schneidung der vorgespannten Membran, und das Einlegen eines in Essig getauchten Bäuschchens, um neue Verwachsung zu verhüten, unerläßlich, ja selbst bey beträchtlicher Ver- dickung sah man sich zuweilen, obwohl erst im vorgerückten Alter, um Conception, ja um die Geburt möglich zu ma- chen, zu einer ähnlichen Operation genöthigt *). --
2. Von krankhaften Bildungen der innern Geschlechtstheile.
§. 138.
Die Mutterscheide, als Fortsatz des Fruchthälters, nimmt gewöhnlich an den Abnormitäten des letztern sehr be- stimmt Antheil. Bey unvollkommener Entwicklung des Ge- schlechtssystems überhaupt findet sich daher auch die Mutter- scheide ausnehmend klein und eng, ohne sich in den spätern Jahren dieser Lebensperiode normal zu entfalten, welches zum Grund bleibender Unfruchtbarkeit wird; oder sie ist fer- ner der Länge nach, zuweilen auch nur am Eingange (und zwar beydes mitunter bey doppeltem Uterus) durch eine Scheidewand in zwei Gänge getheilt, Verwachsungen, welche übrigens dieselbe Kur wie die Atresie zulassen. Auch findet sich in seltnen Fällen ein freylich unheilbares Zusammenmün- den des Scheidenkanals und Mastdarms (bey der sogenann- ten Kloakenbildung **).
§. 139.
Die Gebärmutter sah man in mehreren Fällen, selbst bey vorhandenen äußern Genitalien gänzlich mangeln, oder in den frühern Lebensjahren sich so wenig entwickeln, daß in den Jahren herannahender Pubertät sie noch in derselben Größe wie beym neugeborenen Kinde gefunden wurde; Miß-
*) Wie H. Osiander in d. Denkwürdigkeiten II. Bd. S. 70. nach Vesal erwähnt, ist es auch bey europäischen Müttern früher ge- bräuchlich gewesen, das Hymen immer absichtlich als einen unnützen Theil zu zerstören (hierher gehört auch der Phallusdienst der Alten).
**) S. darüber J. F. Meckel's Handbuch der patholog. Anatomie. I. Bd. S. 698.
ſchneidung der vorgeſpannten Membran, und das Einlegen eines in Eſſig getauchten Baͤuſchchens, um neue Verwachſung zu verhuͤten, unerlaͤßlich, ja ſelbſt bey betraͤchtlicher Ver- dickung ſah man ſich zuweilen, obwohl erſt im vorgeruͤckten Alter, um Conception, ja um die Geburt moͤglich zu ma- chen, zu einer aͤhnlichen Operation genoͤthigt *). —
2. Von krankhaften Bildungen der innern Geſchlechtstheile.
§. 138.
Die Mutterſcheide, als Fortſatz des Fruchthaͤlters, nimmt gewoͤhnlich an den Abnormitaͤten des letztern ſehr be- ſtimmt Antheil. Bey unvollkommener Entwicklung des Ge- ſchlechtsſyſtems uͤberhaupt findet ſich daher auch die Mutter- ſcheide ausnehmend klein und eng, ohne ſich in den ſpaͤtern Jahren dieſer Lebensperiode normal zu entfalten, welches zum Grund bleibender Unfruchtbarkeit wird; oder ſie iſt fer- ner der Laͤnge nach, zuweilen auch nur am Eingange (und zwar beydes mitunter bey doppeltem Uterus) durch eine Scheidewand in zwei Gaͤnge getheilt, Verwachſungen, welche uͤbrigens dieſelbe Kur wie die Atreſie zulaſſen. Auch findet ſich in ſeltnen Faͤllen ein freylich unheilbares Zuſammenmuͤn- den des Scheidenkanals und Maſtdarms (bey der ſogenann- ten Kloakenbildung **).
§. 139.
Die Gebaͤrmutter ſah man in mehreren Faͤllen, ſelbſt bey vorhandenen aͤußern Genitalien gaͤnzlich mangeln, oder in den fruͤhern Lebensjahren ſich ſo wenig entwickeln, daß in den Jahren herannahender Pubertaͤt ſie noch in derſelben Groͤße wie beym neugeborenen Kinde gefunden wurde; Miß-
*) Wie H. Oſiander in d. Denkwuͤrdigkeiten II. Bd. S. 70. nach Veſal erwaͤhnt, iſt es auch bey europaͤiſchen Muͤttern fruͤher ge- braͤuchlich geweſen, das Hymen immer abſichtlich als einen unnuͤtzen Theil zu zerſtoͤren (hierher gehoͤrt auch der Phallusdienſt der Alten).
**) S. daruͤber J. F. Meckel’s Handbuch der patholog. Anatomie. I. Bd. S. 698.
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[104/0124]
ſchneidung der vorgeſpannten Membran, und das Einlegen
eines in Eſſig getauchten Baͤuſchchens, um neue Verwachſung
zu verhuͤten, unerlaͤßlich, ja ſelbſt bey betraͤchtlicher Ver-
dickung ſah man ſich zuweilen, obwohl erſt im vorgeruͤckten
Alter, um Conception, ja um die Geburt moͤglich zu ma-
chen, zu einer aͤhnlichen Operation genoͤthigt *). —
2. Von krankhaften Bildungen der innern Geſchlechtstheile.
§. 138.
Die Mutterſcheide, als Fortſatz des Fruchthaͤlters,
nimmt gewoͤhnlich an den Abnormitaͤten des letztern ſehr be-
ſtimmt Antheil. Bey unvollkommener Entwicklung des Ge-
ſchlechtsſyſtems uͤberhaupt findet ſich daher auch die Mutter-
ſcheide ausnehmend klein und eng, ohne ſich in den ſpaͤtern
Jahren dieſer Lebensperiode normal zu entfalten, welches
zum Grund bleibender Unfruchtbarkeit wird; oder ſie iſt fer-
ner der Laͤnge nach, zuweilen auch nur am Eingange (und
zwar beydes mitunter bey doppeltem Uterus) durch eine
Scheidewand in zwei Gaͤnge getheilt, Verwachſungen, welche
uͤbrigens dieſelbe Kur wie die Atreſie zulaſſen. Auch findet
ſich in ſeltnen Faͤllen ein freylich unheilbares Zuſammenmuͤn-
den des Scheidenkanals und Maſtdarms (bey der ſogenann-
ten Kloakenbildung **).
§. 139.
Die Gebaͤrmutter ſah man in mehreren Faͤllen, ſelbſt
bey vorhandenen aͤußern Genitalien gaͤnzlich mangeln, oder
in den fruͤhern Lebensjahren ſich ſo wenig entwickeln, daß in
den Jahren herannahender Pubertaͤt ſie noch in derſelben
Groͤße wie beym neugeborenen Kinde gefunden wurde; Miß-
*) Wie H. Oſiander in d. Denkwuͤrdigkeiten II. Bd. S. 70. nach
Veſal erwaͤhnt, iſt es auch bey europaͤiſchen Muͤttern fruͤher ge-
braͤuchlich geweſen, das Hymen immer abſichtlich als einen unnuͤtzen
Theil zu zerſtoͤren (hierher gehoͤrt auch der Phallusdienſt der Alten).
**) S. daruͤber J. F. Meckel’s Handbuch der patholog. Anatomie.
I. Bd. S. 698.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/124>, abgerufen am 17.06.2024.
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