ein neues Ge&#x017F;tirn.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ein neues Ge&#x017F;tirn.</hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">O</hi> Gott! wie herrlich i&#x017F;t der Himmel! wie u&#x0364;ber Wunder<lb/><hi rendition="#et">Wunder-&#x017F;cho&#x0364;n</hi></l><lb/>
            <l>Sind, in den Tiefen, deine Schaaren, o Herr der Schaaren,<lb/><hi rendition="#et">anzu&#x017F;ehn!</hi></l><lb/>
            <l>Wie lieblich gla&#x0364;nzen, &#x017F;pielen, blitzen, wie feurig &#x017F;chimmern,<lb/><hi rendition="#et">flammen, funkeln</hi></l><lb/>
            <l>Die ungemeßnen großen Lichter der Welt-und Sonnen-Heer,<lb/><hi rendition="#et">im Dunkeln!</hi></l><lb/>
            <l>Wie kra&#x0364;ftig &#x017F;tralt, von ihrer Gro&#x0364;ße (&#x017F;ind &#x017F;ie gleich, durch die<lb/><hi rendition="#et">Ferne, klein,)</hi></l><lb/>
            <l>Der von &#x017F;o vielen Billionen gefu&#x0364;gter und getheilter Schein!</l><lb/>
            <l>Wenn Heiden die&#x017F;e helle Ko&#x0364;rper, da &#x017F;ie &#x017F;o unausdru&#x0364;cklich &#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
            <l>Ob ihrer Gro&#x0364;ße, Glanz und Pracht er&#x017F;taunt, fu&#x0364;r Go&#x0364;tter an-<lb/><hi rendition="#et">ge&#x017F;ehn:</hi></l><lb/>
            <l>Scheint auch in ihrer Fin&#x017F;terniß ein&#x2019; Art von Gottesdien&#x017F;t<lb/><hi rendition="#et">zu &#x017F;tecken.</hi></l><lb/>
            <l>Ein&#x2019; Art von Andacht ko&#x0364;nnen wir, in ihrem Jrrthum, &#x017F;elb&#x017F;t<lb/><hi rendition="#et">entdecken.</hi></l><lb/>
            <l>Daher ent&#x017F;teht mit Recht die Frag&#x2019;, ob die Viel-und Abgo&#x0364;tterey</l><lb/>
            <l>Nicht ehe zu ent&#x017F;chuldigen, und nicht viel minder &#x017F;tra&#x0364;flich &#x017F;ey,</l><lb/>
            <l>Als wenn wir, wie von uns ge&#x017F;chicht, vernunftlos nur fu&#x0364;r<lb/><hi rendition="#et">gu&#x0364;ldne Zwecken</hi></l><lb/>
            <l>Sie anzu&#x017F;ehen, uns nicht &#x017F;cha&#x0364;men, da wir, fa&#x017F;t viehi&#x017F;ch, uns<lb/><hi rendition="#et">bemu&#x0364;hn,</hi></l><lb/>
            <l>Durch Blendung un&#x017F;rer Seelen-Augen, uns der Betrachtung<lb/><hi rendition="#et">zu entziehn.</hi></l><lb/>
            <l>Zwar i&#x017F;t es la&#x0364;cherlich genug, wenn &#x017F;ie, mit abge&#x017F;chmackten Bildern,</l><lb/>
            <l>Das Firmament bemu&#x0364;ht gewe&#x017F;en, nach ihrer Phanta&#x017F;ey, zu<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;childern,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0272] Ein neues Geſtirn. Ein neues Geſtirn. O Gott! wie herrlich iſt der Himmel! wie uͤber Wunder Wunder-ſchoͤn Sind, in den Tiefen, deine Schaaren, o Herr der Schaaren, anzuſehn! Wie lieblich glaͤnzen, ſpielen, blitzen, wie feurig ſchimmern, flammen, funkeln Die ungemeßnen großen Lichter der Welt-und Sonnen-Heer, im Dunkeln! Wie kraͤftig ſtralt, von ihrer Groͤße (ſind ſie gleich, durch die Ferne, klein,) Der von ſo vielen Billionen gefuͤgter und getheilter Schein! Wenn Heiden dieſe helle Koͤrper, da ſie ſo unausdruͤcklich ſchoͤn, Ob ihrer Groͤße, Glanz und Pracht erſtaunt, fuͤr Goͤtter an- geſehn: Scheint auch in ihrer Finſterniß ein’ Art von Gottesdienſt zu ſtecken. Ein’ Art von Andacht koͤnnen wir, in ihrem Jrrthum, ſelbſt entdecken. Daher entſteht mit Recht die Frag’, ob die Viel-und Abgoͤtterey Nicht ehe zu entſchuldigen, und nicht viel minder ſtraͤflich ſey, Als wenn wir, wie von uns geſchicht, vernunftlos nur fuͤr guͤldne Zwecken Sie anzuſehen, uns nicht ſchaͤmen, da wir, faſt viehiſch, uns bemuͤhn, Durch Blendung unſrer Seelen-Augen, uns der Betrachtung zu entziehn. Zwar iſt es laͤcherlich genug, wenn ſie, mit abgeſchmackten Bildern, Das Firmament bemuͤht geweſen, nach ihrer Phantaſey, zu ſchildern, Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/272
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/272>, abgerufen am 30.04.2024.