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Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

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Dritter Abschnitt. Die Verwendung der Torpedos.
die scharfsinnigsten Berechnungen angestellt worden. Man hat sich
indessen in diesem Lande bei den stets bereitwilligst zur Verfügung
gestellten reichen Mitteln auf die einfachste Weise durch Errichtung
der defense mobile zu helfen gewußt. Theorien allein sind auch
nicht zuverlässig genug.

Es sind längs der gesammten Küste Torpedoboots- und Signal-
stationen errichtet. Es wird daher ein Feind, von welcher Seite er
auch kommen mag, stets Torpedobootsangriffe zu erwarten und
demnach einen schweren Stand haben.

Die Torpedoboote der defense mobile können in kürzester
Zeit
kriegsbereit gemacht werden, ein Stamm von Offizieren und
Mannschaften ist dauernd vorhanden, und mit großer Gewissen-
haftigkeit werden Schieß- und Fahrübungen in regelmäßig wieder-
kehrenden Zeitabschnitten ausgeführt.

Je nach ihrer strategischen Wichtigkeit sind die Stationen mit
mehr oder weniger Torpedobooten besetzt, niemals aber findet man
ein einzelnes Torpedoboot.

Es ist hieraus ersichtlich, daß Torpedoboote stets in der Mehr-
zahl auftreten sollen, es ist ferner ersichtlich, daß Torpedoboote eines
Stützpunktes bedürfen, und aus dem engen Zusammenhange von
Signal- und Torpedobootsstationen sowie aus der großen Zahl
derselben ist ersichtlich, daß man den Torpedobooten ein Suchen des
Feindes möglichst erleichtern und daß man einen Erfolg rasch
herbeiführen will.

Am deutlichsten aber zeigt diese Einrichtung, welche auch in
anderen Staaten, z. B. Italien und Rußland, nachgeahmt worden ist,
wie Torpedoboote, trotzdem sie eine Angriffswaffe par excellence
darstellen, in Wirklichkeit nur der Defensive zu dienen bestimmt sind,
dieser aber dafür auch einen höchst offensiven Charakter verleihen.

In England legt man scheinbar weniger Werth auf Torpedo-
boote. Hier sind es die Torpedobootszerstörer, welche die Hauptrolle
spielen, indessen gehört dieses Thema zum Inhalte des nächsten
Kapitels. England hat auch weniger Veranlassung, sich mit Torpedo-
booten zu beschäftigen, wie andere Staaten. Vermöge seiner
gewaltigen Flotte ist dieses glückliche Land in der beneidenswerthen
Lage, den Krieg an die fremden Küsten verlegen zu können. Mit
Torpedobooten kann man jedoch die Seeherrschaft nicht behaupten.

Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos.
die ſcharfſinnigſten Berechnungen angeſtellt worden. Man hat ſich
indeſſen in dieſem Lande bei den ſtets bereitwilligſt zur Verfügung
geſtellten reichen Mitteln auf die einfachſte Weiſe durch Errichtung
der défense mobile zu helfen gewußt. Theorien allein ſind auch
nicht zuverläſſig genug.

Es ſind längs der geſammten Küſte Torpedoboots- und Signal-
ſtationen errichtet. Es wird daher ein Feind, von welcher Seite er
auch kommen mag, ſtets Torpedobootsangriffe zu erwarten und
demnach einen ſchweren Stand haben.

Die Torpedoboote der défense mobile können in kürzeſter
Zeit
kriegsbereit gemacht werden, ein Stamm von Offizieren und
Mannſchaften iſt dauernd vorhanden, und mit großer Gewiſſen-
haftigkeit werden Schieß- und Fahrübungen in regelmäßig wieder-
kehrenden Zeitabſchnitten ausgeführt.

Je nach ihrer ſtrategiſchen Wichtigkeit ſind die Stationen mit
mehr oder weniger Torpedobooten beſetzt, niemals aber findet man
ein einzelnes Torpedoboot.

Es iſt hieraus erſichtlich, daß Torpedoboote ſtets in der Mehr-
zahl auftreten ſollen, es iſt ferner erſichtlich, daß Torpedoboote eines
Stützpunktes bedürfen, und aus dem engen Zuſammenhange von
Signal- und Torpedobootsſtationen ſowie aus der großen Zahl
derſelben iſt erſichtlich, daß man den Torpedobooten ein Suchen des
Feindes möglichſt erleichtern und daß man einen Erfolg raſch
herbeiführen will.

