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Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Dritte Abhandlung. In: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Aus dem Jahre 1839. Berlin, 1839, S. 245-253.

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23. November. Gesammtsitzung der Akademie.

Hr. v. Humboldt las eine dritte Abhandlung enthaltend:
Geognostische und physikalische Beobachtungen
über die Vulkane der Hochebene von Quito

Die ersten zwei Abhandlungen, vorgetragen am 9. Februar 1837 und 10. Mai 1838, entwickelten die gegliederte Construction der Andeskette, ihre Verhältnisse zu der Form des ganzen Continents und die geognostischen Resultate von drei Besteigungen des Vulkans von Pichincha, dessen noch entzündeter Krater seit 60 Jahren nicht besucht worden war. Die dritte Abhandlung enthält die Beschreibung von drei grossen Naturphänomenen, vom Einsturze des Vulkans Capac-Urcu oder Altar de los Collanes im Jahre 1462, eines Berges, der wahrscheinlich ehemals den Chimborazo an Höhe übertroffen hat;von dem Einsinken des Carguairazo im Jahr 1698, wobei viele Quadratmeilen mit schlammigem, kleine Fische (Pimclodus Cyclopum) enthaltenden Letten bedeckt wurden, und endlich von der Catastrophe von Riobamba, das ist von einem die ganze Provinz verheerenden Erdbeben (4. Februar 1797). Das erste dieser drei Naturphänomene war fast ganz unbekannt geblieben, obgleich es im genauesten Zusammenhange mit der politischen Geschichte des Landes, mit der Eroberung des Hochlandes von Quito durch den Inca Tupac Yupanqui steht; Hr. v. H. gründet seine Beschreibung auf die Traditionen der Eingebornen und auf ein Manuscript, welches, um die Mitte des 16ten Jahrhunderts, über die Schicksale seines Hauses der erste Christ (Juan Seplay Curi), Urenkel des letzten einheimischen Königs der Puruguay von Quito niederschrieb. Die jetzige Gestaltung des eingesunkenen Vulkans Capac-Urcu und die geognostischen Verhältnisse der Umgegend wurden mit dem verglichen, was in den Sagen des Landvolks sich noch erhalten hat. Des Bergsturzes des Carguairazo haben die französischen Akademiker zwar Erwähnung gethan, aber bei dem damaligen Zustande der physikalischen Wissenschaften nicht die analogen Erscheinungen der Schlamm-Auswürfe des Cotopaxi und Imbaburu zu deuten gewusst. Die grosse Catastrophe von Riobamba, in welcher über 30,000 Menschen den Untergang fanden, und deren zerstörende Wirkungen die des Erdbebens von Calabrien (5. Februar 1785) weit übertrafen, ist von

23. November. Gesammtsitzung der Akademie.

Hr. v. Humboldt las eine dritte Abhandlung enthaltend:
Geognostische und physikalische Beobachtungen
über die Vulkane der Hochebene von Quito

