Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

dung von der Majestät übrig lassen? Jch
bin gezwungen dergleichen anzuführen, um
zu zeigen, daß dasjenige, was die Theo-
logen von dem Streite der Gemeinschaft
mit einer Frau und der Ehrerbietung, die
man einer Mutter schuldig ist, kein so
seichter und ungegründeter Gedanke sey,
als andere vorgeben. Sollte ich aber auch
einige Gelehrte dadurch nicht überzeugen;
so werde ich doch den Beyfall unsers Adels
erhalten, welcher auch bloß die Gemein-
schaft, in welche man bey einem Tanze mit
einander tritt, dem Respecte so nachtheilig
fühlet, daß insonderheit die Damen denen,
von welchen sie Respect fordern, nicht ohne
Maske die Hand bieten.

§. 14.

Man sagt, es könne jemand auf der-Ob eine
Mutter auf
die kindli-
che Ehrer-
bietung
Verzicht
thun kön-
ne?

gleichen Pflichten, die ihm der andere schul-
dig ist, Verzicht thun, und der Wider-
spruch verschiedener Pflichten könne dadurch
gehoben werden, und sey daher kein bestän-
diger und gültiger Grund der verbotenen
Ehe mit einer Mutter. Man berufet sich
darauf, daß Jacob auf die kindliche Ehr-
erbietung und Unterthänigkeit des Josephs
dadurch Verzicht gethan, daß er ein Un-
terthan Aegyptens worden. Manche re-
gierende Königin habe einen Gemahl ge-
nommen, dem sie die Mitregentenschaft
nicht übertragen, und der folglich ihr Un-

ter-
Z 5

dung von der Majeſtaͤt uͤbrig laſſen? Jch
bin gezwungen dergleichen anzufuͤhren, um
zu zeigen, daß dasjenige, was die Theo-
logen von dem Streite der Gemeinſchaft
mit einer Frau und der Ehrerbietung, die
man einer Mutter ſchuldig iſt, kein ſo
ſeichter und ungegruͤndeter Gedanke ſey,
als andere vorgeben. Sollte ich aber auch
einige Gelehrte dadurch nicht uͤberzeugen;
ſo werde ich doch den Beyfall unſers Adels
erhalten, welcher auch bloß die Gemein-
ſchaft, in welche man bey einem Tanze mit
einander tritt, dem Reſpecte ſo nachtheilig
fuͤhlet, daß inſonderheit die Damen denen,
von welchen ſie Reſpect fordern, nicht ohne
Maſke die Hand bieten.

§. 14.

Man ſagt, es koͤnne jemand auf der-Ob eine
Mutter auf
die kindli-
che Ehrer-
bietung
Verzicht
thun koͤn-
ne?

gleichen Pflichten, die ihm der andere ſchul-
dig iſt, Verzicht thun, und der Wider-
ſpruch verſchiedener Pflichten koͤnne dadurch
gehoben werden, und ſey daher kein beſtaͤn-
diger und guͤltiger Grund der verbotenen
Ehe mit einer Mutter. Man berufet ſich
darauf, daß Jacob auf die kindliche Ehr-
erbietung und Unterthaͤnigkeit des Joſephs
dadurch Verzicht gethan, daß er ein Un-
terthan Aegyptens worden. Manche re-
gierende Koͤnigin habe einen Gemahl ge-
nommen, dem ſie die Mitregentenſchaft
nicht uͤbertragen, und der folglich ihr Un-