Am deutlichſten aber zeigt dieſe Einrichtung, welche auch in
anderen Staaten, z. B. Italien und Rußland, nachgeahmt worden iſt,
wie Torpedoboote, trotzdem ſie eine Angriffswaffe par excellence
darſtellen, in Wirklichkeit nur der Defenſive zu dienen beſtimmt ſind,
dieſer aber dafür auch einen höchſt offenſiven Charakter verleihen.

In England legt man ſcheinbar weniger Werth auf Torpedo-
boote. Hier ſind es die Torpedobootszerſtörer, welche die Hauptrolle
ſpielen, indeſſen gehört dieſes Thema zum Inhalte des nächſten
Kapitels. England hat auch weniger Veranlaſſung, ſich mit Torpedo-
booten zu beſchäftigen, wie andere Staaten. Vermöge ſeiner
gewaltigen Flotte iſt dieſes glückliche Land in der beneidenswerthen
Lage, den Krieg an die fremden Küſten verlegen zu können. Mit
Torpedobooten kann man jedoch die Seeherrſchaft nicht behaupten.

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[76/0094] Dritter Abſchnitt. Die Verwendung der Torpedos. die ſcharfſinnigſten Berechnungen angeſtellt worden. Man hat ſich indeſſen in dieſem Lande bei den ſtets bereitwilligſt zur Verfügung geſtellten reichen Mitteln auf die einfachſte Weiſe durch Errichtung der défense mobile zu helfen gewußt. Theorien allein ſind auch nicht zuverläſſig genug. Es ſind längs der geſammten Küſte Torpedoboots- und Signal- ſtationen errichtet. Es wird daher ein Feind, von welcher Seite er auch kommen mag, ſtets Torpedobootsangriffe zu erwarten und demnach einen ſchweren Stand haben. Die Torpedoboote der défense mobile können in kürzeſter Zeit kriegsbereit gemacht werden, ein Stamm von Offizieren und Mannſchaften iſt dauernd vorhanden, und mit großer Gewiſſen- haftigkeit werden Schieß- und Fahrübungen in regelmäßig wieder- kehrenden Zeitabſchnitten ausgeführt. Je nach ihrer ſtrategiſchen Wichtigkeit ſind die Stationen mit mehr oder weniger Torpedobooten beſetzt, niemals aber findet man ein einzelnes Torpedoboot. Es iſt hieraus erſichtlich, daß Torpedoboote ſtets in der Mehr- zahl auftreten ſollen, es iſt ferner erſichtlich, daß Torpedoboote eines Stützpunktes bedürfen, und aus dem engen Zuſammenhange von Signal- und Torpedobootsſtationen ſowie aus der großen Zahl derſelben iſt erſichtlich, daß man den Torpedobooten ein Suchen des Feindes möglichſt erleichtern und daß man einen Erfolg raſch herbeiführen will. Am deutlichſten aber zeigt dieſe Einrichtung, welche auch in anderen Staaten, z. B. Italien und Rußland, nachgeahmt worden iſt, wie Torpedoboote, trotzdem ſie eine Angriffswaffe par excellence darſtellen, in Wirklichkeit nur der Defenſive zu dienen beſtimmt ſind, dieſer aber dafür auch einen höchſt offenſiven Charakter verleihen. In England legt man ſcheinbar weniger Werth auf Torpedo- boote. Hier ſind es die Torpedobootszerſtörer, welche die Hauptrolle ſpielen, indeſſen gehört dieſes Thema zum Inhalte des nächſten Kapitels. England hat auch weniger Veranlaſſung, ſich mit Torpedo- booten zu beſchäftigen, wie andere Staaten. Vermöge ſeiner gewaltigen Flotte iſt dieſes glückliche Land in der beneidenswerthen Lage, den Krieg an die fremden Küſten verlegen zu können. Mit Torpedobooten kann man jedoch die Seeherrſchaft nicht behaupten.

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Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/94>, abgerufen am 30.04.2024.