Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.Zweikampf und Strafgesetz. Unparteiische das Zeichen zur Eröffnung des Zweikampfes gegeben hat -- aber Dies führt zu folgenden Ungeheuerlichkeiten: 1. Bei solchen Zweikämpfen, deren vereinbarte oder herkömmliche Regeln 2. Bei solchen Zweikämpfen, in denen eine Abwechselung des Zweikampfes Aus dem Gesagten wird ersichtlich, daß eine Aufhebung der Duellpara- Das Ergebnis unsrer Untersuchungen ist, daß der Zweikampf sich als be¬ Zweikampf und Strafgesetz. Unparteiische das Zeichen zur Eröffnung des Zweikampfes gegeben hat — aber Dies führt zu folgenden Ungeheuerlichkeiten: 1. Bei solchen Zweikämpfen, deren vereinbarte oder herkömmliche Regeln 2. Bei solchen Zweikämpfen, in denen eine Abwechselung des Zweikampfes Aus dem Gesagten wird ersichtlich, daß eine Aufhebung der Duellpara- Das Ergebnis unsrer Untersuchungen ist, daß der Zweikampf sich als be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0470" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/201249"/> <fw type="header" place="top"> Zweikampf und Strafgesetz.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1473" prev="#ID_1472"> Unparteiische das Zeichen zur Eröffnung des Zweikampfes gegeben hat — aber<lb/> auch keinen Augenblick früher —, wird ferner der Angriff gegenwärtig.<lb/> Von diesem Augenblicke an wird schließlich die Verletzung des angreifenden<lb/> Gegners zur Verteidigung erforderlich, sei es auch, falls dem Ange¬<lb/> griffenen zu diesem Zeitpunkte die Verletzung nach den Regeln des Zweikampfes<lb/> nicht erlaubt ist, durch Übertretung derselben; denn eine andre erfolgreiche Ver¬<lb/> teidigung, als die Verletzung des Gegners, etwa der Rücktritt vom Zweikampf,<lb/> ist nun nicht mehr möglich. Sämtliche Erfordernisse des Z 53 sind somit von<lb/> jenem Augenblicke an erfüllt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1474"> Dies führt zu folgenden Ungeheuerlichkeiten:</p><lb/> <p xml:id="ID_1475"> 1. Bei solchen Zweikämpfen, deren vereinbarte oder herkömmliche Regeln<lb/> Gleichzeitigkeit der Angriffe beider Parteien vorschreiben, also namentlich bei<lb/> allen Duellen mit der blanken Waffe, müssen die innerhalb jener Regeln er¬<lb/> folgten oder versuchten Verletzungen des Gegners, als durch Notwehr geboten,<lb/> straffrei bleiben. Bei dieser Art von Duellen machen sich die Thäter also nur dann<lb/> strafbar, wenn sie durch Übertretung der Regeln eine Verletzung des Gegners<lb/> herbeiführen, denn da ihnen jene Regeln genügende Verteidigungsmittel an die<lb/> Hand geben, so ist eine Übertretung derselben zur Verteidigung nicht erforderlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1476"> 2. Bei solchen Zweikämpfen, in denen eine Abwechselung des Zweikampfes<lb/> vorgeschrieben ist, also bei gewissen Arten von Pistolenduellen, wird die durch<lb/> Gebrauch der herkömmlichen oder verabredeten Rechte des Duellanten herbei¬<lb/> geführte Verletzung des Gegners «ach der ganzen Schwere des Gesetzes bestraft,<lb/> da im Augenblicke der Herbeiführung der Verletzung nicht mit einem gegen¬<lb/> wärtigen, sondern nur mit einem zukünftigen Angriffe des Gegners zu rechnen,<lb/> daher überdies eine Verteidigung zur Abwendung desselben noch nicht er¬<lb/> forderlich, vielmehr nur wünschenswert war. Wird dagegen von der einen<lb/> Partei eine Verletzung der andern zu einem Zeitpunkte, zu welchem die letztere<lb/> an der Reihe des Angriffs war, bewirkt, also mittels einer Übertretung der<lb/> Zweikampfsregeln, so bleibt diese Verletzung straffrei, da sie zur Abwendung<lb/> eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffes, gegen welchen jene Regeln keine<lb/> Verteidigung gewährten, erforderlich war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1477"> Aus dem Gesagten wird ersichtlich, daß eine Aufhebung der Duellpara-<lb/> grapheu keineswegs die Folge haben würde, daß der leichtfertige Duellant als<lb/> Mörder oder dergleichen bestraft und der schuldlose, friedliebende wegen Not¬<lb/> wehr freigesprochen werden würde. Sie würde vielmehr in manchen Fällen<lb/> nur zur Bevorrechtung der Feigen und zur Achtung der Ehrenhaften, in andern<lb/> zur völligen Machtlosigkeit des Gesetzes den Duellanten gegenüber führen.<lb/> Billigkeitsgründe erheischen daher ebenso dringend eine gesonderte gesetzliche Be¬<lb/> handlung des Zweikampfes, wie seine rechtliche Natur.</p><lb/> <p xml:id="ID_1478"> Das Ergebnis unsrer Untersuchungen ist, daß der Zweikampf sich als be¬<lb/> sondres Verbrechen erweist, welches nach seinem besondern Maßstabe gemessen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0470]
Zweikampf und Strafgesetz.
