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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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eine von ihm veranstaltete Copie sein. Aber hierbei sind die nicht mitein¬
ander stimmenden Angaben zweier Autoren als stimmend zusammengenommen,
und Fesch's ausdrückliche Bemerkung, daß das aus der Stifterfamilie stam¬
mende Bild, was er bespricht, was sein Großvater. Gatte einer Enkelin des
Bürgermeister Meier, selbst besessen, an Königin Marie (nicht an Lössert) ge¬
kommen, dahin verkehrt, daß es an Lössert gekommen, mithin vielmehr das
von Lössert erkaufte Darmstädter als das Dresdener sei; wofür man nur geltend
machen kann, einmal, daß Fesch's Bericht auch sonst an Ungenauigkeiten lei-
det, zweitens, daß, wenn wirklich Leblon eine Copie von dem ächten Bilde
hat machen lassen -- was doch gerade erst das zu Beweisende ist -- bei der
vorausgesetzten Aechtheit des Darmstädter Exemplars nicht dieses, sondern
nur das Dresdener die Copie sein kann. Aber abgesehen von den Zweifeln,
die man etwa noch gegen die Aechtheit des Darmstädter Exemplars erheben
kann, und denen ich selbst kein Gewicht beilege, ist die Ungenauigkeit von
Fesch's Angaben, wenn man sie doch einmal zugestehen muß. unstreitig an
einem ganz anderen Punkt zu suchen, und wird es, wenn man seine Angabe
nicht für gänzlich aus der Luft gegriffen ansehen will, nach Zusammenhalten
aller Umstände wahrscheinlich, daß zwar wirklich das Dresdener Exemplar
an die Königin gelangt sei, aber nicht durch Leblon und nicht in der Zeit,
als Marie flüchtig in den Niederlanden war (wo sie gar nicht in der Lage
gewesen und nicht in der Stimmung gedacht werden kann, das Bild zu
kaufen), sondern daß sie es unmittelbar aus Basel selbst, während
sie noch in Frankreich weilte, erhalten hat, Fesch aber, der offenbar nur
von der Existenz des Einen Exemplars wußte, was sein Großvater besessen,
aber von beiden etwas gehört haben mochte, von einem, daß es an Leblon.
vom anderen, daß es an die Königin Marie gelangt sei, wars nun beides
dahin zusammmen, daß er das Bild durch Leblon an die Königin, von deren
Ausenthalt in den Niederlanden er wußte, gelangen ließ. Hierfür spricht
namentlich auch, daß Fesch für denVerkauf desvonihmbesproche-
nen Bildes an die Königin denselben Verkaufspreis angibt,
wie Sandrart für den Verkauf des Darmstädter an Lössert.
nämlich 3000 Gulden. -- Also statt einer Verdoppelung des Bildes durch
Leblon vielmehr eine Verschmelzung zweier Bilder durch Fesch. -- Ich sagte:
die Königin war als Flüchtling in den Niederlanden weder in der Lage noch
in der Stimmung, das Bild, namentlich ein so theures Bild, zu kaufen.
Sie befand sich während der ganzen Zeit ihres Aufenthaltes in den Nieder-
landen in prekären Verhältnissen, bot vergeblich Alles auf, um Mittel zu
einem Kriege gegen Frankreich zusammenzubringen, ihr Leibgedinge war ein¬
gezogen; sie verpfändete ihre Juwelen, mußte sogar später aus Mangel ihre
Domestiken entlassen, es wird von einem täglich zunehmenden "MMe state"


eine von ihm veranstaltete Copie sein. Aber hierbei sind die nicht mitein¬
ander stimmenden Angaben zweier Autoren als stimmend zusammengenommen,
und Fesch's ausdrückliche Bemerkung, daß das aus der Stifterfamilie stam¬
mende Bild, was er bespricht, was sein Großvater. Gatte einer Enkelin des
Bürgermeister Meier, selbst besessen, an Königin Marie (nicht an Lössert) ge¬
kommen, dahin verkehrt, daß es an Lössert gekommen, mithin vielmehr das
von Lössert erkaufte Darmstädter als das Dresdener sei; wofür man nur geltend
machen kann, einmal, daß Fesch's Bericht auch sonst an Ungenauigkeiten lei-
det, zweitens, daß, wenn wirklich Leblon eine Copie von dem ächten Bilde
hat machen lassen — was doch gerade erst das zu Beweisende ist — bei der
vorausgesetzten Aechtheit des Darmstädter Exemplars nicht dieses, sondern
nur das Dresdener die Copie sein kann. Aber abgesehen von den Zweifeln,
die man etwa noch gegen die Aechtheit des Darmstädter Exemplars erheben
kann, und denen ich selbst kein Gewicht beilege, ist die Ungenauigkeit von
Fesch's Angaben, wenn man sie doch einmal zugestehen muß. unstreitig an
einem ganz anderen Punkt zu suchen, und wird es, wenn man seine Angabe
nicht für gänzlich aus der Luft gegriffen ansehen will, nach Zusammenhalten
aller Umstände wahrscheinlich, daß zwar wirklich das Dresdener Exemplar
an die Königin gelangt sei, aber nicht durch Leblon und nicht in der Zeit,
als Marie flüchtig in den Niederlanden war (wo sie gar nicht in der Lage
gewesen und nicht in der Stimmung gedacht werden kann, das Bild zu
kaufen), sondern daß sie es unmittelbar aus Basel selbst, während
sie noch in Frankreich weilte, erhalten hat, Fesch aber, der offenbar nur
von der Existenz des Einen Exemplars wußte, was sein Großvater besessen,
aber von beiden etwas gehört haben mochte, von einem, daß es an Leblon.
vom anderen, daß es an die Königin Marie gelangt sei, wars nun beides
dahin zusammmen, daß er das Bild durch Leblon an die Königin, von deren
Ausenthalt in den Niederlanden er wußte, gelangen ließ. Hierfür spricht
namentlich auch, daß Fesch für denVerkauf desvonihmbesproche-
nen Bildes an die Königin denselben Verkaufspreis angibt,
wie Sandrart für den Verkauf des Darmstädter an Lössert.
nämlich 3000 Gulden. — Also statt einer Verdoppelung des Bildes durch
Leblon vielmehr eine Verschmelzung zweier Bilder durch Fesch. — Ich sagte:
die Königin war als Flüchtling in den Niederlanden weder in der Lage noch
in der Stimmung, das Bild, namentlich ein so theures Bild, zu kaufen.
Sie befand sich während der ganzen Zeit ihres Aufenthaltes in den Nieder-
landen in prekären Verhältnissen, bot vergeblich Alles auf, um Mittel zu
einem Kriege gegen Frankreich zusammenzubringen, ihr Leibgedinge war ein¬
gezogen; sie verpfändete ihre Juwelen, mußte sogar später aus Mangel ihre
Domestiken entlassen, es wird von einem täglich zunehmenden „MMe state"


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/58>, abgerufen am 26.04.2024.