Die ersten zwei Abhandlungen, vorgetragen am 9. Februar 1837 und 10. Mai 1838, entwickelten die gegliederte Construction der Andeskette, ihre Verhältnisse zu der Form des ganzen Continents und die geognostischen Resultate von drei Besteigungen des Vulkans von Pichincha, dessen noch entzündeter Krater seit 60 Jahren nicht besucht worden war. Die dritte Abhandlung enthält die Beschreibung von drei groſsen Naturphänomenen, vom Einsturze des Vulkans Capac-Urcu oder Altar de los Collanes im Jahre 1462, eines Berges, der wahrscheinlich ehemals den Chimborazo an Höhe übertroffen hat;von dem Einsinken des Carguairazo im Jahr 1698, wobei viele Quadratmeilen mit schlammigem, kleine Fische (Pimclodus Cyclopum) enthaltenden Letten bedeckt wurden, und endlich von der Catastrophe von Riobamba, das ist von einem die ganze Provinz verheerenden Erdbeben (4. Februar 1797). Das erste dieser drei Naturphänomene war fast ganz unbekannt geblieben, obgleich es im genauesten Zusammenhange mit der politischen Geschichte des Landes, mit der Eroberung des Hochlandes von Quito durch den Inca Tupac Yupanqui steht; Hr. v. H. gründet seine Beschreibung auf die Traditionen der Eingebornen und auf ein Manuscript, welches, um die Mitte des 16ten Jahrhunderts, über die Schicksale seines Hauses der erste Christ (Juan Seplay Curi), Urenkel des letzten einheimischen Königs der Puruguay von Quito niederschrieb. Die jetzige Gestaltung des eingesunkenen Vulkans Capac-Urcu und die geognostischen Verhältnisse der Umgegend wurden mit dem verglichen, was in den Sagen des Landvolks sich noch erhalten hat. Des Bergsturzes des Carguairazo haben die französischen Akademiker zwar Erwähnung gethan, aber bei dem damaligen Zustande der physikalischen Wissenschaften nicht die analogen Erscheinungen der Schlamm-Auswürfe des Cotopaxi und Imbaburu zu deuten gewuſst. Die groſse Catastrophe von Riobamba, in welcher über 30,000 Menschen den Untergang fanden, und deren zerstörende Wirkungen die des Erdbebens von Calabrien (5. Februar 1785) weit übertrafen, ist von

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[245/0002] 23. November. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. v. Humboldt las eine dritte Abhandlung enthaltend: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane der Hochebene von Quito Die ersten zwei Abhandlungen, vorgetragen am 9. Februar 1837 und 10. Mai 1838, entwickelten die gegliederte Construction der Andeskette, ihre Verhältnisse zu der Form des ganzen Continents und die geognostischen Resultate von drei Besteigungen des Vulkans von Pichincha, dessen noch entzündeter Krater seit 60 Jahren nicht besucht worden war. Die dritte Abhandlung enthält die Beschreibung von drei groſsen Naturphänomenen, vom Einsturze des Vulkans Capac-Urcu oder Altar de los Collanes im Jahre 1462, eines Berges, der wahrscheinlich ehemals den Chimborazo an Höhe übertroffen hat;von dem Einsinken des Carguairazo im Jahr 1698, wobei viele Quadratmeilen mit schlammigem, kleine Fische (Pimclodus Cyclopum) enthaltenden Letten bedeckt wurden, und endlich von der Catastrophe von Riobamba, das ist von einem die ganze Provinz verheerenden Erdbeben (4. Februar 1797). Das erste dieser drei Naturphänomene war fast ganz unbekannt geblieben, obgleich es im genauesten Zusammenhange mit der politischen Geschichte des Landes, mit der Eroberung des Hochlandes von Quito durch den Inca Tupac Yupanqui steht; Hr. v. H. gründet seine Beschreibung auf die Traditionen der Eingebornen und auf ein Manuscript, welches, um die Mitte des 16ten Jahrhunderts, über die Schicksale seines Hauses der erste Christ (Juan Seplay Curi), Urenkel des letzten einheimischen Königs der Puruguay von Quito niederschrieb. Die jetzige Gestaltung des eingesunkenen Vulkans Capac-Urcu und die geognostischen Verhältnisse der Umgegend wurden mit dem verglichen, was in den Sagen des Landvolks sich noch erhalten hat. Des Bergsturzes des Carguairazo haben die französischen Akademiker zwar Erwähnung gethan, aber bei dem damaligen Zustande der physikalischen Wissenschaften nicht die analogen Erscheinungen der Schlamm-Auswürfe des Cotopaxi und Imbaburu zu deuten gewuſst. Die groſse Catastrophe von Riobamba, in welcher über 30,000 Menschen den Untergang fanden, und deren zerstörende Wirkungen die des Erdbebens von Calabrien (5. Februar 1785) weit übertrafen, ist von

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Dritte Abhandlung. In: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Aus dem Jahre 1839. Berlin, 1839, S. 245-253, hier S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_geognostisch_1839/2>, abgerufen am 26.04.2024.