"seinen eignen Vorurtheilen entsagte, den ihn sicher "erwartenden Haß und Verachtung aller seiner Gil- "degenossen -- größtentheils seiner Verwandten -- "nichts achtete; wie soll das Lernen des jungen Ju- "den eingerichtet werden? Soll er ordentliche Lehr- "jahre unter der erforderlichen strengen Zucht und "Subordination unter christlichen Meister und Gesel- "len aushalten? Dazu würde ein Jude seinen Kna- "ben nicht hergeben. Soll er aber gelinder und be- "quemer gehalten werden, als der christliche Lehr- "jung? Der Vorzug würde den jungen Juden selbst "gewis zu einem schlechten Handwerker machen. "Soll er bey dem Meister wohnen, schlaffen und "essen? Die Einrichtung der meisten Handwerke "macht dieses unumgänglich erfoderlich, die Verfas- "sung des jüdischen Ceremonialgesetzes aber unmög- "lich. An seinen vielen Feyer- und Fasttagen darf "er ohnehin nicht, und an unsern Sonn- und Fest- "tagen kann er, wenigstens im Hause des Meisters, "gleichfalls nicht arbeiten. Soll er mit christlichen "Jungen zugleich lernen, oder nur mit seinen Glau- "bensgenossen? Welches Unheil, und welche unauf- "hörliche Zänkereyen würden im ersten Fall entste- "hen, und der andere wird schwer möglich zu ma- "chen seyn. Und welche Handwerke soll der junge
"Jude
„ſeinen eignen Vorurtheilen entſagte, den ihn ſicher „erwartenden Haß und Verachtung aller ſeiner Gil- „degenoſſen — groͤßtentheils ſeiner Verwandten — „nichts achtete; wie ſoll das Lernen des jungen Ju- „den eingerichtet werden? Soll er ordentliche Lehr- „jahre unter der erforderlichen ſtrengen Zucht und „Subordination unter chriſtlichen Meiſter und Geſel- „len aushalten? Dazu wuͤrde ein Jude ſeinen Kna- „ben nicht hergeben. Soll er aber gelinder und be- „quemer gehalten werden, als der chriſtliche Lehr- „jung? Der Vorzug wuͤrde den jungen Juden ſelbſt „gewis zu einem ſchlechten Handwerker machen. „Soll er bey dem Meiſter wohnen, ſchlaffen und „eſſen? Die Einrichtung der meiſten Handwerke „macht dieſes unumgaͤnglich erfoderlich, die Verfaſ- „ſung des juͤdiſchen Ceremonialgeſetzes aber unmoͤg- „lich. An ſeinen vielen Feyer- und Faſttagen darf „er ohnehin nicht, und an unſern Sonn- und Feſt- „tagen kann er, wenigſtens im Hauſe des Meiſters, „gleichfalls nicht arbeiten. Soll er mit chriſtlichen „Jungen zugleich lernen, oder nur mit ſeinen Glau- „bensgenoſſen? Welches Unheil, und welche unauf- „hoͤrliche Zaͤnkereyen wuͤrden im erſten Fall entſte- „hen, und der andere wird ſchwer moͤglich zu ma- „chen ſeyn. Und welche Handwerke ſoll der junge
„Jude
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„ſeinen eignen Vorurtheilen entſagte, den ihn ſicher
„erwartenden Haß und Verachtung aller ſeiner Gil-
„degenoſſen — groͤßtentheils ſeiner Verwandten —
„nichts achtete; wie ſoll das Lernen des jungen Ju-
„den eingerichtet werden? Soll er ordentliche Lehr-
„jahre unter der erforderlichen ſtrengen Zucht und
„Subordination unter chriſtlichen Meiſter und Geſel-
„len aushalten? Dazu wuͤrde ein Jude ſeinen Kna-
„ben nicht hergeben. Soll er aber gelinder und be-
„quemer gehalten werden, als der chriſtliche Lehr-
„jung? Der Vorzug wuͤrde den jungen Juden ſelbſt
„gewis zu einem ſchlechten Handwerker machen.
„Soll er bey dem Meiſter wohnen, ſchlaffen und
„eſſen? Die Einrichtung der meiſten Handwerke
„macht dieſes unumgaͤnglich erfoderlich, die Verfaſ-
„ſung des juͤdiſchen Ceremonialgeſetzes aber unmoͤg-
„lich. An ſeinen vielen Feyer- und Faſttagen darf
„er ohnehin nicht, und an unſern Sonn- und Feſt-
„tagen kann er, wenigſtens im Hauſe des Meiſters,
„gleichfalls nicht arbeiten. Soll er mit chriſtlichen
„Jungen zugleich lernen, oder nur mit ſeinen Glau-
„bensgenoſſen? Welches Unheil, und welche unauf-
„hoͤrliche Zaͤnkereyen wuͤrden im erſten Fall entſte-
„hen, und der andere wird ſchwer moͤglich zu ma-
„chen ſeyn. Und welche Handwerke ſoll der junge
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/275>, abgerufen am 28.04.2024.
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