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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 71. Die Verwaltung der Post und Telegraphie.

Abgesehen von dieser regelmäßigen Beamten-Laufbahn des
eigentlichen Postdienstes werden junge Männer von genügender
Schulbildung 1) als Postgehülfen zugelassen und nach voran-
gegangener Kautionsleistung bei einem Postamte II. oder III. als
Privatgehülfen, ausnahmsweise auch bei einem Postamte I. als
überzählige Arbeiter zur Erlernung des Dienstes beschäftigt. Die
Beschäftigung des Gehülfen bei den Postämtern II. und III. be-
ruht auf einem Privat-Dienstverhältniß mit dem Vorsteher
der betreffenden Postanstalt; die Bedingungen dieses Verhältnisses,
namentlich die Bezahlung des Gehülfen, sind Gegenstand der Ver-
einbarung zwischen dem Vorsteher der Postanstalt und dem Post-
gehülfen 2). Als stillschweigend vereinbart ist ein gegenseitiges
Kündigungsrecht mit dreimonatlicher Frist anzusehen. Trotzdem
ist der Postgehülfe den für Postbeamte bestehenden Gesetzen und
Disciplinar-Bestimmungen unterworfen und kann aus dienstlichen
Gründen ohne weiteres Verfahren und zu jeder Zeit von der vor-
gesetzten Ober-Postdirektion aus dem Postdienste entlassen werden 3).

Nach vierjähriger Dienstzeit werden Postgehülfen zur Post-
assistenten-Prüfung
zugelassen, welche ebenfalls in eine prak-
tische, schriftliche und mündliche zerfällt und vor einem Prüfungs-
rath der Ober-Postdirektion abgelegt wird 4). Der Postgehülfe,
welcher die Prüfung besteht, wird nach erfolgter Kautionsbestellung
zum Postassistenten ernannt und bezieht als solcher zunächst Tage-
gelder 5); er ist befähigt definitiv angestellt zu werden als Post-
verwalter (Vorstand eines Postamts III.), als Postassistent bei
einem Postamte I. oder II. oder als Büreau-Assistent bei einer
Ober-Postdirektion.

Endlich können Militär-Anwärter 6), welche den Anspruch

1) Ueber den erforderlichen Grad vgl. §. 18 a. a. O.
2) a. a. O. §. 24. 25.
3) a. a. O. §. 27.
4) Das Prüfungs-Reglement bildet die Anlage 7 zu Abschn. X. Abth. 1
der A. P.-D.-Anw.
5) Ihre Anstellung erfolgt auf dreimonatliche Kündigung. Vgl. Druck-
sachen des Reichstages 1872. Nro. 144 S. 8.
6) Hiervon sind zu unterscheiden diejenigen Militär-Anwärter, welche als
Unterbeamte (Briefträger, Postschaffner, Packmeister, Hausdiener u. s. w.)
Anstellung fordern können. Gemäß §. 77 des Ges. v. 27. Juni 1871 (R.-G.-
Bl. S. 293) und den auf Grund desselben vom Bundesrathe erlassenen Vor-
§. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie.

Abgeſehen von dieſer regelmäßigen Beamten-Laufbahn des
eigentlichen Poſtdienſtes werden junge Männer von genügender
Schulbildung 1) als Poſtgehülfen zugelaſſen und nach voran-
gegangener Kautionsleiſtung bei einem Poſtamte II. oder III. als
Privatgehülfen, ausnahmsweiſe auch bei einem Poſtamte I. als
überzählige Arbeiter zur Erlernung des Dienſtes beſchäftigt. Die
Beſchäftigung des Gehülfen bei den Poſtämtern II. und III. be-
ruht auf einem Privat-Dienſtverhältniß mit dem Vorſteher
der betreffenden Poſtanſtalt; die Bedingungen dieſes Verhältniſſes,
namentlich die Bezahlung des Gehülfen, ſind Gegenſtand der Ver-
einbarung zwiſchen dem Vorſteher der Poſtanſtalt und dem Poſt-
gehülfen 2). Als ſtillſchweigend vereinbart iſt ein gegenſeitiges
Kündigungsrecht mit dreimonatlicher Friſt anzuſehen. Trotzdem
iſt der Poſtgehülfe den für Poſtbeamte beſtehenden Geſetzen und
Disciplinar-Beſtimmungen unterworfen und kann aus dienſtlichen
Gründen ohne weiteres Verfahren und zu jeder Zeit von der vor-
geſetzten Ober-Poſtdirektion aus dem Poſtdienſte entlaſſen werden 3).

