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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. anomalien der alth. conjugation.
(decolorare) varawan (tingere); im praet. entw. vollstän-
dig karawita, scatawita, salawita, varawita oder syn-
copiert: karota, salota, varota (nicht zu mischen mit
dem -ota zweiter conj., daher) gleichbedeutig karuta
(hild. und gl. hrab. 962b) etc. geschrieben, wie ich auch
K. 24b für karata zu lesen vorschlage. Die ausstoßung
des a mit behaltener spirans: karwita, salwita etc. ist als
dritte form zuläßig, vgl. K. 54b kikarwit. Das ganze
verhältnis nur scheinbar anomal.

9) die siebente goth. anomalie geht hier aus, denn
es läßt sich z. b. von trucchanen (siccari) terchinen
(pallescere) wesnen (marcescere) weder ein starker imp.
noch ein praet. nach zweiter conj. aufzeigen, obgleich
die bildungssilbe -an, -in, -n jenem goth. -n ver-
wandt ist. Solche verba gehen alth. sowohl nach erster,
als zweiter und dritter schw. conj.

10) zwar dem goth. fraihna (s. 855.) antwortet fregin
(fando accipio) im wessobr. denkm. (? für freginu), doch
kein praet. vrah, vrahun will sich finden, auch kein vragn
(vgl. angels. conj. XII.); N. hat 23, 8. freget (interrogat).
Die übrigen nach dritter schwacher vraken, das von jenem
pl. vrahun abgeleitet beßer vrahen (K. 18b frahetomes)
geschrieben würde. gl. jun. 177. fraganon (consulere).

11) fünf starke praet. mit schw. praes. s. 867. 868.

12) defectiv und lediglich für den imp. gültig,
nie ohne die negation vorkommend scheinen: ni-
churi
(noli) ni-churit (nolite) auch bloß bei K. 17a 24a
und T. (ni-curi und ni-curet, beides öfter) warum
nicht churjat, churat? ist chureit praet. conj. von chio-
san (conj. IX.) und die bedeutung: ne-elegeritis? dann
sollte aber der sg. ni-chureis und der pl. auch bei T.
ni-cureit lauten. Zu vergl. wäre übrigens das goth. hiri,
hirjats, hirjith (s. 846.) und die bemerkung über ogs
(s. 853. s.).



Altsächsisches verbum.
Starke conjugation.

praes. ind. -u -is -idconj. -e -es -e
-ad -ad -ad-en -en -en
praet. ... -i ...-i -eis -i
-un -un -un-ein -ein -ein

imp. sg. ... pl. -ad; inf. -an; part. praes. -and, praet. -an.

II. anomalien der alth. conjugation.
(decolorare) varawan (tingere); im praet. entw. vollſtän-
dig karawita, ſcatawita, ſalawita, varawita oder ſyn-
copiert: karota, ſalota, varota (nicht zu miſchen mit
dem -ôta zweiter conj., daher) gleichbedeutig karuta
(hild. und gl. hrab. 962b) etc. geſchrieben, wie ich auch
K. 24b für karata zu leſen vorſchlage. Die ausſtoßung
des a mit behaltener ſpirans: karwita, ſalwita etc. iſt als
dritte form zuläßig, vgl. K. 54b kikarwit. Das ganze
verhältnis nur ſcheinbar anomal.

9) die ſiebente goth. anomalie geht hier aus, denn
es läßt ſich z. b. von trucchanen (ſiccari) terchinen
(palleſcere) weſnen (marceſcere) weder ein ſtarker imp.
noch ein praet. nach zweiter conj. aufzeigen, obgleich
die bildungsſilbe -an, -in, -n jenem goth. -n ver-
wandt iſt. Solche verba gehen alth. ſowohl nach erſter,
als zweiter und dritter ſchw. conj.

10) zwar dem goth. fraíhna (ſ. 855.) antwortet frëgin
(fando accipio) im weſſobr. denkm. (? für frëginu), doch
kein praet. vrah, vrâhun will ſich finden, auch kein vragn
(vgl. angelſ. conj. XII.); N. hat 23, 8. frëget (interrogat).
Die übrigen nach dritter ſchwacher vrâkên, das von jenem
pl. vrâhun abgeleitet beßer vrâhên (K. 18b frâhêtomês)
geſchrieben würde. gl. jun. 177. frâganôn (conſulere).