Unparteiische das Zeichen zur Eröffnung des Zweikampfes gegeben hat — aber
auch keinen Augenblick früher —, wird ferner der Angriff gegenwärtig.
Von diesem Augenblicke an wird schließlich die Verletzung des angreifenden
Gegners zur Verteidigung erforderlich, sei es auch, falls dem Ange¬
griffenen zu diesem Zeitpunkte die Verletzung nach den Regeln des Zweikampfes
nicht erlaubt ist, durch Übertretung derselben; denn eine andre erfolgreiche Ver¬
teidigung, als die Verletzung des Gegners, etwa der Rücktritt vom Zweikampf,
ist nun nicht mehr möglich. Sämtliche Erfordernisse des Z 53 sind somit von
jenem Augenblicke an erfüllt.
Dies führt zu folgenden Ungeheuerlichkeiten:
1. Bei solchen Zweikämpfen, deren vereinbarte oder herkömmliche Regeln
Gleichzeitigkeit der Angriffe beider Parteien vorschreiben, also namentlich bei
allen Duellen mit der blanken Waffe, müssen die innerhalb jener Regeln er¬
folgten oder versuchten Verletzungen des Gegners, als durch Notwehr geboten,
straffrei bleiben. Bei dieser Art von Duellen machen sich die Thäter also nur dann
strafbar, wenn sie durch Übertretung der Regeln eine Verletzung des Gegners
herbeiführen, denn da ihnen jene Regeln genügende Verteidigungsmittel an die
Hand geben, so ist eine Übertretung derselben zur Verteidigung nicht erforderlich.
2. Bei solchen Zweikämpfen, in denen eine Abwechselung des Zweikampfes
vorgeschrieben ist, also bei gewissen Arten von Pistolenduellen, wird die durch
Gebrauch der herkömmlichen oder verabredeten Rechte des Duellanten herbei¬
geführte Verletzung des Gegners «ach der ganzen Schwere des Gesetzes bestraft,
da im Augenblicke der Herbeiführung der Verletzung nicht mit einem gegen¬
wärtigen, sondern nur mit einem zukünftigen Angriffe des Gegners zu rechnen,
daher überdies eine Verteidigung zur Abwendung desselben noch nicht er¬
forderlich, vielmehr nur wünschenswert war. Wird dagegen von der einen
Partei eine Verletzung der andern zu einem Zeitpunkte, zu welchem die letztere
an der Reihe des Angriffs war, bewirkt, also mittels einer Übertretung der
Zweikampfsregeln, so bleibt diese Verletzung straffrei, da sie zur Abwendung
eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffes, gegen welchen jene Regeln keine
Verteidigung gewährten, erforderlich war.
Aus dem Gesagten wird ersichtlich, daß eine Aufhebung der Duellpara-
grapheu keineswegs die Folge haben würde, daß der leichtfertige Duellant als
Mörder oder dergleichen bestraft und der schuldlose, friedliebende wegen Not¬
wehr freigesprochen werden würde. Sie würde vielmehr in manchen Fällen
nur zur Bevorrechtung der Feigen und zur Achtung der Ehrenhaften, in andern
zur völligen Machtlosigkeit des Gesetzes den Duellanten gegenüber führen.
Billigkeitsgründe erheischen daher ebenso dringend eine gesonderte gesetzliche Be¬
handlung des Zweikampfes, wie seine rechtliche Natur.
Das Ergebnis unsrer Untersuchungen ist, daß der Zweikampf sich als be¬
sondres Verbrechen erweist, welches nach seinem besondern Maßstabe gemessen
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