Nach vierjähriger Dienſtzeit werden Poſtgehülfen zur Poſt-
aſſiſtenten-Prüfung
zugelaſſen, welche ebenfalls in eine prak-
tiſche, ſchriftliche und mündliche zerfällt und vor einem Prüfungs-
rath der Ober-Poſtdirektion abgelegt wird 4). Der Poſtgehülfe,
welcher die Prüfung beſteht, wird nach erfolgter Kautionsbeſtellung
zum Poſtaſſiſtenten ernannt und bezieht als ſolcher zunächſt Tage-
gelder 5); er iſt befähigt definitiv angeſtellt zu werden als Poſt-
verwalter (Vorſtand eines Poſtamts III.), als Poſtaſſiſtent bei
einem Poſtamte I. oder II. oder als Büreau-Aſſiſtent bei einer
Ober-Poſtdirektion.

Endlich können Militär-Anwärter 6), welche den Anſpruch

1) Ueber den erforderlichen Grad vgl. §. 18 a. a. O.
2) a. a. O. §. 24. 25.
3) a. a. O. §. 27.
4) Das Prüfungs-Reglement bildet die Anlage 7 zu Abſchn. X. Abth. 1
der A. P.-D.-Anw.
5) Ihre Anſtellung erfolgt auf dreimonatliche Kündigung. Vgl. Druck-
ſachen des Reichstages 1872. Nro. 144 S. 8.
6) Hiervon ſind zu unterſcheiden diejenigen Militär-Anwärter, welche als
Unterbeamte (Briefträger, Poſtſchaffner, Packmeiſter, Hausdiener u. ſ. w.)
Anſtellung fordern können. Gemäß §. 77 des Geſ. v. 27. Juni 1871 (R.-G.-
Bl. S. 293) und den auf Grund deſſelben vom Bundesrathe erlaſſenen Vor-
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[357/0371] §. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie. Abgeſehen von dieſer regelmäßigen Beamten-Laufbahn des eigentlichen Poſtdienſtes werden junge Männer von genügender Schulbildung 1) als Poſtgehülfen zugelaſſen und nach voran- gegangener Kautionsleiſtung bei einem Poſtamte II. oder III. als Privatgehülfen, ausnahmsweiſe auch bei einem Poſtamte I. als überzählige Arbeiter zur Erlernung des Dienſtes beſchäftigt. Die Beſchäftigung des Gehülfen bei den Poſtämtern II. und III. be- ruht auf einem Privat-Dienſtverhältniß mit dem Vorſteher der betreffenden Poſtanſtalt; die Bedingungen dieſes Verhältniſſes, namentlich die Bezahlung des Gehülfen, ſind Gegenſtand der Ver- einbarung zwiſchen dem Vorſteher der Poſtanſtalt und dem Poſt- gehülfen 2). Als ſtillſchweigend vereinbart iſt ein gegenſeitiges Kündigungsrecht mit dreimonatlicher Friſt anzuſehen. Trotzdem iſt der Poſtgehülfe den für Poſtbeamte beſtehenden Geſetzen und Disciplinar-Beſtimmungen unterworfen und kann aus dienſtlichen Gründen ohne weiteres Verfahren und zu jeder Zeit von der vor- geſetzten Ober-Poſtdirektion aus dem Poſtdienſte entlaſſen werden 3). Nach vierjähriger Dienſtzeit werden Poſtgehülfen zur Poſt- aſſiſtenten-Prüfung zugelaſſen, welche ebenfalls in eine prak- tiſche, ſchriftliche und mündliche zerfällt und vor einem Prüfungs- rath der Ober-Poſtdirektion abgelegt wird 4). Der Poſtgehülfe, welcher die Prüfung beſteht, wird nach erfolgter Kautionsbeſtellung zum Poſtaſſiſtenten ernannt und bezieht als ſolcher zunächſt Tage- gelder 5); er iſt befähigt definitiv angeſtellt zu werden als Poſt- verwalter (Vorſtand eines Poſtamts III.), als Poſtaſſiſtent bei einem Poſtamte I. oder II. oder als Büreau-Aſſiſtent bei einer Ober-Poſtdirektion. Endlich können Militär-Anwärter 6), welche den Anſpruch 1) Ueber den erforderlichen Grad vgl. §. 18 a. a. O. 2) a. a. O. §. 24. 25. 3) a. a. O. §. 27. 4) Das Prüfungs-Reglement bildet die Anlage 7 zu Abſchn. X. Abth. 1 der A. P.-D.-Anw. 5) Ihre Anſtellung erfolgt auf dreimonatliche Kündigung. Vgl. Druck- ſachen des Reichstages 1872. Nro. 144 S. 8. 6) Hiervon ſind zu unterſcheiden diejenigen Militär-Anwärter, welche als Unterbeamte (Briefträger, Poſtſchaffner, Packmeiſter, Hausdiener u. ſ. w.) Anſtellung fordern können. Gemäß §. 77 des Geſ. v. 27. Juni 1871 (R.-G.- Bl. S. 293) und den auf Grund deſſelben vom Bundesrathe erlaſſenen Vor-

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/371>, abgerufen am 30.04.2024.