ter-
Z 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0381" n="361"/>
dung von der Maje&#x017F;ta&#x0364;t u&#x0364;brig la&#x017F;&#x017F;en? Jch<lb/>
bin gezwungen dergleichen anzufu&#x0364;hren, um<lb/>
zu zeigen, daß dasjenige, was die Theo-<lb/>
logen von dem Streite der Gemein&#x017F;chaft<lb/>
mit einer Frau und der Ehrerbietung, die<lb/>
man einer Mutter &#x017F;chuldig i&#x017F;t, kein &#x017F;o<lb/>
&#x017F;eichter und ungegru&#x0364;ndeter Gedanke &#x017F;ey,<lb/>
als andere vorgeben. Sollte ich aber auch<lb/>
einige Gelehrte dadurch nicht u&#x0364;berzeugen;<lb/>
&#x017F;o werde ich doch den Beyfall un&#x017F;ers Adels<lb/>
erhalten, welcher auch bloß die Gemein-<lb/>
&#x017F;chaft, in welche man bey einem Tanze mit<lb/>
einander tritt, dem Re&#x017F;pecte &#x017F;o nachtheilig<lb/>
fu&#x0364;hlet, daß in&#x017F;onderheit die Damen denen,<lb/>
von welchen &#x017F;ie Re&#x017F;pect fordern, nicht ohne<lb/>
Ma&#x017F;ke die Hand bieten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 14.</head><lb/>
          <p>Man &#x017F;agt, es ko&#x0364;nne jemand auf der-<note place="right">Ob eine<lb/>
Mutter auf<lb/>
die kindli-<lb/>
che Ehrer-<lb/>
bietung<lb/>
Verzicht<lb/>
thun ko&#x0364;n-<lb/>
ne?</note><lb/>
gleichen Pflichten, die ihm der andere &#x017F;chul-<lb/>
dig i&#x017F;t, Verzicht thun, und der Wider-<lb/>
&#x017F;pruch ver&#x017F;chiedener Pflichten ko&#x0364;nne dadurch<lb/>
gehoben werden, und &#x017F;ey daher kein be&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
diger und gu&#x0364;ltiger Grund der verbotenen<lb/>
Ehe mit einer Mutter. Man berufet &#x017F;ich<lb/>
darauf, daß Jacob auf die kindliche Ehr-<lb/>
erbietung und Untertha&#x0364;nigkeit des Jo&#x017F;ephs<lb/>
dadurch Verzicht gethan, daß er ein Un-<lb/>
terthan Aegyptens worden. Manche re-<lb/>
gierende Ko&#x0364;nigin habe einen Gemahl ge-<lb/>
nommen, dem &#x017F;ie die Mitregenten&#x017F;chaft<lb/>
nicht u&#x0364;bertragen, und der folglich ihr Un-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z 5</fw><fw place="bottom" type="catch">ter-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[361/0381] dung von der Majeſtaͤt uͤbrig laſſen? Jch bin gezwungen dergleichen anzufuͤhren, um zu zeigen, daß dasjenige, was die Theo- logen von dem Streite der Gemeinſchaft mit einer Frau und der Ehrerbietung, die man einer Mutter ſchuldig iſt, kein ſo ſeichter und ungegruͤndeter Gedanke ſey, als andere vorgeben. Sollte ich aber auch einige Gelehrte dadurch nicht uͤberzeugen; ſo werde ich doch den Beyfall unſers Adels erhalten, welcher auch bloß die Gemein- ſchaft, in welche man bey einem Tanze mit einander tritt, dem Reſpecte ſo nachtheilig fuͤhlet, daß inſonderheit die Damen denen, von welchen ſie Reſpect fordern, nicht ohne Maſke die Hand bieten. §. 14. Man ſagt, es koͤnne jemand auf der- gleichen Pflichten, die ihm der andere ſchul- dig iſt, Verzicht thun, und der Wider- ſpruch verſchiedener Pflichten koͤnne dadurch gehoben werden, und ſey daher kein beſtaͤn- diger und guͤltiger Grund der verbotenen Ehe mit einer Mutter. Man berufet ſich darauf, daß Jacob auf die kindliche Ehr- erbietung und Unterthaͤnigkeit des Joſephs dadurch Verzicht gethan, daß er ein Un- terthan Aegyptens worden. Manche re- gierende Koͤnigin habe einen Gemahl ge- nommen, dem ſie die Mitregentenſchaft nicht uͤbertragen, und der folglich ihr Un- ter- Ob eine Mutter auf die kindli- che Ehrer- bietung Verzicht thun koͤn- ne? Z 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/381
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/381>, abgerufen am 30.04.2024.