11) fünf ſtarke praet. mit ſchw. praeſ. ſ. 867. 868.

12) defectiv und lediglich für den imp. gültig,
nie ohne die negation vorkommend ſcheinen: ni-
churi
(noli) ni-churit (nolite) auch bloß bei K. 17a 24a
und T. (ni-curi und ni-curet, beides öfter) warum
nicht churjat, churat? iſt churît praet. conj. von chio-
ſan (conj. IX.) und die bedeutung: ne-elegeritis? dann
ſollte aber der ſg. ni-churîs und der pl. auch bei T.
ni-curît lauten. Zu vergl. wäre übrigens das goth. hiri,
hirjats, hirjiþ (ſ. 846.) und die bemerkung über ôgs
(ſ. 853. s.).



Altſächſiſches verbum.
Starke conjugation.

praeſ. ind. -u -is -idconj. -e -ês -e
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praet. … -i …-i -îs -i
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imp. ſg. … pl. -ad; inf. -an; part. praeſ. -and, praet. -an.

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[887/0913] II. anomalien der alth. conjugation. (decolorare) varawan (tingere); im praet. entw. vollſtän- dig karawita, ſcatawita, ſalawita, varawita oder ſyn- copiert: karota, ſalota, varota (nicht zu miſchen mit dem -ôta zweiter conj., daher) gleichbedeutig karuta (hild. und gl. hrab. 962b) etc. geſchrieben, wie ich auch K. 24b für karata zu leſen vorſchlage. Die ausſtoßung des a mit behaltener ſpirans: karwita, ſalwita etc. iſt als dritte form zuläßig, vgl. K. 54b kikarwit. Das ganze verhältnis nur ſcheinbar anomal. 9) die ſiebente goth. anomalie geht hier aus, denn es läßt ſich z. b. von trucchanen (ſiccari) terchinen (palleſcere) weſnen (marceſcere) weder ein ſtarker imp. noch ein praet. nach zweiter conj. aufzeigen, obgleich die bildungsſilbe -an, -in, -n jenem goth. -n ver- wandt iſt. Solche verba gehen alth. ſowohl nach erſter, als zweiter und dritter ſchw. conj. 10) zwar dem goth. fraíhna (ſ. 855.) antwortet frëgin (fando accipio) im weſſobr. denkm. (? für frëginu), doch kein praet. vrah, vrâhun will ſich finden, auch kein vragn (vgl. angelſ. conj. XII.); N. hat 23, 8. frëget (interrogat). Die übrigen nach dritter ſchwacher vrâkên, das von jenem pl. vrâhun abgeleitet beßer vrâhên (K. 18b frâhêtomês) geſchrieben würde. gl. jun. 177. frâganôn (conſulere). 11) fünf ſtarke praet. mit ſchw. praeſ. ſ. 867. 868. 12) defectiv und lediglich für den imp. gültig, nie ohne die negation vorkommend ſcheinen: ni- churi (noli) ni-churit (nolite) auch bloß bei K. 17a 24a und T. (ni-curi und ni-curet, beides öfter) warum nicht churjat, churat? iſt churît praet. conj. von chio- ſan (conj. IX.) und die bedeutung: ne-elegeritis? dann ſollte aber der ſg. ni-churîs und der pl. auch bei T. ni-curît lauten. Zu vergl. wäre übrigens das goth. hiri, hirjats, hirjiþ (ſ. 846.) und die bemerkung über ôgs (ſ. 853. s.). Altſächſiſches verbum. Starke conjugation. praeſ. ind. -u -is -id conj. -e -ês -e -ad -ad -ad -ên -ên -ên praet. … -i … -i -îs -i -un -un -un -în -în -în imp. ſg. … pl. -ad; inf. -an; part. praeſ. -and, praet. -an.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 887. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/913>, abgerufen am 30.04.2024.